Die Incoterms 2020 sind da!

 Was sind die Incoterms? Was ist neu? Was ist zu tun?

Die Incoterms 2020 sind da!, Insight von Johannes Brand, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse

Die Incoterms 2020 sind zum 01.01.2020 in Kraft getreten. Die Änderungen sind überschaubar, zukünftige Verträge und Vertragsmuster sollten dennoch angepasst werden. Importeure und Exporteure können die Einführung außerdem nutzen, um die korrekte Verwendung zu überprüfen. Denn die Falschverwendung der Incoterms führt häufig zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreiten. Das lässt sich vermeiden.

1. Was sind die Incoterms?

Die Incoterms (kurz für „International Commercial Terms”) werden von der International Chamber of Commerce (ICC), einer nichtstaatlichen Organisation, herausgegeben. Sie sind eine Sammlung von Klauseln, die zum Ziel haben, auf jeweils drei Buchstaben komprimiert, die wichtigsten Parameter einer Warenlieferung zu regeln:

  • Pflichten: Wer ist für Transport, Papiere, Verzollung etc. verantwortlich?
  • Gefahrübergang: Wer haftet wann für Beschädigungen, Verlust und Untergang der Sache auf dem Lieferweg?
  • Kosten: Wer übernimmt Transport und sonstige Kosten, die im Rahmen der Lieferung entstehen?

Jede der Klauseln wird durch den Bestimmungsort ergänzt. „EXW (Frankfurt a. M.) Incoterms 2020“ steht beispielsweise für „Ex Works (Frankfurt a. M.)“. Das bedeutet, dass der Verkäufer die Ware an der Pforte seiner Fabrik oder Warenlagers in Frankfurt a. M. bereitzustellen hat. Die Incoterms entfalten Wirkung alleine durch die Bezugnahme im Vertrag. Sie haben keinen staatlichen Charakter. Sie ersetzen auch nicht das anwendbare Recht. Das ist das gewählte staatliche Recht (wozu auch das sehr empfehlenswerte UN-Kaufrecht gehört, dessen Anwendung bei internationalen Lieferverträgen unbedingt zu prüfen ist).

2. Was ist neu?

Die Incoterms 2020 bestehen nach wie vor aus 11 Klauseln. Die Klausel „DAT (Delivered at Terminal)“ ist gestrichen worden, hinzugekommen ist die Klausel „DPU (Delivered at Place Unloaded)“. Das hat seinen Grund. Die Klausel DAT wurde häufig falsch verwendet, da angenommen wurde, dass an ein Hafenterminal geliefert werden muss. Tatsächlich sollte schon mit der alten Klausel der Verkäufer nur zur Lieferung an irgendein Entladeterminal verpflichtet werden. Um das klarzustellen und die korrekte Verwendung der Klausel zu fördern, wurde diese durch DPU ersetzt und inhaltlich leicht angepasst.

Die weiteren Änderungen beschränken sich größtenteils auf Anpassungen und Klarstellungen. Gerüchte kursierten vor der Veröffentlichung der Incoterms 2020, dass die Klauseln „EXW (Ex Works)“ oder „DDP (Delivered Duty Paid)“ gestrichen werden sollten. Beides ist trotz häufiger Anwendungsprobleme nicht geschehen. Die Klausel DDP verpflichtet den Verkäufer, die Ware verzollt zu liefern. Das ist aber häufig gar nicht möglich, da die zollrechtlichen Regeln vieler Länder die Verzollung durch einen dort Ansässigen fordern. Bei richtiger Anwendung erfüllt die Klausel aber dennoch ihren Zweck, denn die Incoterms sind grundsätzlich für Import und Export in alle Länder geeignet und einige Länder erlauben durchaus eine Verzollung durch den Importeur. Gleichermaßen kann bei Verwendung der Klausel EXW der Käufer häufig die Ausfuhrverzollung gar nicht durchführen, wobei nicht vergessen werden darf, dass die Klausel EXW auch bei Inlandskäufen Anwendung finden kann.

3. Was ist zu tun?

Bestehende Verträge müssen nicht zwingend angepasst werden. Da Incoterms nur durch Bezugnahme Vertragsbestandteil werden, werden Gerichte grundsätzlich auch die älteren Fassungen der Incoterms zur Auslegung heranziehen, sofern diese durch Zusatz der Jahreszahl („Incoterms 2010“) klar bezeichnet sind. Neuabschlüsse sollten aber auf Grundlage der Incoterms 2020 geschehen – nicht nur, weil Geschäftspartner dies wahrscheinlich verlangen, sondern auch, weil die Incoterms 2020 viele Unklarheiten bei der Auslegung beseitigt haben.

Zudem empfiehlt es sich, die Neuerung zum Anlass zu nehmen, die korrekte Verwendung der Incoterms zu überprüfen. Die Incoterms erleichtern die Vertragsgestaltung enorm, aber ihre korrekte Verwendung erfordert Fachwissen und Prüfung im Einzelfall. Eine unbedachte Verwendung der Incoterms birgt das Risiko von Rechtsunsicherheiten sowie teurer und langwieriger Prozesse. Eine „FOB (Free on Board)“-Klausel ist beispielsweise bei einem Terminalhafen konfliktbeladen, da dort keine Lieferung an Bord möglich ist. Eine Klausel „FAS (Free Alongside Ship)“ ergibt keinen Sinn, wenn der dort genannte Ort keinen Hafen hat. Solche falsch verwendeten Klauseln sind in der Praxis zuhauf anzutreffen. Streit entsteht, wenn es auf die Kostentragung oder den Gefahrübergang ankommt. Dieser Streit ist durch die korrekte Verwendung der Incoterms vermeidbar.

Bei Fragen zur Verwendung der Incoterms hilft Rechtsanwalt und Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht Johannes Brand.