Diskriminierung selten direkt nachweisbar
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) will Personen auch im Arbeitsverhältnis vor Benachteiligungen u. a. wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität schützen.
Problematisch daran für Arbeitnehmer: Diskriminierungen sind im Arbeitsverhältnis meist schwer nachweisbar, weil sie in den seltensten Fällen „unmaskiert“ auftreten. Deshalb kennt das AGG in § 22 eine Beweiserleichterung: Wer glaubt, diskriminiert zu werden, und deswegen z. B. Schadenersatz beim Arbeitgeber einklagen will, kann zunächst lediglich Indizien für eine mögliche Diskriminierung vortragen.
Lassen diese Indizien den Schluss auf eine Benachteiligung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu (z. B. Diskriminierung als Mann), muss die Gegenseite beweisen, dass die Diskriminierung keine Auswirkungen auf ein bestimmtes Verhalten bzw. eine Entscheidung hatte bzw. dass es einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung gab.
Diese Beweislastumkehr kann Arbeitgeber in AGG-Verfahren allerdings vor echte Herausforderungen stellen.
Mann von Frauen diskriminiert?
Um Indizien bzw. vermeintliche Indizien drehte sich auch ein Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Ein befristet angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter verklagte eine Universität auf Entschädigung und Schadenersatz. Er fühlte sich als Mann im Arbeitsverhältnis diskriminiert und gemobbt.
Tatsächlich war es im Arbeitsverhältnis immer wieder zu erheblichen Konflikten gekommen – Abmahnungen und eine fristlose Kündigung waren allerdings erfolglos geblieben. Um das Arbeitsverhältnis doch zu einem Ende zu bringen, wurde der befristete Vertrag mit dem Mann nicht verlängert.
Da u. a. die Entscheidung darüber ausschließlich von Frauen gefällt wurde, vermutete der Mitarbeiter eine Diskriminierung wegen seines Geschlechts. In der Tatsache, dass er – subjektiv – oft nachteilig behandelt wurde, sah er klare Indizien für eine Männerdiskriminierung.
Also klagte er auf Entschädigung und Schadenersatz nach § 15 AGG.
Nachteile und Diskriminierungsmerkmal zusammen kein hinreichendes Indiz
Seine Klage blieb allerdings erfolglos. Es fehlte dem Gericht an Indizien, die einen Zusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und seinem Geschlecht als Mann vermuten lassen.
Indizien für diesen Zusammenhang seien notwendig, um eine Beweislastumkehr anzunehmen.
Anderenfalls müssten Arbeitgeber bei negativen Entscheidungen gegenüber Arbeitnehmern immer Diskriminierungsklagen befürchten, wenn Personen des einen Geschlechts nachteilige Entscheidungen für Mitarbeitende des anderen Geschlechts treffen und wären in der Folge für eine „Nichtdiskriminierung“ beweispflichtig.
Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass es ebenfalls kein Indiz für eine Diskriminierung darstelle, wenn Entscheidungsträger dasselbe Merkmal wie der Betroffene aufwiesen, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen.
Auch das reine Anhäufen von Tatsachen, die für sich genommen kein ausreichendes Indiz für eine Diskriminierung wären, sei in Summe kein Indiz.
Letztlich reicht das bloße Zusammentreffen nachteiliger Behandlungen bzw. Entscheidungen im Arbeitsverhältnis mit einem Diskriminierungsmerkmal nicht aus, um darin Indizien für eine Diskriminierung zu sehen.
Fazit
Dieses Urteil stärkt grundsätzlich die Position von Arbeitgebern im Falle von AGG-Klagen, bei denen sich Mitarbeiter ungerecht behandelt fühlen und Schadenersatzklagen auf eine vermeintliche Diskriminierung stützen.
Allerdings ist dieses Urteil im Gesamtkontext der Rechtsprechung zum Thema zu sehen, die teils deutlich stärker zugunsten von Arbeitnehmern ausfällt.
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Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Das AGG bietet eine Beweiserleichterung für Diskriminierungsfälle, bei der Betroffene zunächst nur Indizien für eine mögliche Diskriminierung vorbringen müssen.
- Das bloße Zusammentreffen nachteiliger Behandlungen und eines Diskriminierungsmerkmals reicht allerdings nicht als Indiz für eine Diskriminierung.