LAG: keine Gehaltskürzung für Betriebsrat.

 Erstmals urteilt ein Landesarbeitsgericht: Die Kürzung der Vergütung eines Betriebsrates ist rechtswidrig.

LAG: keine Gehaltskürzung für Betriebsrat.

Etliche Unternehmen kürzten 2023 Betriebsratsvergütungen, nachdem sich Personalmanager in Folge einer BGH-Entscheidung in Strafsachen einer Verurteilung wegen Untreue ausgesetzt sahen. Der Grund: Sie hatten – so jedenfalls die Ansicht des BGH – Betriebsratsvergütungen zu großzügig bemessen. Nun wurde eine solche Kürzung der Vergütung eines Betriebsrates auch in der zweiten Instanz als rechtswidrig eingestuft (LAG Niedersachsen, Urteil v. 08.02.2024, Az.: 6 Sa 559/23).

Ein Grundsatzurteil und seine Folgen

In das Thema Betriebsratsvergütung kam Anfang 2023 mit einem Strafurteil des Bundesgerichtshofes (BGH) Bewegung: Personalmanager können wegen Untreue verurteilt werden, weil sie Betriebsräten zu hohe Gehälter zugestehen.

Daraufhin kürzten viele Unternehmen Betriebsratsgehälter, um ihr Personalmanagement nicht dem Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Zusätzlich forderten einige Unternehmen zu viel gezahlte Vergütungen von Betriebsräten zurück.

Die Folge: eine Klagewelle der Betriebsräte gegen die Kürzungen und Erstattungen.

Strafrecht vs. Arbeitsrecht

Dieses Urteil des BGH führte zu einer erheblichen Verunsicherung in der Praxis, weil die strafrechtliche Beurteilung der zulässigen Betriebsratsvergütung und die arbeitsrechtlichen Regeln dazu auseinanderzufallen scheinen. Unsicherheit entstand vor allem bei Personalverantwortlichen, die über die Höhe von Betriebsratsvergütungen entscheiden.

Fraglich ist nun vor allem, ob bei der Bemessung der Betriebsratsvergütung nur die sog. Vergleichsgruppenbetrachtung als Maßstab zulässig ist oder auch eine hypothetische Karriereentwicklung eines Betriebsratsmitglieds als Bemessungsgrundlage dienen kann.

Fall eines VW-Betriebsrates

Vor dem Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen ging es um einen Fall, in dem die Vergütung eines Betriebsrates auf Grundlage seiner hypothetischen Karriereentwicklung bemessen worden war.

Der Mann – zu 100 % als Betriebsrat freigestellt – wurde nach dem BGH-Strafurteil 2023 um zwei Entgeltstufen (von 20 auf 18) zurückgestuft – eine finanzielle Einbuße von immerhin 500 Euro im Monat. Der Arbeitgeber verlangte außerdem die Rückzahlung der zu viel bezahlten Vergütung über einen bestimmten Zeitraum.

Dem kam der Mann zwar nach. Er klagte aber auf Erstattung der seinerseits an den Arbeitgeber zurückbezahlten Beträge und wollte vom Gericht geklärt wissen, dass seine Rückstufung rechtswidrig war.

Erfolg in zwei Instanzen

Der Betriebsrat bekam Recht – vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Braunschweig und vor dem LAG Niedersachsen.

Denn er konnte nachweisen, dass er einige Jahre zuvor eine Beförderung bekommen hätte, wenn er nicht wegen seiner Betriebsratsarbeit verhindert gewesen wäre, die Stelle anzutreten.

Damit konnte er die vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelten Voraussetzungen für seine hypothetische Karriereentwicklung darlegen. Deswegen sei – so das LAG – davon auszugehen, dass der Betriebsrat die Entgeltgruppe 20 erreicht hätte, hätte sein Amt als Betriebsrat ihn nicht daran gehindert.

Folgerichtig wurde VW verurteilt, die erstatteten Beträge an den Betriebsrat zzgl. Zinsen zu erstatten und ihn wieder gemäß der Entgeltstufe 20 zu bezahlen.

Die Zukunft der Betriebsratsvergütung

Das zeigt, dass Arbeitsgerichte die Bemessung der Betriebsratsvergütung auf Basis einer hypothetischen Karriereentwicklung wohl weiterhin für zulässig halten. Rechtsunsicherheit besteht natürlich in Anbetracht des strafrechtlichen BGH-Urteils dennoch.

Insofern ist es zu begrüßen, dass das LAG in diesem Fall die Revision zuließ. So kann sich nun das BAG mit dem Fall befassen, um Rechtssicherheit für die arbeitsrechtliche Perspektive zu schaffen. Es wird klären, ob es trotz des BGH-Urteils an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält.

Zu hoffen bleibt außerdem, dass die aktuell angestoßene Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes zur Betriebsratsvergütung zusätzlich für mehr Rechtssicherheit sorgt. Das gilt vor allem in Bezug auf die Möglichkeit, das Entgelt langjährig freigestellter Betriebsratsmitglieder anhand hypothetischer Karrierewege zu bemessen.

Was wir für Sie tun können

Haben Sie Fragen zum Thema Betriebsratsvergütung? Sprechen Sie uns gern an!

Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst:

  • Werden Betriebsräten überhöhte Vergütungen gewährt, können sich Personalmanager deswegen wegen Untreue strafbar machen.
  • Die arbeitsrechtliche Beurteilung der zulässigen Höhe der Betriebsratsvergütung kann von der strafrechtlichen Beurteilung abweichen.
  • Die hypothetische Karriereentwicklung eines Betriebsrats ist für die arbeitsrechtliche Beurteilung der korrekten Höhe der Betriebsratsvergütung ein zulässiger Maßstab.