EU Richtlinie für Lohntransparenz: Brüssel will gleiches Gehalt für Frauen durchsetzen.

 Arbeitgeber sollen Informationen über Lohngefälle offenlegen.

EU Richtlinie für Lohntransparenz: Brüssel will gleiches Gehalt für Frauen durchsetzen.

Der tschechische EU Ratsvorsitz und das Europäische Parlament haben Mitte Dezember eine vorläufige Einigung über Vorschriften erzielt, die das geschlechtsspezifische Lohngefälle beseitigen sollen. Schlechter bezahlten Frauen steht danach Schadensersatz zu.

Lohnlücke: in Deutschland 18, in der EU 13 Prozent

Das Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern, liegt nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts in Deutschland bei 18 Prozent, in der EU verdienen Frauen im Schnitt 13 Prozent weniger. Dafür gibt es verschiedene Ursachen: Beispielsweise verlaufen die Erwerbsbiographien von Frauen und Männern oft unterschiedlich etwa aufgrund einer Babypause. Viele Frauen arbeiten zudem in schlechter bezahlten Berufen in der Pflege oder Bildung. Als weiteren Grund nennt Brüssel die sogenannte „gläserne Decke“, die dazu führe, dass Frauen in Spitzenpositionen unterrepräsentiert sind. In einigen Fällen werden Frauen auch diskriminiert, indem sie bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Handlungsbedarf sieht die EU nicht nur mit Blick auf die Gleichberechtigung. Das Lohngefälle habe auch langfristige Auswirkungen auf das Armutsrisiko von Frauen. Das Rentengefälle liege bei rund 30 Prozent. Um gegenzusteuern, setzt die EU an mehreren Stellschrauben an, die weitreichende Folgen für Arbeitgebende haben:

  1. Mehr Lohntransparenz – auch für Bewerber
    Künftig sollen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Beschäftigten einfachen Zugang zu den objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien haben, die sie für die Festlegung des Lohns und mögliche Lohnerhöhungen verwenden. Vorgesehen ist auch ein Recht auf Informationen darüber, wie sich die durchschnittliche Lohnhöhe von Kollegen mit gleichen oder gleichwertigen Jobs nach Geschlecht aufschlüsselt. Sowohl Mitarbeitende als auch Arbeitnehmervertretende können dies geltend machen. Änderungen gibt es auch im Recruiting: Arbeitgebende sollen auch schon künftigen Beschäftigten die anfängliche Lohnhöhe oder -spanne mitteilen.
  2. Durchsetzungsmechanismen
    Unternehmen mit über 100 Beschäftigten müssen Informationen zum Lohngefälle zwischen Frauen und Männern nicht nur für Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Betriebsrat bereitstellen. Diese sind auch an die zuständige Behörde in den Mitgliedsstaaten weiterzugeben – je nach Unternehmensgröße jährlich oder alle drei Jahre.
    Beträgt das Lohngefälle mehr als fünf Prozent und kann das Unternehmen dies nicht mit objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien begründen, müssen Arbeitgeber zusammen mit dem Betriebsrat eine gemeinsame Entgeltbewertung durchführen und Abhilfemaßnahmen formulieren.
  3. Sanktionen bei Verstößen
    Der Vorschlag für die EU Richtlinie sieht außerdem vor, dass die Mitgliedsstaaten Sanktionen wie Geldstrafen für den Fall festlegen, dass Unternehmen gegen Vorschriften zur Umsetzung der Lohntransparenz-Richtlinie verstoßen.
  4. Schadensersatzansprüche und Klagerechte
    Wenn sich Unternehmen nicht an diese Pflichten halten, steht Beschäftigten laut den Brüsseler Plänen ein Recht auf Schadensersatz zu. Gerichte können einen Arbeitgeber anweisen, den Verstoß zu beenden und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Verbände wie Gleichstellungsgremien oder Arbeitnehmervertreter werden ermächtigt, im Namen einzelner oder mehrerer Mitarbeiter den Grundsatz des gleichen Gehalts für gleiche Arbeit durchzusetzen.

EU Richtlinie geht über nationale Regelung hinaus

Schon heute ist der Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsrecht durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geregelt. Zusätzlich gilt seit 2017 das Entgelttransparenzgesetz. Die Pläne für die EU Richtlinie gehen nun noch weiter: So besteht ein Auskunftsanspruch nach dem deutschen Entgelttransparengesetz erst in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten.

Die vorläufige Einigung der Unterhändler muss noch vom EU Ministerrat und dem Europaparlament offiziell angenommen werden. HR Managerinnen und Manager sollten das weitere Verfahren im Blick behalten. Mit der Umsetzung der neuen Vorgaben können sie mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die im November vom EU Parlament verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive erweitert die Berichtspflichten für Unternehmen unter anderem um Fragen der Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Näheres dazu haben wir bereits im Blog erörtert. Zusätzlich nimmt die EU Taxonomie für nachhaltige Finanzanlagen soziale Kriterien in den Fokus. Nicht zuletzt ist es in Zeiten des Fachkräftemangels zweifellos von Vorteil, wenn Arbeitgeber Transparenz bei Löhnen und Gehältern schaffen, um ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle zu überwinden.