China errichtet erstes Arbeitsgericht.

 Ein Vergleich mit der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland und Großbritannien.

China errichtet erstes Arbeitsgericht.

Die Arbeitsgerichte haben eine lange Geschichte in Europa. Heutzutage spielen sie in der Praxis eine sehr wichtige Rolle bei der unabhängigen und effizienten Entscheidung von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten.

Erstes Arbeitsgericht in China

Chinas erstes Fachgericht zur Behandlung von Arbeitsstreitigkeiten wurde erst am 16.07.2021 in Suzhou, Provinz Jiangsu errichtet, um die Rechte der Arbeitnehmer besser zu schützen und eine gute Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu fördern. Das Arbeitsgericht von Suzhou ist als eine Abteilung des mittleren Volksgerichts von Suzhou in der Provinz Jiangsu organisiert, nachdem das oberste Volksgericht der VR China dies im Juni genehmigt hatte. Die rasche Entwicklung von Beschäftigung durch Internetplattformen und Sharing Economy stellen zurzeit neue (arbeits-)rechtliche Anforderungen an Chinas moderne Wirtschaft.

Der allgemeine chinesische Gerichtsaufbau hat nach § § 12, 13 Gesetz der VR China über die Organisation der Volksgerichte vier Stufen: das untere Gericht (基层人民法院) auf der Kreis-Ebene, das mittlere Gericht (中级人民法院)auf der Stadt-Ebene, das obere Volksgericht (高级人民法院)auf der Provinz-Ebene und das oberste Volksgericht (最高人民法院)auf der nationalen Ebene. Neben den allgemeinen Volksgerichten gibt es in China auch die Fachgerichte, nämlich Militärgerichte, Seegerichte, Gerichte für geistiges Eigentum sowie Finanzgerichte. Das Arbeitsgericht in Suzhou begründet eine neue Fachgerichtsbarkeit.

Der Vizepräsident des obersten Volksgerichts, Gao Jinghong, sieht das neue chinesische Arbeitsgericht so: Das Gericht soll ein professionelles und interdisziplinäres Richterteam bilden, das nicht nur das Gesetz, sondern auch die moderne wirtschaftliche Entwicklung und die aktuelle Politik verstehen kann.

Die Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland

Im Vergleich zu dem ersten Arbeitsgericht in China gibt es in Deutschland seit Langem eine eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit. Das erste Arbeitsgerichtsgesetz vom 23.12.1926 führte zur Errichtung einer einheitlichen und umfassenden Arbeitsgerichtsbarkeit. Diese sieht insgesamt drei Instanz vor, nämlich die Arbeitsgerichte (ArbG, 1. Instanz), die Landesarbeitsgerichte (LAG, 2. Instanz) und das Bundesarbeitsgericht (BAG, 3. Instanz). Das BAG ist das oberste Gericht für Arbeitsrechtliche Sachen. Die Arbeitsgerichte gehören zu den Zivilgerichten und sind gemäß §§ 2, 2a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) grundsätzlich für alle Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie den Tarifvertragsparteien, zuständig.

Das Arbeitsgericht ist ein Kammergericht, d.h. es ist mit einer/m Berufsrichter/in und je einer/m ehrenamtlichen Richter/in der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt. Vor dem Kammertermin wird grundsätzlich eine Güteverhandlung angesetzt, um eine gütliche Einigung zwischen den Prozessparteien herbeizuführen. Das BAG erledigt ca. 2.266 Streitfälle im Jahr (Stand 2020). Davon stellen die Kündigungsschutzsachen die häufigste Klageart da, mit ca. 663 Fällen (Stand 2020). In diesen Kündigungsschutzfällen können gekündigte Arbeitnehmer:innen eine gerichtliche Überprüfung ihrer Kündigung erreichen.

In Deutschland gibt es 18 Landesarbeitsgerichte in den 16 Bundesländern. Jedes Bundesland hat mindestens ein Landesarbeitsgericht.

Das BAG entscheidet durch die jeweiligen Senate. Ein Senat besteht aus einer Gruppe von fünf Personen, die sich aus drei Berufsrichter:innen und je einer/m ehrenamtlichen Richter/in der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zusammensetzt.

Das Employment Tribunal in Großbritannien

Das Employment Tribunal-System in Großbritannien (England, Wales und Scotland) ist ähnlich aufgebaut wie die Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland. Es wurde durch den Industrial Training Act 1964 als unabhängige Arbeitsgerichtsbarkeit eingerichtet. Allerdings gibt es im Vergleich mit den deutschen Arbeitsgerichten nur zwei Instanzen, das Employment Tribunal und das Employment Appeal Tribunal. Die dritte Instanz ist der Court of Appeal und die höchste Instanz ist das Supreme Court, diese Instanzen zählen jedoch nicht mehr zu der Arbeitsgerichtsbarkeit.

Fast alle arbeitsrechtlich relevanten Streitigkeiten werden vor dem Employment Tribunal verhandelt. Typische Fälle sind beispielsweise ungerechtfertigte Entlassungen und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Das Employment Tribunal ist zuständig für England, Wales sowie Schottland.

Das Gremium des Employment Tribunal besteht aus bis zu drei Personen. In jedem Fall ist es mit einer/m juristisch qualifizierten Richter/in besetzt. Zusätzlich kann es noch durch zwei Laienmitglieder ergänzt werden, jeweils für die Arbeitgeber und für die Arbeitnehmerseite.

Eine Besonderheit in Großbritannien ist, dass seit Juli 2017 das Gerichtsverfahren bis zum Employment Appeal Tribunal nicht mehr gebührenpflichtig ist. Das hat den Hintergrund, dass das Supreme Court in einem von der Gewerkschaft unterstützten Fall entschieden hat, dass die Erhebung von Gebühren für den Zugang des Tribunals unrechtmäßig ist.

Fazit

Mit Blick auf die Geschichte der Arbeitsgerichte in Deutschland und Großbritannien ist das erste Arbeitsgericht in China als eine wichtige Neuerung des chinesischen Arbeitsrechtsystems anzusehen. Die Entwicklung in den nächsten Jahren wird zeigen, ob die neue chinesische Arbeitsgerichtsbarkeit an die gewachsenen historischen Traditionen der Arbeitsgerichte in Deutschland und Großbritannien anknüpft.

Haben Sie Fragen über das Arbeitsrecht in China und Deutschland? Sprechen Sie uns gerne an!