Home-Office – Was kommt, was bleibt?

 Von Arbeitsrecht bis Cybersecurity - Juristische Fußangeln mobiler und hybrider Arbeit.

Home-Office – Was kommt, was bleibt?

Viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter*innen haben während des Lockdowns die Vorzüge des Home-Office schätzen gelernt. Betriebe denken deshalb vermehrt darüber nach, wie sie hybrides Arbeiten ermöglichen können. Was sind die wichtigsten rechtlichen Fragen, wenn Beschäftigte teils im Büro und teils von zu Hause tätig sind?

Wenn nicht alle Arbeitnehmer*innen täglich in den Betrieb fahren, hat das vielfältige Vorteile: Angefangen beim Klimaschutz durch weniger Verkehr über eingesparte Spritkosten sowie bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben für die Beschäftigten bis zu geringeren Büromieten und zufriedeneren Mitarbeiter*innen für die Betriebe.

Zugleich hat die Corona-Pandemie aber auch Nachteile offenbart, etwa weil der Kontakt zu Kollegen leidet und ein Austausch nur nach Verabredung stattfindet. Vor allem aber besteht Handlungsbedarf mit Blick auf die gesteigerte Gefahr durch Hackerangriffe: Im letzten Jahr sind deutschen Unternehmen Schäden von über 52 Milliarden Euro entstanden durch Cyberattacken auf Menschen im Home-Office, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft auf Basis einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Mit der folgenden Checkliste behalten HR Manager die wichtigsten juristischen Stolperfallen mobiler und hybrider Arbeit im Blick:

  1. Daten und Geschäftsgeheimnisse schützen
    Laut Geschäftsgeheimnisgesetz müssen Unternehmen angemessene Schutzmaßnahmen für ihr Know-how treffen und dies auch nachweisen können. Anderenfalls lassen sich im Falle eine Cyberangriffs keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Nicht zu vergessen: Auch im Büro zu Hause gelten die datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere die DSGVO. Der Arbeitgeber bleibt für deren Einhaltung verantwortlich.Neben geeigneten technischen und organsiatorischen Maßnahmen für den Daten- und Geheimnisschutz wie Verschlüsselungssysteme oder Passwort-Vorgaben müssen Unternehmen deshalb mit den Mitarbeiter*innen schriftlich die Sicherheitsvorkehrungen regeln: Vereinbart werden sollte beispielsweise, dass Dritte keinen Zugriff auf dienstliche Geräte haben, sowie das Verbot, Daten auf privaten Geräten zu spreichern. Ratsam ist zudem ein Leitfaden für den Daten- und Geheimnisschutz im Unternehmen.
  2. Mobile oder hybride Arbeit vertraglich vereinbaren
    Sofern die mobile Arbeit bisher nicht in Arbeits-, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt ist, stehen viele Personalverantwortliche vor der Frage, ob sie Beschäftigte nach dem Ende der Homeofficepflicht ins Büro oder den Betrieb zurückbeordern können. Wie wir bereits berichtet haben, besteht grundsätzlich kein Recht auf Home-Office und mobiles Arbeiten, so auch das Arbeitsgericht Ulm im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (Az. 1 Ca 1/21). Der Arbeitgeber ist gemäß seines Weisungsrechtsrechts aus § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich berechtigt, den Ort der Tätigkeit zu ändern, wenn sich betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen. Laut Landesarbeitsgericht München ist dies beispielsweise zu bejahen, sofern die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz nicht der am Bürostandort entspricht. Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer zudem nicht dargelegt, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und der in Konkurrenz tätigen Ehefrau geschützt waren (Entscheidung vom 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21).
    Auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers stützt sich auch das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 27.08. 2021 zum Thema Remote Work aus dem Ausland: Eine Arbeitnehmerin hat danach keinen Anspruch, dass der Arbeitgeber vier Wochen mobiler Arbeit en bloc bei ihrem Lebensgefährten in der Schweiz genehmigt.
    Damit es erst gar nicht zum Streit vor Gericht kommt und die Regelungen rechtssicher gestaltet sind, sollten HR Manager einen Passus in den Arbeitsvertrag aufnehmen, wie die mobile oder hybride Arbeit konkret gestaltet werden soll. Bei bestehenden Arbeitsverträgen sind entsprechende Zusatzvereinbarungen sinnvoll.
  3. Betriebsvereinbarung reicht nicht
    In Unternehmen mit Betriebsrat ist grundsätzlich eine Betriebsvereinbarung zu mobiler oder hybrider Arbeit ratsam. Nach dem neuen Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG kann der Betriebsrat diese sogar mit Blick auf das „wie“ mobiler Arbeit verlangen, beispielsweise um die Arbeitszeit, Erreichbarkeit der Mitarbeiter*innen und technische Ausstattungen zu regeln.
    Vorreiter verabschieden sich bereits von konkreten Prozent- und Stundenvorgaben für mobiles Arbeiten und machen sich auf den Weg von einer Anwesenheits- zu einer Ergebniskultur mit Vertrauensarbeitszeit auch unterhalb der Ebene der Geschäftsführer und Hauptabteilungsleiter. Aufgrund der Vielfalt der klärungsbedürftigen Fragen reicht eine Betriebsvereinbarung allein jedoch nicht aus, sondern es bedarf zusätzlich der konkreten Ausgestaltung im Arbeitsvertrag.
  4. Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz gelten auch im Home-Office
    Der Trend geht zwar zu mehr Freiheit bei der Gestaltung von Arbeitszeit und -ort, nichtsdestotrotz gelten Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz fort: So ist ewa die Höchstarbeitszeit einzuhalten, die Arbeitszeiten sind zu erfassen und laut Arbeitsstättenverordnung sind gefährdungssenkende Maßnahmen notwendig, um beispielsweise Rückenbeschwerden oder muskulären Verspannungen vorzubeugen.

Ob Arbeitnehmer*innen von zu Hause oder gar aus dem Ausland arbeiten können, bestimmt allein der Arbeitgeber. Besser für das Betriebsklima ist es aber, Konflikten von vornherein vorzubeugen und die Rahmenbedingungen für mobiles oder hybrides Arbeiten in Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen klar und rechtssicher zu regeln.