Sie beschimpfen Kollegen, zetteln Streit an, widersprechen ständig oder wissen es besser. Andere verbreiten Gerüchte oder vergiften als Dauermuffel die Stimmung: Schwierige Mitarbeiter gibt es in nahezu jedem Unternehmen. Wollen Chefs und Chefinnen nach den Ursachen forschen und Grenzen ziehen, bewegen sie sich auf einem schmalen Grad. Die Befugnis, das Betriebsklima zu gestalten, ergibt sich aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers: Er kann die Betriebsorganisation und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb regeln, sofern sich dies nicht bereits aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Doch es bedarf Fingerspitzengefühls, wenn das Fehlverhalten aus Charaktereigenschaften oder privaten Umständen resultiert.
- Reaktion muss verhältnismäßig sein
Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Arbeitgebende und Betriebsrat haben im Sinne von § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz die Pflicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Beschäftigten zu schützen und zu fördern. Bezüglich Reaktionen auf das schwierige Verhalten bedeutet das: Diese müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein, um die Interessen der Arbeitgebenden zu schützen. Führungskräfte müssen also schrittweise eskalieren und zunächst das mildeste Mittel wählen. Wird ein Mitarbeiter einmal in einer Stresssituation laut, dürfte dies in der Regel zu verzeihen sein. Eine rote Linie überschreiten Beschäftigte aber in der Regel, wenn sie Kolleginnen oder Kollegen beleidigen. - Im Mitarbeitergespräch messbare Ergebnisse vereinbaren
Der erste Schritt, um auf eine Grenzüberschreitung zu reagieren, ist das Mitarbeitergespräch. Auf einen Streich lassen sich gleich mehrere positive Effekte erzielen: Dem oder der Beschäftigten wird verdeutlicht, wo die rote Linie verläuft. Zugleich wird der gesamten Organisation die Botschaft vermittelt: Zwar packt das Unternehmen nicht gleich die arbeitsrechtliche Keule aus, aber toleriert wird das Fehlverhalten nicht. Standards wie Respekt, Kooperation und Kommunikation miteinander statt übereinander werden nicht nur erwartet, sondern auch vorgelebt.
Das Gespräch darf aber nicht zur Plapperrunde werden. Damit es Wirkung zeigt, sind messbare Ergebnisse in einer Vereinbarung oder einem Protokoll festzulegen: Zum Beispiel ein Ultimatum, bis wann sich das stressbedingte, cholerische Verhalten gebessert haben muss. Wenn Beschäftigte ständig nörgeln, widersprechen oder alles besser wissen, kann es helfen, wenn sie in regelmäßigen Gesprächen immer wieder die Erfahrung machen, dass die Führungskraft Ausreden für das Verfehlen von durchschnittlichen Leistungszielen nicht akzeptiert. - Fingerspitzengefühl bei Ursachenforschung
Heikel und herausfordernd ist für Führungskräfte insbesondere die Forschung nach den Ursachen für das schwierige Verhalten. Grundsätzlich gilt: Privates bleibt privat. Und die Schwelle zum Privatleben ist schnell überschritten, da das Fehlverhalten oft charakterlich bedingt ist. Demgegenüber ist es erlaubt, nach Möglichkeiten für eine Hilfestellung zu fragen. Dies darf aber keinesfalls fordernd wirken. Wichtig ist, dass es nicht zu Schuldzuweisungen und Demütigungen kommt. Ziel muss sein, gemeinsam herauszuarbeiten: Was kann man besser machen? Und wie gelingt das am besten? Es geht darum, das Verhalten zu bewerten, nicht den Menschen. - Eskalation androhen: Versetzung und Abmahnung
Warum soll sich ein Mitarbeiter ändern, wenn er keine Konsequenzen und Kontrollen zu befürchten hat? Eine Versetzung oder Abmahnung darf nicht nur im Gespräch angedroht werden, sie ist auch umzusetzen. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin soll merken, dass der Chef ihm oder ihr Aufmerksamkeit widmet – im positiven Sinn, aber auch durch Kontrolle. - Beweise sichern
Um sich im Falle einer Eskalation die Option für arbeitsrechtliche Sanktionen offenzuhalten, dürfen Führungskräfte nicht vergessen, Beweise zu sichern. Das sind beispielsweise die Protokolle der Mitarbeitergespräche. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, Zeugenaussagen oder Mailverkehr zu dokumentieren, etwa wenn ein Dauernörgler nach dem Mitarbeitergespräch auf „Dienst nach Vorschrift“ umschaltet. - Verhaltensbedingte Kündigung bleibt die Ausnahme
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist die ultima ratio, etwa wenn ein Arbeitnehmer beharrlich Aufgaben verweigert, zu denen er arbeitsvertraglich verpflichtet ist (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 05. April 2001, Az.: 2 AZR 580/99). Oder wenn er eine blutige Schlägerei anzettelt (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. September 2008, Az.: 2 AZR 1039/06). Eine verhaltensbedingte Kündigung ist an strenge Voraussetzungen geknüpft und auch in diesen eng begrenzten Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber grundsätzlich nicht auf eine Abmahnung verzichten. - Beteiligte im Unternehmen
Grundsätzlich ist beim Umgang mit schwierigen Mitarbeitern neben der Führungskraft die HR Abteilung im Lead, wobei es häufig sinnvoll ist, auch den Betriebsrat einzubinden. - Mediation prüfen
Denkbar ist auch, einen Mediator einzuschalten, der durch die externe Brille auf den Konflikt schaut und möglicherweise beide Seiten zu einem Perspektivwechsel bewegen kann. Wichtig ist auch hier, auf eine Mediationsvereinbarung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter hinzuarbeiten.
Schwierige Mitarbeiter wird es immer geben. Führungskräfte sind hier besonders stark gefordert mit Gesprächen, aber auch Konsequenzen, die nicht nur angedroht, sondern auch umgesetzt werden. Es geht darum, Fehler klar zu benennen und zugleich dem Menschen wertschätzend, respektvoll und interessiert gegenüberzutreten, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Lässt sich der Konflikt nicht im Gespräch lösen, müssen Führungskräfte das Gebot der Verhältnismäßigkeit im Arbeitsrecht beachten und schrittweise vorgehen. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen zulässig.