Compliance: Die Vergütung von Betriebsräten ist ein Minenfeld.

 Landgericht Braunschweig spricht Manager vom Vorwurf der Untreue frei.

Compliance: Die Vergütung von Betriebsräten ist ein Minenfeld.

Vorständen und Geschäftsführern, die mit Betriebsräten unzulässige Vergütungsvereinbarungen abschließen, drohen unter Umständen Geldstrafen oder gar Haft. Wie lässt sich rechtlichen Risiken vorbeugen?

Aktuell hat das Landgericht Braunschweig drei ehemalige und einen amtierenden Manager eines Autokonzerns vom Vorwurf der Untreue freigesprochen, weil die Richter keinen Vorsatz erkennen konnten (Az.: 16 KLs 406 Js 59389/16 (85/19)). Ein solcher Vorwurf droht immer dann, wenn Vorstände und Geschäftsführer unangemessen hohe Bezüge und Boni für besonders einflussreiche Arbeitnehmervertreter freigeben.

Die Staatsanwaltschaft ging in diesem Fall davon aus, die angeklagten Manager hätten in Bezug auf die Vergütung führender Betriebsräte pflichtwidrig und vorsätzlich gehandelt. Strittig war vor dem Landgericht Braunschweig, ob es im Unternehmen überhaupt verbindliche und hinreichend präzise Regelungen zur Gehaltsbestimmung bei Belegschaftsvertretern gibt.

Personalmanager bewegen sich auf schwierigem Terrain, weil das Betriebsverfassungsgesetz viele Fragen zur Vergütung von Arbeitnehmervertretern offen lässt. Werden begünstigende Zahlungen in der Steuererklärung als Betriebsausgaben deklariert, droht darüber hinaus eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung. Hinzu kommen Schadensersatzansprüche des Unternehmens gegen die Personen, die für die Zahlungen verantwortlich sind.

Wann sind Zahlungen an den Betriebsrat angemessen?

Was angemessen ist, lässt sich gerade bei langjährig freigestellten Arbeitnehmervertretern oft nicht leicht beurteilen. Grundsätzlich gilt nach § 37 Betriebsverfassungsgesetz: Die Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter ist ein Ehrenamt. Sie darf durch die Vergütung oder Boni, Zuschläge für Mehrarbeit, Firmen-PKW oder Werkswohnungen nicht besonders begünstigt werden. Ansonsten kann der Verdacht entstehen, dass die Loyalität des Betriebsrats erkauft werden soll. In diesem Fall handelt es sich um einen eigenen Straftatbestand gemäß Betriebsverfassungsgesetz.

Umgekehrt darf der Betriebsrat aber auch nicht gegenüber einem vergleichbaren Mitarbeiter benachteiligt werden. Deshalb ist das Arbeitsentgelt von Betriebsräten nach dem sogenannten Lohnausfallprinzip nicht geringer zu bemessen als das vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung.

Zudem muss die Vergütung laufend an die Entgeltentwicklung einer Arbeitnehmergruppe angepasst werden, die zum Zeitpunkt der Übernahme der Betriebsratstätigkeit ähnliche Tätigkeiten ausgeübt hat, was in der Praxis oft nicht passiert.

Die vor dem Landgericht Braunschweig angeklagten Manager argumentierten, dass die Arbeitnehmervertreter auf Augehöhe mit dem Management verhandelten. Folglich sei es nicht angemessen, sie auf Dauer auf dem Niveau ihres Einstiegsgehaltes zu bezahlen. Dieses Argument wird bei langjährig freigestellten Arbeitnehmervertretern großer Konzerne immer wieder angeführt, wenn das Betriebsratsamt im Vergleich zur ursprünglichen beruflichen Tätigkeit höhere Anforderungen stellt und zu mehr Verantwortung führt. Es steht dann häufig die Frage im Raum: Auf welcher Karrierestufe stünde die jeweilige Person heute, wenn er oder sie sich stattdessen für eine Position im Management entschieden hätte?

Problematisch ist insofern, dass das Betriebsverfassungsgesetz keine eindeutigen Vorgaben zu Vergütungskorridoren oder beruflichen Vergleichsgruppen bei der Einstufung macht. Bei einer strengen Auslegung des Gesetzes dürfen Qualifikationen, die während der Betriebsratstätigkeit erworben werden, nicht zu einem höheren Gehalt führen. Maßgeblich ist allein die Berufsgruppe, zu welcher der Betriebsrat zu dem Zeitpunkt gehörte, als er freigestellt wurde. Laut Bundesarbeitsgericht können die Betriebsparteien aber konkretisierende Vereinbarungen treffen, welche die Anpassung der Vergütung von Arbeitnehmervertretern regeln.

Bis der Gesetzgeber die offenen Fragen klärt, beugen Personalmanager mit diesen Maßnahmen rechtlichen Risiken vor:

  1. Verbindliche und hinreichend präzise Regelungen zur Gehaltsbestimmung von Belegschaftsvertretern dokumentieren.
    Zu Streit vor den Arbeitsgerichten oder gar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommt es immer wieder bei Unklarheiten, welche vergleichbaren Arbeitnehmer für die Einstufung heranzuziehen sind. Ratsam ist deshalb, eine möglichst plausible Berechnungsmethode für Entgelte und Jahresboni zu entwickeln und diese zu dokumentieren.
  2. Vergütung laufend an vergleichbare Mitarbeiter anpassen.
    Laut § 37 Abs. 4 BetrVG muss die Vergütung laufend an die Vergütung „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung“ angepasst werden. Deshalb sollten die Betriebsparteien im Rahmen einer kollektivrechtlichen Regelung transparente Entscheidungsprozesse definieren: Welche Vergleichspersonen werden bei der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds bestimmt, an deren durchschnittlicher Vergütungsentwicklung der freigestellte Arbeitnehmervertreter teilnimmt? Wer entscheidet wann nach welchen Kriterien wie Weiterbildung oder Zusatzqualifikation über die weitere Gehaltsentwicklung?
  3. Keine verdeckten oder geheimen Gehaltserhöhungen, etwa in Gestalt von Mehrarbeitspauschalen oder Sonderboni, die ohne Einbindung der offiziellen Gremien gewährt werden.
    Pauschale Zusatz-Zahlungen an Betriebsräte sind in der Regel unzulässig. Deshalb sind Überstunden infolge der Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Nur in Ausnahmefällen können sie finanziell abgegolten werden.

Die aktuelle Gesetzeslage stellt HR-Manager vor viele Probleme. Das Urteil des Langerichts Braunschweig sollten Unternehmen zum Anlass nehmen, die Compliance bestehender Vereinbarungen zu überprüfen. Im Falle einer nicht gesetzeskonformen Betriebsratsvergütung drohen schlimmstenfalls Strafbarkeitsrisiken wegen Untreue oder Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern bis hin zur Steuerhinterziehung.