Insolvenz ist nicht das Ende.

 Die wichtigsten Fragen und Antworten für Unternehmen in der Krise.

Insolvenz ist nicht das Ende. Die wichtigsten Fragen und Antworten für Unternehmen in der Krise.

Das Insolvenzrecht ist wieder in Kraft gesetzt. Die wenigen noch geltenden pandemiebedingten Ausnahmetatbestände gelten seit dem 01.05.2021 nicht mehr. Jetzt droht vielen Unternehmen aufgrund der Covid-Pandemie die Insolvenz.

Aufgrund der Covid-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten zu sein, ist keine Schande. Was ist jetzt zu tun, wenn das eigene Unternehmen in Schieflage geraten ist? Wir geben einen kurzen Überblick darüber, welche Insolvenzverfahren es gibt, wie sie ablaufen und was genau eine Insolvenzverschleppung eigentlich ist.

Was ist überhaupt eine Insolvenz?

Eine Insolvenz stellt für jeden eine harte Probe dar. Das gilt für Private wie für Unternehmer und ihre Angestellten, aber auch für Geschäftspartner, die auf ihren offenen Rechnungen sitzenbleiben. Doch ein Insolvenzverfahren muss nicht das Ende sein – muss nicht gleich das Schlimmste bedeuten. Im Gegensatz zur Liquidation, die immer eine vollständige Auflösung des Unternehmens zur Folge hat, besteht bei einem Insolvenzverfahren die Möglichkeit, das Unternehmen bzw. den Schuldner zu sanieren.

Der Begriff Insolvenz leitet sich von dem lateinischen Wort solvere („zahlen“) ab. Er bezeichnet den Zustand eines Unternehmens oder einer Privatperson, ausstehende Zahlungen nicht mehr begleichen zu können. Das passiert, wenn die Ausgaben nicht mehr durch die Einnahmen gedeckt werden können.

Die Insolvenz ist die akute oder drohende Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens oder einer Privatperson. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Schulden oder Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern aktuell oder in absehbarer Zukunft nicht mehr beglichen werden können.

Wenn Unternehmen oder Privatpersonen zahlungsunfähig sind, müssen sie Insolvenz beantragen. Auch eine Überschuldung kann zu einer Insolvenz führen. Dieser Fall tritt ein, wenn die offenen Forderungen höher als das vorhandene Vermögen sind.

Was bedeutet „Insolvenzverschleppung“?

Die Insolvenzverschleppung ist eine empfindliche Folge sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich. Sie tritt ein, wenn nicht rechtzeitig die Insolvenz angemeldet wurde. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit müssen Unternehmen innerhalb von drei Wochen zwingend Insolvenz anmelden, für den Fall der Überschuldung gilt nach neuem Recht eine Frist von sechs Wochen. Wird nicht rechtzeitig Insolvenz angemeldet, spricht man von einer Insolvenzverschleppung. Dann droht eine Höchststrafe von bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe.

Übersicht über die unterschiedlichen Insolvenzverfahren

Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die Befreiung von Schulden. Dabei soll das noch vorhandene Vermögen eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Schuldners liquidiert und der Erlös verteilt werden.

Regelinsolvenz

Ist der Schuldner ein Unternehmen, Selbständiger oder Verein, muss eine sogenannte Regelinsolvenz durchlaufen werden. Es ist das Standardverfahren für Unternehmen und Menschen, die aktuell selbständig sind oder es früher waren. Sie müssen zudem 20 oder mehr Gläubiger oder offene Forderungen aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern haben.

Ehemals Selbständigen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren dann eröffnet, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Von Überschaubarkeit spricht man, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger, also maximal 19 Gläubiger hat. Zu den Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere die Forderungen der Sozialversicherungsträger (z.B. Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge, Lohnforderungen von Angestellten) und Finanzämter (Lohnsteuer) sowie Berufsgenossenschaften.

Verbraucherinsolvenz

Diese Insolvenz wird auch „Privatinsolvenz“ genannt. Dieses Verfahren wird bei Schuldnern angewandt, die nie selbständig waren oder früher selbständig waren, weniger als 20 Gläubiger und keine offenen Forderungen aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern haben. Im Regelfall dauert eine Verbraucherinsolvenz drei Jahre.

Insolvenz in Eigenverwaltung

Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist nach der Insolvenzordnung die Möglichkeit eines Schuldners, die Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters zu verwalten und über sie zu verfügen. Der eigenverwaltende Schuldner wird zum Insolvenzverwalter in eigener Sache.

Bei diesem Verfahren bleibt die Kontrolle über das Unternehmen bei der Geschäftsführung. Ziel ist die Sanierung des Unternehmens.

EXKURS: Außerinsolvenzrechtliche Eigenverwaltung

Durch die Einführung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ist erstmals ein außerinsolvenzrechtliches Sanierungsverfahren möglich. Dieses Gesetz arbeitet mit fast vergleichbaren Instrumenten der insolvenzrechtlichen Eigenverwaltung, aber eben außerhalb der Insolvenz.

Schutzschirmverfahren

Ziel des Schutzschirmverfahrens ist die Vorbereitung einer Sanierung bei drohender Zahlungsunfähigkeit. Hierbei schlüpft das Unternehmen unter einen rechtlichen „Schutzschirm“ und ist zunächst vor einem Zugriff seiner Gläubiger geschützt. Ähnlich wie bei der Insolvenz in Eigenverwaltung behält die Geschäftsführung die Kontrolle über das Unternehmen.

