Neue Quelle bei der Lohnpfändung: die Inflationsausgleichsprämie?

 Aktuelles zur Inflationsausgleichsprämie als pfändbares Arbeitseinkommen.

Neue Quelle bei der Lohnpfändung: die Inflationsausgleichsprämie?

Lohnpfändung ist ein gerne gewähltes Mittel von Gläubigern, wenn es zur Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner kommt, der Arbeitnehmer ist. Für Arbeitgeber gilt es aber, die Grenzen der Lohnpfändung zu kennen und einzuhalten – auch in Hinblick auf Inflationsausgleichsprämien.

Lohnpfändung bei Arbeitnehmern

Kann ein Schuldner offene Forderungen nicht bezahlen, kommt es letztlich häufig zur Zwangsvollstreckung. Ist der Schuldner Arbeitnehmer, ist die Lohnpfändung für viele Gläubiger – sprich Forderungsinhaber – ein gern gewähltes Mittel.

Damit eine Lohnpfändung möglich ist, wird dem Arbeitgeber dann ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt. Damit wird der Arbeitgeber Drittschuldner des Forderungsinhabers und darf den gepfändeten Lohn nur noch an ihn und nicht mehr an den Arbeitnehmer überweisen.

Pfändungsfreigrenzen sind einzuhalten

Arbeitseinkommen kann gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden. Daher sind die zum Schutz des Existenzminimums des Arbeitnehmers gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen auch vom Arbeitgeber einzuhalten. Ein gewisser Betrag des Lohnes ist nicht pfändbar und muss an den Arbeitnehmer ausbezahlt werden.

Das müssen Arbeitgeber unbedingt beachten. Denn pfändet der Arbeitgeber zu viel, muss er dem Arbeitnehmer zu viel gepfändete Beträge erstatten und müsste sich beim Forderungsinhaber schadlos halten. Ein oft aufwändiges und lästiges Unterfangen.

Neue Pfändungsfreigrenzen seit 01.07.2024

Wie jedes Jahr wurden zu Anfang Juli auch 2024 die Pfändungsfreigrenzen angehoben: Statt bisher 1.402,28 Euro netto beträgt die Pfändungsfreigrenze nun 1.491,75 Euro netto pro Monat. Dieser Betrag muss Arbeitnehmern ohne Unterhaltspflichten grundsätzlich von ihrem Lohn bleiben.

Darüber hinaus können bestimmte Bezüge ganz oder bedingt unpfändbar sein, z. B. Aufwandsentschädigungen, Renten- und Unterstützungsleistungen etc. (§§ 850a, 850b ZPO). Geht es hingegen um die Pfändung von Unterhaltsansprüchen (z. B. für Kinder) kann der pfändungsgeschützte Betrag auch deutlich niedriger ausfallen.

BGH: Inflationsausgleichsprämie pfändbar

Aber sind Inflationsausgleichsprämien pfändbar? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) bejaht (Beschluss v. 25.04.2024, Az.: IX ZB 55/23).

Im Gesetz findet sich zur Pfändbarkeit von Inflationsausgleichsprämien kein Anhaltspunkt und auch höchstrichterlich war bisher nicht geklärt, ob Inflationsausgleichsprämien zum pfändbaren Einkommen zählen.

Beim oben genannten Fall vor dem Bundesgerichtshof ging es um einen privatinsolventen Angestellten, der Pfändungsschutz für seine Inflationsausgleichsprämie gemäß § 765a ZPO beantragt hat – allerdings blieb sein Antrag auch vor dem BGH erfolglos.

Inflationsausgleichsprämien sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs Arbeitseinkommen und damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben pfändbar. Die Prämien seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen, sondern freiwillige, steuer- und sozialabgabenfreie Zahlungen des Arbeitgebers zusätzlich zum Arbeitslohn. Auch wenn sie nur einmalig oder in Teilzahlungen gezahlt würden, handle es sich um einen zusätzlichen Teil des Arbeitslohnes, weil sie auch nicht an Mehrarbeit oder besondere Leistungen etc. gebunden seien.

Erschwerniszulage? Zweckbindung?

Auch andere Formen des Pfändungsschutzes sah der BGH nicht: Inflationsausgleichsprämien seien u. a. keine unpfändbare Erschwerniszulage, weil die Prämie nicht als Ausgleich für Erschwernisse im Arbeitsverhältnis diene. Auch seien sie nicht als unpfändbarer Ausgleich konkreter tatsächlicher Aufwendungen gedacht. Nicht zuletzt seien sie auch keine zweckgebundene unpfändbare Forderung des Arbeitnehmers: Eine echte Zweckbindung, wie z. B. im Falle von Coronahilfen, existiere bei der Inflationsausgleichsprämie nicht.

Was wir für Sie tun können

Haben Sie Fragen zum Thema Lohnpfändung bei Arbeitnehmern? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Die Lohnpfändung bei Arbeitnehmern ist bei Gläubigern beliebt: Arbeitseinkommen als wiederkehrende Leistung ist ein sicheres und einfaches Zwangsvollstreckungsmittel für Gläubiger.
  • Bei der Lohnpfändung gelten gesetzliche Pfändungsfreigrenzen, die Arbeitgeber bei der Überweisung des gepfändeten Lohns an den Gläubiger nicht überschreiten dürfen.
  • Inflationsausgleichsprämien sind laut BGH pfändbares Arbeitseinkommen und unterliegen im Rahmen der Freigrenzen ebenfalls der Lohnpfändung.