Sind Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig?

 
Fremdgeschäftsführer sind fast immer sozialversicherungspflichtig beschäftigt - aber es gibt Ausnahmen.

Sind Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig?

Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) können sozialversicherungsrechtlich Selbständige oder abhängig Beschäftigte sein. Als Beschäftigte unterliegend sie der Sozialversicherungspflicht. Die Bewertung des Status in der Sozialversicherung richtet sich nach bestimmten, vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Kriterien.

Gesellschafter-Geschäftsführer

Ist ein Geschäftsführer auch alleiniger Gesellschafter der GmbH, ist er nicht sozialversicherungspflichtig. Ist eine Person Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftsanteile von einer weiteren Gesellschaft gehalten werden, deren alleiniger Gesellschafter der Geschäftsführer ist, besteht ebenfalls keine Sozialversicherungspflicht.

Fremdgeschäftsführer

Fremdgeschäftsführer sind dagegen regelmäßig abhängig beschäftigt. Sie unterliegen damit der Sozialversicherungspflicht, wenn sie die laufenden Geschäfte der GmbH führen. Das gilt nur dann nicht, wenn sie 50 Prozent oder mehr Geschäftsanteile halten, oder über eine Sperrminorität verfügt. Sie können dann nicht von anderen Gesellschaftern überstimmt werden.

Entscheidend sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Etwaige sonstige Abreden oder Beschlüsse, die ein bestimmtes Abstimmungsverhalten regeln, genügen nicht. Haben also die Gesellschafter den Beschluss gefasst, dass Beschlüsse stets einstimmig ergeben müssen, ist das unerheblich für die Sozialversicherungspflicht. Gründen also bspw. drei Freunde eine GmbH mit gleichen Kapitalanteilen sind sie als Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig, auch wenn bei ihnen faktisch immer Einstimmigkeit herrscht. Anders wäre es nur, wenn diese Einstimmigkeit (oder ein hohes Quorum, z.B. 75 Prozent der Stimmen) im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Das sollte bei der Gesellschaftsgründung berücksichtigt werden, auch wenn das Erfordernis der (faktischen) Einstimmigkeit auch Nachteile bringt. Wer kann schon voraussehen, ob die Harmonie zwischen den Gesellschaftern ewig hält?

Ebenso wenig Einfluss auf den sozialversicherungsrechtlichen Status des Fremdgeschäftsführers hat es, ob die Gesellschafter aus familiärer Verbundenheit Weisungen an den Fremdgeschäftsführer nicht erteilen (also bspw. die Ehefrau als Gesellschafterin ihren Ehemann als Geschäftsführer schalten und walten lässt).

Aufgegeben haben die Sozialgerichte die frühere „Kopf-und-Seele“ Rechtsprechung. Danach war ein Fremdgeschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wenn er aufgrund seiner Fachkenntnis faktisch unentbehrlich war, also „Kopf und Seele“ der GmbH bildete.

Mitarbeitende Gesellschafter

Arbeitet ein Gesellschafter im Betrieb der GmbH mit, ohne Geschäftsführer zu sein, kommt er also nicht lediglich seinen gesellschaftsrechtlichen Pflichten als Gesellschafter nach, ist er erst dann in dieser Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig, wenn er mehr als 50 Prozent der Anteile der GmbH hält (genau 50Prozent reichen dann – anders als beim Fremdgeschäftsführer – nicht aus). Er muss in der Lage sein, die anderen Gesellschafter zu überstimmen.

Kranken- und Pflegeversicherung

Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind Beschäftigte befreit, wenn ihr Einkommen die Pflichtversicherungsgrenze übersteigt. Im Jahr 2021 beträgt dieses 64.350 € jährlich.

Folgen einer fehlerhaften Einschätzung

Wird ein Geschäftsführer, der eigentlich der Sozialversicherungspflicht unterliegt, fälschlich nicht zur Sozialversicherung angemeldet, wird dies für die GmbH regelmäßig teuer. Wird im Rahmen einer Überprüfung der Deutschen Rentenversicherung die Versicherungspflicht festgestellt, so muss die GmbH die nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge bis an die Grenze der Verjährung nachentrichten. Das umfasst nicht nur die Arbeitgeberanteile, sondern auch die Anteile, die eigentlich der Geschäftsführer zu tragen gehabt hätte. Eine Rückforderung ist nicht einfach. Hat es der Geschäftsführer selbst versäumt, seinen Status richtig zu bewerten, kommen Schadenersatzforderungen der GmbH in Betracht. Schlimmstenfalls ist die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge sogar ein Straftatbestand.

Praxis-Empfehlung

Gesellschafter sollten sich bereits bei Gründung der GmbH Gedanken darüber machen, ob eine Sozialversicherungspflicht der Geschäftsführung gewünscht ist. Soll diese bei Gesellschafter-Geschäftsführern vermieden werden, könnte bspw. an ein höheres Quorum für die Beschlussfassung gedacht werden. So können auch Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem kleineren Gesellschaftsanteil Beschlüsse verhindern. Das will gut überlegt sein und sollte nicht nur aus der sozialversicherungsrechtlichen Brille betrachtet und entschieden werden (siehe hierzu auch https://buse.de/schwerpunkte/gesellschafterstreit/).

Unabhängig von der Regelung im Gesellschaftsvertrag sollten sich Geschäftsführung und Gesellschafter spätestens mit Beginn der Tätigkeit des Geschäftsführers mit der Sozialversicherungspflicht auseinandersetzen. Dabei sollte auch im Auge behalten werden, dass eine als Geschäftsführer angestellten Person sozialversicherungsrechtlich erst mit Eintragung ins Handelsregister als Geschäftsführer einer GmbH anzusehen ist. Im Zweifel sollte innerhalb eines Monats nach Beginn der Tätigkeit ein Statusverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung eingeleitet werden. Das hat u.a. einen ganz gewichtigen Vorteil: Stellt die Deutsche Rentenversicherung die Sozialversicherungspflicht fest, wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erst mit Rechtskraft dieser Entscheidung (ggf. nach einem sozialgerichtlichen Verfahren) zur Zahlung fällig. Anders bei einem Beitragsbescheid nach einer Rentenprüfung. Hier führen Widerspruch und Klage grundsätzlich nicht dazu, dass die geforderten Beiträge so lange nicht gezahlt werden müssten.