Insolvenzplanverfahren

Mit einem Insolvenzplan kann abweichend von den sonstigen Regeln der Insolvenzordnung eine Umgestaltung eines insolventen Unternehmens durchgeführt werden. Der Insolvenzplan soll die Möglichkeit eröffnen, eine Insolvenz einvernehmlich und durch den Schuldner oder Gläubiger gesteuert abzuwickeln. Die Ausgestaltungen hierzu sind vielfältig. Das Insolvenzverfahren kann u.a. der übertragenden Sanierung oder der Liquidation des Unternehmens dienen. Im Gegensatz zur übertragenden Sanierung bleibt der alte Unternehmensträger bei der Sanierung durch einen Insolvenzplan erhalten und wird fortgeführt.

Nachlassinsolvenzverfahren

Wenn der Schuldner stirbt, wird ein sogenanntes Nachlassinsolvenzverfahren durchgeführt. Hier wird die Haftung der Erben auf den Nachlass beschränkt.

Ablauf eines Insolvenzverfahrens

1, Insolvenzantrag
Antragsteller eines Insolvenzverfahrens können nur der Schuldner selbst („Eigenantrag“) oder ein Gläubiger („Fremdantrag“) sein. Der Antrag muss sich auf einen Insolvenzgrund stützen (Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung, für den Schuldner selbst auch der Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit).

2. Ggf. Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses
Das Gesetz unterscheidet diverse Voraussetzungen für die Einsetzung eines Gläubigerausschusses (in der Regel größere Verfahren). Die Voraussetzungen sind aber auch in das Ermessen des Insolvenzgerichts gestellt. Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist immer dann sinnvoll, wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt ist.

3. Gutachtenphase
Nach Eingang des Insolvenzantrages prüft das Insolvenzgericht die Zulässigkeit des Antrages. Sofern die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind, prüft das Gericht die Eröffnungsfähigkeit. Eröffnungsfähig ist ein Verfahren dann, wenn ein nachgewiesener Insolvenzgrund besteht und die Verfahrenskosten gedeckt sind.

4. Vorläufige Insolvenzverwaltung
Neben einem Gutachtenauftrag hat das Gericht auch die Möglichkeit, Maßnahmen zur Sicherung der Insolvenzmasse anzuordnen. Typischerweise wird das Gericht in diesen Fällen einen sogenannten vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter hat grundsätzlich dafür zu sorgen, dass das Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführt wird.

5. Insolvenzeröffnung
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren durch Beschluss. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über. Rechtshängige Verfahren bei Gericht werden kraft Gesetzes unterbrochen. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet der Insolvenzverwalter Masseverbindlichkeiten. Das sind Verbindlichkeiten wie die Kosten des Insolvenzverfahrens sowie Vergütungen und Auslagen des Insolvenzverwalters sowie der übrigen Gläubiger. Auch der Lohn zählt dazu, sofern Arbeitnehmer weiter im insolventen Unternehmen beschäftigt sind. Löst der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis auf, so gehören auch Abfindungen zu einer solchen Verbindlichkeit.

6. Berichtstermin
Im Falle der Verfahrenseröffnung ist der Berichtstermin (sogenannte Gläubigerversammlung) entscheidend für den weiteren Fortgang des Verfahrens. Der Insolvenzverwalter berichtet in diesem Termin über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen. Zugleich hat er darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden.

7. Prüfungstermin
Im Prüfungstermin gibt der Insolvenzverwalter die Tabellenerklärungen zu den angemeldeten Forderungen gegenüber dem Gericht ab.

Abwicklungsphase

Während der Abwicklungsphase setzt der Insolvenzverwalter die Beschlüsse der Gläubigerversammlung um, verwertet das vorhandene Vermögen und bereinigt die Insolvenztabelle. Je nach Verfahrensgröße und den konkreten Umständen kann diese Phase einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen.

Schlussbericht und Schlusstermin

Nachdem sämtliche Vermögensgegenstände verwertet und alle angemeldeten Forderungen abschließend geprüft sind, reicht der Insolvenzverwalter einen Schlussbericht und die Schlussrechnungslegung beim Insolvenzgericht ein.

Verteilung

Nach dem Schlusstermin bewilligt das Insolvenzgericht die Schlussverteilung nach dem eingereichten Verteilungsverzeichnis, soweit keine Einwände erhoben werden.

Aufhebung

Nach erfolgter Verteilung der Insolvenzmasse hebt das Insolvenzgericht das Verfahren auf. Bei Unternehmen ist damit das Insolvenzverfahren beendet. Lediglich bei Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen schließt sich die Wohlverhaltensperiode an.

Restschuldbefreiung

An die Einstellung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer natürlichen Person kann das Restschuldbefreiungsverfahren folgen. Nach Erteilung der Restschuldbefreiung wird der Schuldner von sämtlichen vor Verfahrenseröffnung begründeten Verbindlichkeiten befreit.

Nach Ablauf der sogenannten Wohlverhaltensperiode entscheidet das Gericht, ob endgültig die Restschuldbefreiung erteilt wird oder nicht.

Bei allen Fragen rund um Krise, Sanierung und Insolvenz stehen wir zur Seite. Wir sind ein Team erfahrener und routinierter Anwält:innen mit Empathie für Unternehmen in der Krise und Privatpersonen, die wirtschaftlich in Not geraten sind. Sprechen Sie uns an.