Minderheitenschutz im Gesellschaftsrecht: die Aktiengesellschaft (AG).

 So funktioniert der Schutz von Minderheitsgesellschaftern in der AG.

Minderheitenschutz im Gesellschaftsrecht: die Aktiengesellschaft (AG).

In Aktiengesellschaften treffen grundsätzlich Mehrheiten die Entscheidungen – Mehrheitsaktionäre bestimmen im Alltag über das Schicksal der AG. Allerdings kennt auch und gerade das Aktienrecht den Schutz von Minderheitsaktionären.

Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit

Grundsätzlich bedürfen Beschlüsse der Aktiengesellschaft in der Hauptversammlung als dem Organ der Gesellschafter nur einer einfachen Mehrheit. So wird z.B. auch über Gewinnausschüttungen mit einfacher Mehrheit entschieden.

Dieser Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit, der sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gesellschaftsrecht zieht, ist für das Aktienrecht in § 133 AktG geregelt.

In dieser Vorschrift findet sich jedoch ausdrücklich der Hinweis, dass Gesetz und Satzung der AG von diesem Grundsatz Ausnahmen machen können, also andere Beschlussmehrheiten definieren können.

Sperrminoritäten in AG als Ausnahme vom Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit

Derartige Ausnahmen vom Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit sind gesetzlich verankerte Sperrminoritäten.

Sie tragen dazu bei, dass Minderheitsaktionäre mit einem Stimmenanteil von 25,1 % grundlegende Entscheidungen für die Gesellschaft blockieren können. Solche Sperrminoritäten kennt das Aktienrecht u.a. für

Das zeigt allerdings auch: Das AktG sieht Sperrminoritäten nur bei grundlegenden Entscheidungen vor. Im „Gesellschaftsalltag“ kennt das AktG derartige rechtliche Notbremsen zum Schutz von Minderheiten nicht.

Sonderprüfung: Beschluss der Hauptversammlung oder Antrag vor Gericht

Ein weiterer Aspekt des Minderheitenschutzes in der AG ist die Möglichkeit der Gesellschafter, eine Sonderprüfung zu veranlassen.

So kann die Hauptversammlung gem. § 142 Abs. 1 AktG mit einfacher Mehrheit die Untersuchung bestimmter Vorgänge in der Geschäftsführung durch einen Sonderprüfer beschließen.

Gelingt das in der Hauptversammlung nicht, sind unter Umständen sogar einzelne (Groß-)Aktionäre berechtigt, vor Gericht die Bestellung eines Sonderprüfers zu beantragen.

Dieses Minderheitenrecht ist allerdings an enge Voraussetzungen geknüpft:

Den Antrag können nur Aktionäre stellen, die – allein oder zusammen – 1 % des Grundkapitals bzw. die Summe von 100.000 EUR auf sich vereinen und seit wenigstens drei Monaten Aktionäre sind.

Hinzu kommt, dass der Verdacht einer schweren Pflichtverletzung von Vorstand und Aufsichtsrat im Raum stehen muss, um den Antrag zu rechtfertigen. Und nicht zuletzt kann das Gericht einen solchen Antrag über den Auffangtatbestand der „überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls“ ablehnen.

Auch der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers ist damit kein besonders scharfes Schwert in der Hand der Minderheitsgesellschafter.

Satzung: Raum für individuelle Regelungen

Es zeigt sich: Minderheitenschutz existiert im Aktiengesetz. Er kann und sollte aber – wie in anderen Bereichen des Gesellschaftsrechts – über individuelle Regelungen in der Satzung ausgebaut werden.

Da Satzungsänderungen mit einer Mehrheit von 75 % der Beschlussstimmen gefasst werden müssen, sind derartige Satzungsänderungen zugunsten von Minderheiten nach Gründung der Gesellschaft allerdings schwer realisierbar. Deswegen sollten individuelle Regelungen – z.B. zu abweichenden Beschlussmehrheiten – bei der Gründung der AG interessengerecht konzipiert und in die Satzung aufgenommen werden.

Das Aktienrecht kennt vor allem in Bezug auf sehr grundlegende Entscheidungen in der AG einige Ausnahmen vom Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit für die Beschlussfassung in der Hauptversammlung.

Allerdings ist es sinnvoll und notwendig, die Satzung einer AG individuell mit weiteren Ausnahmeregelungen auszustatten, um den Minderheitenschutz in der AG nicht auf Grundlagenentscheidungen beschränkt zu wissen.