Zu hohe Vergütung: strafbar wegen Untreue
Anfang 2023 sorgte der Bundesgerichtshof (BGH) für Strafsachen mit einem Paukenschlag-Urteil für Unruhe in vielen Unternehmen und für massive Verunsicherung. Das Gericht stellte klar: Gewährt ein Verantwortlicher unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt, kann das den Straftatbestand der Untreue erfüllen.
Die Reaktion mancher Unternehmen folgte prompt: Die Vergütung freigestellter Betriebsräte wurde in zahlreichen Fällen kurzfristig drastisch reduziert. Und auch das blieb nicht folgenlos: Etliche Betriebsräte klagten gegen diese Kürzungen und das durchaus mit Erfolg – dazu unser Beitrag „LAG: keine Gehaltskürzung für Betriebsrat“.
Schnelle Gesetzesinitiative
Das offenbarte, dass die Vergütung von Betriebsräten gesetzlich bisher zu rudimentär geregelt war. Im Wesentlichen galten Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die das Gericht zu diesem Thema herausgearbeitet hatte.
Angesichts des Strafurteils war das für die Rechtssicherheit bei der Ermittlung der Betriebsratsvergütung allerdings nicht mehr ausreichend. Ihre Initiative zur Anpassung der Gesetzeslage begründete die Regierung deswegen auch wie folgt:
„Um negative Folgen für die betriebliche Mitbestimmung insgesamt auszuschließen, sind klarstellende gesetzliche Maßnahmen notwendig, ohne dabei die Möglichkeit der Aufklärung und Ahndung von Verstößen gegen das Begünstigungsverbot einzuschränken.“
Im Kern ging es also darum, eine gesetzliche Grundlage für mehr „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ zu schaffen.
Anpassung § 37 und 78 BetrVG
Das ist nun über die Anpassungen des § 37 Abs. 4 und § 78 BetrVG geschehen. In § 37 BetrVG wird der Begriff der „vergleichbaren Arbeitnehmer“ konkretisiert. Gleichzeitig besteht nun die Möglichkeit, in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer zu regeln und auch Vergleichspersonen für das Unternehmen konkret festzulegen.
Zusätzlich wird § 78 durch den Hinweis ergänzt, dass es keine Begünstigung oder Benachteiligung im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt darstellt, wenn das Betriebsratsmitglied die betrieblichen Anforderungen dafür erfüllt, eben dieses Entgelt auch zu erhalten.
Gesetz in Kraft: definierter Rechtsrahmen und Handlungsspielräume für Unternehmen
Diese Anpassungen sind nun seit dem 25.07.2024 Realität und geltendes Recht: Ende Juni bzw. Anfang Juli hatten Bundestag und Bundesrat das zweite Gesetz zur Änderung des BetrVG einstimmig beschlossen. Am 25.07.2024 ist das Gesetz endgültig in Kraft getreten.
Nun ist der rechtliche Rahmen als Grundlage für die Betriebsratsvergütung gesetzlich klarer definiert – begrüßenswert! Vor allem aber auch die Anpassung von § 37 BetrVG ist begrüßenswert: Sie eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, für die eigenen Betriebsräte und Verantwortlichen ein Mehr an Rechtssicherheit zu schaffen – in Betriebsvereinbarungen, die die gesetzlichen Regelungen individuell konkretisieren.
Allein: Gebrauch machen müssen Unternehmen von diesen neuen Möglichkeiten in der Zukunft.
Was wir für Sie tun können
Haben Sie Fragen zum Thema Betriebsratsvergütung nach den neuen Vorschriften? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Ein Strafurteil des BGH sorgte 2023 für Unruhe beim Thema Betriebsratsvergütung: Wer einem Betriebsrat eine überzogene Entlohnung zuspricht, kann sich wegen Untreue strafbar machen.
- Die Grundsätze der Betriebsratsvergütung waren bisher nur von Grundsätzen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geprägt. Eine Anpassung des BetrVG sollte das ändern.
- Zum 25.07.2024 sind die Anpassungen der §§ 37 und 78 BetrVG in Kraft getreten. Sie sorgen für mehr Rechtssicherheit und schaffen die Möglichkeit, dass Unternehmen in Betriebsvereinbarungen individuelle Verfahren für die Bestimmung vergleichbarer Arbeitnehmer definieren können.