EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Vorgaben für deutsches Recht
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie trat im Juni 2023 in Kraft und soll bis Mitte 2026 in nationales Recht umgesetzt werden, um für mehr Entgelttransparenz und Entgeltgleichheit unter Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu sorgen.
Unmittelbar ist die EU-Richtlinie nicht anwendbar. Sie ist allerdings so klar formuliert, dass sich Arbeitgeber bereits jetzt in etwa darauf einstellen können, wie das Entgelttransparenzgesetz auf Grundlage dieser Richtlinie angepasst werden wird.
EU-Entgelttransparenzrichtlinie bei uns im Blog
Unterschiedliche Aspekte der Entgelttransparenzrichtlinie waren schon mehrfach Gegenstand unseres Blogs im vergangenen Jahr:
- „Equal Pay“: die Entgelttransparenzrichtlinie der EU,
- „Entgelttransparenzrichtlinie: die richtige Vergleichsgruppe“,
- „Entgelttransparenzrichtlinie: gleiche bzw. gleichwertige Arbeit“,
- Auskunfts- und Berichtspflichten der Entgelttransparenzrichtlinie und
- Boni und variable Gehälter: Falle bei der Entgeltdiskriminierung?
Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche
Die Richtlinie enthält neben Auskunfts- und Berichtspflichten, Begriffsdefinitionen etc. auch Sanktionen und Ansprüche, die den Regeln der Entgelttransparenz Schlagkraft verleihen sollen. Der nationale Gesetzgeber soll u. a. dafür Sorge tragen, dass Verletzungen der Richtlinie z. B. in Hinblick auf Berichtspflichten u. a. Bußgelder nach sich ziehen (Art. 16 RL).
Für den Fall, dass es in einem Arbeitsverhältnis z. B. zu einer ungerechtfertigten Lohndiskriminierung kommt, sollen außerdem Ansprüche von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber auf Schadenersatz und Entschädigung im nationalen Recht verankert werden. Dabei formuliert die Richtlinie ausdrücklich, dass sich der Anspruch auf „vollständigen“ Schadenersatz bzw. auf vollständige Entschädigung richten soll und dass eine im Vorfeld festgelegte Obergrenze für derartige Ansprüche unzulässig ist (Art. 18 RL).
Beweislastverteilung im Sinne der Arbeitnehmer
Geht es dann darum, Ansprüche wegen Verletzung des Diskriminierungsverbotes durchzusetzen, springt die Richtlinie Arbeitnehmern mit einer Beweislastumkehr zur Seite:
Mussten bisher Arbeitnehmer z. B. eine Lohndiskriminierung durch den Arbeitgeber beweisen, wird sich das künftig ändern. Künftig wird der Arbeitgeber nachweisen müssen, dass es nicht zu einer (un-)mittelbaren Lohndiskriminierung kam. Das wird – wie vom Gesetzgeber gewünscht – die Hürde und Hemmschwelle senken, gegen Diskriminierung im Lohnbereich notfalls auch gerichtlich vorzugehen.
Arbeitgeber werden deswegen künftig Lohnentscheidungen umfassend dokumentieren müssen, um nötigenfalls den Beweis antreten zu können, dass Lohnunterschiede innerhalb der Vergleichsgruppe gerechtfertigt sind.
Schlichtung, Rechtsweg & Verbandsklage
Gleichzeitig legt die Richtlinie fest, dass Arbeitnehmer ihre Ansprüche auch gerichtlich durchsetzen können müssen (Art. 14 RL): Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass allen Arbeitnehmern nach einer etwaigen Schlichtung gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Rechte und Pflichten im Zusammenhang zur Verfügung stehen – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das bedeutet auch, dass der deutsche Gesetzgeber eine verpflichtende Schlichtung vorsehen kann, bevor der ordentliche Rechtsweg offensteht.
Nicht zuletzt sieht die Richtlinie vor, dass in nationalem Recht die Grundlage für eine Verbandsklage vorgesehen sein muss. Verbände und Organisationen etc. sollen künftig in Prozessstandschaft die Verletzung der Rechte oder Pflichten vor Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts geltend machen können (Art. 15 RL). Das dürfte vor allem Fälle betreffen, in denen Arbeitnehmer selbst ein Prozessrisiko scheuen.
Was wir für Sie tun können
Sie wollen wissen, wie Sie sich jetzt schon auf künftige Ansprüche und Pflichten vorbereiten können? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie verpflichtet den deutschen Gesetzgeber u. a. dazu, Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche für Verletzungen von Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit Entgelttransparenz und -gleichheit vorzusehen.
- Der Rechtsweg zur Durchsetzung solcher Ansprüche muss offenstehen.
- Verbandsklagen in Prozessstandschaft für betroffene Arbeitnehmer müssen auch gesetzlich vorgesehen sein.