Ende der Homeoffice-Pflicht – Was kommt, was bleibt?

 Von Arbeitsrecht bis Cybersecurity - Juristische Fußangeln mobiler und hybrider Arbeit.

Ende der Homeoffice-Pflicht – Was kommt, was bleibt?

Ab dem 20. März fällt die Homeoffice-Pflicht weg. Die Corona-Pandemie hat die Vorzüge, aber auch die Nachteile der Arbeit fern des Büros offenbart. Viele Betriebe wollen deshalb künftig hybrides Arbeiten ermöglichen. Was sind die wichtigsten rechtlichen Fragen, wenn Beschäftigte teils im Büro und teils im Homeoffice tätig sind?

Homeoffice ist ein zweischneidiges Schwert

Weniger Stunden im Stau, dafür mehr Flexibilität und Zeit für Familie oder Sport. Laut einer Studie des IT-Security-Anbieters Ivanti würde rund ein Viertel der befragten Arbeitnehmer*innen kündigen, wenn sie zwangsweise in Vollzeit ins Büro zurückkehren müssten. Doch auch die negativen Seiten des Homeoffice haben sich während der Corona-Pandemie offenbart: 65 Prozent der weiblichen Bürofachkräfte und rund ein Drittel der Männer gaben an, dass die Remote Arbeit ihre psychische Gesundheit belastet. Es fehlt der Kontakt zu Kollegen und der Teamgeist leidet.

Vor allem aber besteht Handlungsbedarf mit Blick auf die gesteigerte Gefahr durch Hackerangriffe: Im letzten Jahr sind deutschen Unternehmen Schäden von über 52 Milliarden Euro entstanden durch Cyberattacken auf Menschen im Home Office, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft auf Basis einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom.

Um das Beste aus beiden Welten zu verbinden, setzen immer mehr Firmen auf hybride Arbeitsplatzkonzepte. Mit der folgenden Checkliste behalten HR Manager die wichtigsten juristischen Stolperfallen mobiler und hybrider Arbeit im Blick:

1. Daten und Geschäftsgeheimnisse schützen

Laut Geschäftsgeheimnisgesetz müssen Unternehmen angemessene Schutzmaßnahmen für ihr Know-how treffen und dies auch nachweisen können. Anderenfalls lassen sich im Falle eine Cyberangriffs keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Nicht zu vergessen: Auch im Büro zu Hause gelten die datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere die DSGVO. Der Arbeitgeber bleibt für deren Einhaltung verantwortlich.

Neben geeigneten technischen und organsiatorischen Maßnahmen für den Daten- und Geheimnisschutz wie Verschlüsselungssysteme oder Passwort-Vorgaben müssen Unternehmen deshalb mit den Mitarbeiter*innen schriftlich die Sicherheitsvorkehrungen regeln: Vereinbart werden sollte beispielsweise, dass Dritte keinen Zugriff auf dienstliche Geräte haben, sowie das Verbot, Daten auf privaten Geräten zu spreichern. Ratsam ist zudem ein Leitfaden für den Daten- und Geheimnisschutz im Unternehmen.

2. Mobile oder hybride Arbeit vertraglich vereinbaren

Sofern die mobile Arbeit bisher nicht in Arbeits-, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt ist, stehen viele Personalverantwortliche vor der Frage, ob sie Beschäftigte nach dem Ende der Homeofficepflicht ins Büro oder den Betrieb zurückbeordern können. Wie wir bereits berichtet haben, besteht grundsätzlich kein Recht auf Homeoffice und mobiles Arbeiten, so auch das Arbeitsgericht Ulm im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (Az. 1 Ca 1/21). Der Arbeitgeber ist gemäß seines Weisungsrechtsrechts aus § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich berechtigt, den Ort der Tätigkeit zu ändern, wenn sich betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen. Laut Landesarbeitsgericht München ist dies beispielsweise zu bejahen, sofern die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz nicht der am Bürostandort entspricht. Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer zudem nicht dargelegt, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und der in Konkurrenz tätigen Ehefrau geschützt waren (Entscheidung vom 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21).

Auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers stützt sich auch das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 27.08. 2021 zum Thema Remote Work aus dem Ausland: Eine Arbeitnehmerin hat danach keinen Anspruch, dass der Arbeitgeber vier Wochen mobiler Arbeit en bloc bei ihrem Lebensgefährten in der Schweiz genehmigt.

Meist dürften allerdings mildere Mittel als das Weisungsrecht sinnvoller sein: Ein Gespräch mit dem Mitarbeiter oder Quoten für den Übergang, die regeln, wie hoch der Anteil der Arbeitnehmer vor Ort sein soll. So lässt sich verhindern, dass alle gleichzeitig zurückkehren müssen. Diese Lösungen helfen auch im umgekehrten Fall: Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise darauf besteht, ganz oder tageweise in den Betrieb zurückzukehren, der Betrieb aber während der Corona-Krise die Büroflächen reduziert hat.

Damit es erst gar nicht zum Streit vor Gericht kommt und die Regelungen rechtssicher gestaltet sind, sollten HR Manager einen Passus in den Arbeitsvertrag aufnehmen, wie die mobile oder hybride Arbeit konkret gestaltet werden soll. Bei bestehenden Arbeitsverträgen sind entsprechende Zusatzvereinbarungen sinnvoll.

3. Betriebsvereinbarung reicht nicht

In Unternehmen mit Betriebsrat ist grundsätzlich eine Betriebsvereinbarung zu mobiler oder hybrider Arbeit ratsam. Nach dem neuen Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG kann der Betriebsrat diese sogar mit Blick auf das „wie“ mobiler Arbeit verlangen, beispielsweise um die Arbeitszeit, Erreichbarkeit der Mitarbeiter*innen und technische Ausstattungen zu regeln.

Vorreiter verabschieden sich bereits von konkreten Prozent- und Stundenvorgaben für mobiles Arbeiten und machen sich auf den Weg von einer Anwesenheits- zu einer Ergebniskultur mit Vertrauensarbeitszeit auch unterhalb der Ebene der Geschäftsführer und Hauptabteilungsleiter. Aufgrund der Vielfalt der klärungsbedürftigen Fragen reicht eine Betriebsvereinbarung allein jedoch nicht aus, sondern es bedarf zusätzlich der konkreten Ausgestaltung im Arbeitsvertrag.

4. Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz gelten auch im Homeoffice

Der Trend geht zwar zu mehr Freiheit bei der Wahl von Arbeitszeit und -ort, nichtsdestotrotz gelten Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz fort: So ist ewa die Höchstarbeitszeit einzuhalten und die Arbeitszeiten sind zu erfassen. Wie wir bereits berichtet haben, arbeitet das Bundesarbeitsministerium gerade an einem Gesetzentwurf zur digitalen Arbeitszeiterfassung. Laut Arbeitsstättenverordnung sind zudem gefährdungssenkende Maßnahmen notwendig, um beispielsweise Rückenbeschwerden oder muskulären Verspannungen vorzubeugen.

Ob Arbeitnehmer*innen von zu Hause oder gar aus dem Ausland arbeiten können, bestimmt allein der Arbeitgeber. Doch dürfte es für das Betriebsklima besser sein, wenn Arbeitgeber nicht auf ihre Rechte pochen, sondern Übergangsregelungen für die Rückkehr aus dem Homeoffice ermöglichen. Damit langfristig Konflikte erst gar nicht entstehen, sollten HR Manager die Rahmenbedingungen für mobiles oder hybrides Arbeiten in Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen klar und rechtssicher regeln.