Rechtliche Voraussetzungen für Temperaturmessung vor Arbeitsbeginn.

Rechtliche Voraussetzungen für Temperaturmessung vor Arbeitsbeginn

Zur Reduktion betrieblicher Infektionen mit dem Corona Virus stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber von den eigenen Arbeitnehmern verlangen können, vor dem Zutritt auf das Gelände des Arbeitgebers die Temperatur zu messen, um erhöhte Temperatur und Fieber festzustellen, was auf eine Infektion mit Covid19 hindeuten könnte.

1. Tauglichkeit der Temperaturmessung

Das aktive Temperaturmessen mit einem Thermoscanner kann aktiv bei der Eingangskontrolle in den Betrieb erfolgen oder passiv durch die Auflage an die Mitarbeiter zur Temperaturerfassung zuhause vor Arbeitsbeginn. Die Aussagekraft der festgestellten Temperatur ist allerdings für den Nachweis einer Covid19 Infektion nur eingeschränkt von Bedeutung, aus folgenden Gründen:

  • Die Inkubationszeit mit der Viruserkrankung Covid19 kann bis zu 14 Tagen betragen. In dieser Zeit sind die infizierten Menschen bereits ansteckend, ohne selbst Krankheitssymptome vorzuweisen.
  • Viele Covid19 Infektionen gehen harmlos, jedenfalls ohne Fieber des Erkrankten von Statten.
  • Eine erhöhte Temperatur muss nicht zwingend auf Covid19 hinweisen, sie entsteht bei vielen anderen Infekten gleichermaßen.
  • Bei Frauen kann auch die Menstruation zu erhöhter Temperatur führen.

Temperaturscanner oder eigene Temperaturmessungen der Mitarbeiter sind daher nur bedingt tauglich, um Covid19 Infektionen festzustellen.

2. Mitbestimmungsrecht

In Unternehmen in denen ein Betriebsrat exzitiert, sind alle Regelungen im Bereich des betrieblichen Gesundheitsschutzes mitbestimmungspflichtig. D.h. dass der Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht an den geplanten Maßnahmen besitzt. Insofern müsste vor jeder Einführung einer Messmethode, sei es vor Ort im Betrieb oder bei den Mitarbeitern zu Hause, eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, über Umfang der Maßnahme, Umgang mit den festgestellten Daten und Konsequenzen im Falle der Feststellung einer erhöhten Temperatur. Ohne den vorherigen Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung ist jedes Temperaturmessen bei Mitarbeitern unzulässig und könnte daher der Betriebsrat die Einführung eines Temperaturscreenings gerichtlich verhindern.

3. Datenschutzrecht

Weitere Restriktionen für die Einführung eines Temperaturscreenings folgen aus den deutschen Datenschutzgesetzen. Die Erhebung der Körpertemperatur gehört zu den besonders sensiblen Gesundheitsdaten gem. § 9 Abs. 1 DSGVO. Deren Verarbeitung ist insgesamt untersagt. Nur bei besonderen Gefährdungslagen für die Belegschaft könnte die Temperaturmessung gerechtfertigt sein, um erhebliche Gefährdungen von der Belegschaft abzuwehren, Auch wäre die Datennutzung auf ein Minimum zu reduzieren, d.h. die Temperaturfeststellung könnte allenfalls genutzt werden, um einem Mitarbeiter den Zutritt zum Betrieb zu verweigern. In der deutschen arbeitsrechtlichen Literatur wird daher nur in absoluten Ausnahmefällen eine Temperaturmessung aus datenschutzrechtlichen Gründen für zulässig gesehen, etwa wenn eine besondere Gefährdung für bestimmte Mitarbeiter abzuleiten ist, weil diese zuvor in erheblichen Risikoregionen unterwegs waren, etwa für die Mitarbeiter, die bei der Firma Webasto geschäftlich in der Region in Wuhan tätig waren oder in einem der europäischen Hotspots der Virusverbreitung, wie etwa in dem Wintersportort Ischgl Urlaub gemacht hatten. Eine solche Maßnahme wäre dann allein auf diese Mitarbeiter zu beschränken. Schließlich könnte eine Sonderbehandlung auch für Mitarbeiter noch abgeleitet werden, wenn in einer bestimmten Betriebsabteilung eine gehäufte Anzahl von Infektionsfällen festgestellt wurde. Insgesamt sehen wir daher aus datenschutzrechtlichen Gründen erhebliche Bedenken gegen ein allgemeines Temperaturscreening für die Mitarbeiter.

4. Signalwirkung

Nach dem bereits festgestellten Rückgang der ersten großen Infektionswelle in Deutschland, erlaubt die Bundesregierung schrittweise die Rückkehr zu alltäglichen Besorgungen, wie z.B. die Öffnung kleiner und mittelgroßer Geschäfte. Sofern kein unter Ziffer 3 bestehender Sonderfall vorliegt, würde die Einführung einer Temperaturerfassung in der aktuellen Lage die Mitarbeiter aus unserer Sicht eher verunsichern als beruhigen. Von einer solchen Signalwirkung würden wir daher abraten.

5. Haftung des Arbeitgebers

Für eine Haftung des Arbeitgebers gegenüber infizierten Mitarbeitern wegen nicht eingeführter Temperaturkontrollen sehen wir keine Grundlage. Im Hinblick auf die Datenschutzgesetze muss der Arbeitgeber eine generelle Kontrolle unterlassen und seine Fürsorgepflicht endet an genau diesen rechtlichen Grenzen. Das Unterlassen der betrieblichen Kontrollen ist damit legitim und kann nicht zu Schadensersatzpflichten führen.

Im Ergebnis stehen der Einführung einer Temperaturerfassung der Mitarbeiter damit erhebliche rechtliche Schranken entgegen und wäre zunächst der Betriebsrat zu dieser Maßnahme zu konsultieren und mit diesem eine umfassende Betriebsvereinbarung abzuschließen.