Digital muss reichen – auch dem Betriebsrat.

 BAG: Bewerbungsunterlagen müssen dem Betriebsrat nicht in Papierform vorgelegt werden.

Digital muss reichen – auch dem Betriebsrat.

Der Betriebsrat hat ab einer gewissen Betriebsgröße ein Mitbestimmungsrecht, wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden. Ob die Bewerbungsunterlagen von Bewerbern dem Betriebsrat in Papierform zur Verfügung gestellt werden müssen, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Beschluss v. 13.12.2023, Az.: 1 ABR 28/22).

Betriebsrat im Bewerbungsverfahren

Existiert in einem Unternehmen ein Betriebsrat, kann er in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern mitbestimmen, wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden sollen. So will es das Recht auf Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): „(…) hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung (…) darüber zu unterrichten und ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen (…)“, damit der Betriebsrat abschätzen kann, ob und welche Folgen eine Einstellung auf das Gesamtgefüge hat.

Stimmt der (korrekt) informierte Betriebsrat einer Einstellung nicht zu, kann das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen.

Bewerbungsunterlagen in Zeiten der Digitalisierung

Der Arbeitgeber muss – wenn § 99 BetrVG einschlägig ist – dem Betriebsrat also u. a. Bewerbungsunterlagen bei einer geplanten Einstellung vorlegen. Historisch betrachtet geht das Gesetz naturgemäß davon aus, dass dem Betriebsrat die Bewerbungsunterlagen in Papierform vorgelegt werden. Immerhin stammt die Vorschrift aus den frühen 70er Jahren.

Aber wie sieht das „Vorlegen von Bewerbungsunterlagen“ in digitalen Zeiten aus? Darüber entbrannte in einem Unternehmen ein Rechtsstreit, den erst das Bundesarbeitsgericht (BAG) beendete.

Streit vor Gericht: Betriebsrat wollte Papier

Im Fall, der letztlich vom BAG entschieden werden musste, verlangte der Betriebsrat im Rahmen einer geplanten Neueinstellung, ihm die Bewerbungsunterlagen in Papierform vorzulegen.

Dabei verfügten alle Betriebsratsmitglieder über Laptops für ihre Betriebsratsarbeit und hatten Zugriff auf die entscheidenden Stellen im digitalen Recruiting-Portal des Arbeitgebers. Denn das Unternehmen arbeitete mit einem rein digitalen Bewerbungssystem, für das auch eingesendete Papier-Bewerbungsunterlagen digitalisiert wurden.

Über dieses interne Portal stellte man dem Betriebsrat die digitalen Bewerbungsunterlagen eines Bewerbers zur Verfügung, um der Pflicht aus § 99 BetrVG nachzukommen.

Der Betriebsrat bestand allerdings auf Vorlage der Unterlagen in Papierform und verweigerte die Zustimmung zur Einstellung.

Dagegen klagte der Arbeitgeber und wollte die Zustimmung des Betriebsrates gerichtlich ersetzt wissen. Das Überlassen der Unterlagen in digitaler Form genüge § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG.

Betriebsrat muss digitale Unterlagen akzeptieren

In allen drei Instanzen bekam der Arbeitgeber Recht: Das Zurverfügungstellen der digitalen Bewerbungsunterlagen entspreche sinngemäß dem „Vorlegen der Bewerbungsunterlagen“, auch wenn ursprünglich tatsächlich das Vorlegen von Papierunterlagen gemeint gewesen sei.

Sinn und Zweck der Vorschrift sei, dem Betriebsrat die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, damit dieser sich eine Meinung bilden könne. In welcher Form das geschehe – ob physisch oder digital –, sei nach Sinn und Zweck der Vorschrift irrelevant.

Dass diese Formulierung 2021 nicht im Rahmen anderer Änderungen des BetrVG angepasst worden sei, lasse keinen Rückschluss zu, dass man hier weiter auf Papier bestehen wolle.

Was wir für Sie tun können

Sie haben Fragen zur Mitbestimmung des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • In Betrieben mit einem Betriebsrat und mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht u. a. bei Einstellungen.
  • Nach § 99 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei möglichen Einstellungen u. a. Bewerbungsunterlagen vorlegen.
  • Bewerbungsunterlagen müssen nicht in Papierform vorgelegt werden, sondern können dem Betriebsrat auch digital zur Verfügung gestellt werden.