Betriebsratsvergütung: „betriebliche Anforderungen und Kriterien“.

 Wann ist die Betriebsratsvergütung benachteiligungs- und begünstigungsfrei?

Betriebsratsvergütung: „betriebliche Anforderungen und Kriterien“

Der Weg zu einer rechtskonformen Betriebsratsvergütung liegt voller rechtlicher Stolpersteine. Hinsichtlich des Benachteiligungs- und Begünstigungsverbotes hat der Gesetzgeber nun für etwas mehr Klarheit gesorgt.

Betriebsratsvergütung im BetrVG

Das Thema Betriebsratsvergütung war und ist für viele Unternehmen etwas heikel: Klare gesetzliche Regelungen ließ das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vermissen, und v. a. unangemessen hohe Betriebsratsvergütungen für (freigestellte) Betriebsratsmitglieder bargen rechtliche Risiken. Aber auch umgekehrt bestand Unsicherheit, ob der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied eine zu geringe Vergütung gewährt. Erst als der BGH für Strafsachen 2023 überhöhte Betriebsratsvergütungen als Untreue einstufte, wurde der Gesetzgeber aktiv.

Keine Benachteiligung, keine Begünstigung

Betriebsräte dürfen wegen ihres Amtes auch in Hinblick auf ihre Bezahlung weder bevorzugt noch benachteiligt werden (Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot, § 78 S. 2 BetrVG).

Eine Begünstigung oder Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern kann nach § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG strafbar sein. Auch eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung ist denkbar, wenn Unternehmen mit zu hohen Arbeitsentgelten als Betriebsausgaben den zu versteuernden Gewinn drücken und deshalb „zu wenig“ Steuern abführen. Und last, but not least steht das Untreue-Urteil des BGH für Strafsachen aus 2023 bei einer zu hohen Vergütung im Raum.

Festlegung der Vergütung

Grundsätzlich ist für einen freigestellten Betriebsrat nach dem Lohnausfallprinzip das Arbeitsentgelt fortzuzahlen, das ihm zustünde, wenn er seine Arbeit unverändert fortführen würde.

Allerdings kommt es vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich arbeitsvertraglich auf „irgendeine“ Arbeitsverpflichtung für das Betriebsratsmitglied einigen und so indirekt die Betriebsratsvergütung auf der Basis des Lohnausfallprinzips unzulässig hoch festlegen.

Betriebliche Anforderungen & Kriterien

Grundsätzlich muss gemäß § 37 IV 1 BetrVG die Betriebsratsvergütung der Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung entsprechen.

Das sichert aber nur eine Mindestvergütung. Das Betriebsratsmitglied kann aber auch bei Gewährung dieser Mindestvergütung benachteiligt werden.

Es kann sich daher über § 78 S. 2 BetrVG auch ein höherer Vergütungsanspruch ergeben. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien aber eine höhere Vergütung, kann das wiederum eine unzulässige Begünstigung darstellen, weil ein freigestelltes Betriebsratsmitglied gerade keine Arbeitsleistung erbringt. Um rechtssichere Vereinbarungen zu ermöglichen, regelt § 78 S. 3 BetrVG nun:

Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt nicht vor, wenn das [Betriebsratsmitglied] in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.“

Das bedeutet, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Vergütung vereinbaren können, die mit der Übertragung einer höherwertigen Position einhergehen würde, wenn das Betriebsratsmitglied hierfür qualifiziert ist.

Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass auch eine fiktive Karriere des Betriebsratsmitglieds möglich bleibt.

Das hatte das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit bereits so gesehen, der BGH aber offenbar nicht. Es muss aber eine konkrete freie Stelle geben, für deren Besetzung das Betriebsratsmitglied geeignet wäre, und kein anderer Arbeitnehmer darf aus Sicht des Arbeitgebers aus sachlichen Gründen vorzugswürdig sein.

Subjekte Einschätzung und Ermessensfehlerkontrolle

Bei der Entscheidung darüber, ob betriebliche Anforderungen und Kriterien erfüllt sind oder nicht, dürfen „subjektive“ Einschätzungen und Bewertungen mitschwingen.

Was wir für Sie tun können

Haben Sie Fragen zum Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot bei der Betriebsratsvergütung? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Den Rahmen für eine rechtmäßige Betriebsratsvergütung gibt § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG vor: Sie muss mit der Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung vergleichbar sein.
  • Das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot kann auch dann eingehalten sein, wenn die höhere Vergütung auf einer fiktiven Karriere beruht (§ 78 S. 3 BetrVG).