Arbeitsvertrag: Ungewollter Rücktritt vom Wettbewerbsverbot.

 Vorsicht bei emotionalen Willensäußerungen.

Arbeitsvertrag: Ungewollter Rücktritt vom Wettbewerbsverbot, Insight von Dr. Klaus Neumann, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Ein Mitarbeiter hatte in seinem Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Diese Klausel untersagte ihm, innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen für die Konkurrenz tätig zu werden.

Im Gegenzug sollte er monatlich eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent seines letzten Verdienstes erhalten. Nachdem der Mitarbeiter gekündigt hatte, wartete er zunächst vergeblich auf seine Entschädigungszahlung. Als Reaktion auf das Ausbleiben der Zahlung schrieb er folgende E-Mail: „Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.“

Nachdem daraufhin weiterhin keine Zahlung erfolgte und der Mitarbeiter auch innerhalb der drei Monate keine Tätigkeit bei der Konkurrenz aufnahm, erhob er erfolglos Klage auf Zahlung der Karenzentschädigung für alle drei Monate.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt zunächst klar, dass die Karenzentschädigung eine wirksame Vereinbarung darstellt. Dadurch, dass der Kläger sich dazu entschieden hat, das Wettbewerbsverbot einzuhalten, ist es verbindlich geworden. Auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sind die allgemeinen Bestimmungen zu gegenseitigen Schuldverhältnissen anwendbar. Die vom Arbeitnehmer geschuldete Unterlassung des Wettbewerbs und die vom Arbeitgeber geschuldete Zahlung der Karenzentschädigung stehen sich gleichwertig gegenüber. Erbringt eine Vertragspartei ihre geschuldete Leistung nicht, kann die andere Vertragspartei vom Wettbewerbsverbot zurücktreten. Ein Rücktritt entfaltet aber nicht die gewöhnliche Wirkung, sondern wirkt nur für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung. So entfallen die wechselseitigen Rechte und Pflichten ab dem Zeitpunkt nach Zugang der Rücktrittserklärung. Da der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht gezahlt hatte, war der Kläger berechtigt vom vereinbarten Wettbewerbsverbot zurückzutreten.

Die E-Mail ist als Rücktrittserklärung auszulegen. Die Aussage, sich nicht mehr an das Wettbewerbsverbot „gebunden zu fühlen“ ist so zu verstehen, dass der Kläger das Verbot nicht mehr als für ihn verbindlich betrachtet. Damit liegt eine Rücktrittserklärung und keine bloße Trotzreaktion vor. Deshalb steht dem Kläger eine Karenzentschädigung nur bis zum Wirksamwerden der durch ihn ausgesprochenen Kündigung zu. Für die übrige Zeit des anfänglich vereinbarten dreimonatigen Wettbewerbsverbots kann er keine Zahlung verlangen.

Empfehlung für die Praxis

Schrift kann Gift sein. Das geschieht, wenn Emotionen im Arbeitsverhältnis Überhand nehmen. Denn mit etwas zeitlichem Abstand werden Willenserklärungen von Richtern kühl und nüchtern nach ihrem wirklichen Bedeutungsinhalt ausgelegt und können dann ungewollte Rechtsfolgen mit sich bringen. Es bleibt daher ratsam, auch im Fall einer großen und vielleicht berechtigten Verärgerung über einen Mitarbeiter vorher Rücksprache mit einem Berater zu halten, um nachteilige Folgen von schnellen Äußerungen nach Möglichkeit zu vermeiden.