Im entschiedenen Fall hatte die Arbeitgeberin zunächst anlässlich einer Betriebsschließung betriebsbedingte Kündigungen gegenüber der Belegschaft ausgesprochen, die wegen Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige durch das Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wurden. Die Arbeitgeberin hatte dem Betriebsrat nicht alle zweckdienlichen Auskünfte nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erteilt und dies gegenüber der Agentur für Arbeit unzutreffend dargestellt. Die Arbeitgeberin wiederholte daraufhin das Konsultationsverfahren und unterrichtete den Betriebsrat über die relevanten Umstände der Massenentlassung gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG per Telefax. Das Unternehmen reichte erneut Massenentlassungsanzeige ein und kündigte hilfsweise erneut die Arbeitsverhältnisse.
Das BAG entschied, dass die zweite Massenentlassungsanzeige wirksam war – und damit auch die Kündigungen. Insbesondere genügten die lediglich per Telefax an den Betriebsrat übermittelten Informationen den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Die Einhaltung der Textform gem. § 126 b BGB ist ausreichend. Das BAG begründet dies damit, dass weder die Arbeitgeberin vor überhastetem Handeln noch der Betriebsrat vor eventuell gefälschten Schreiben geschützt werden müsse. Es sei letztlich das Risiko der Arbeitgeberin, den Nachweis über die Information des Betriebsrats erbringen zu können. Die Einhaltung der Schriftform des § 126 BGB bei der Unterrichtung des Betriebsrats gem. § 17 Abs. 2 KSchG sei demgegenüber, so das BAG, unangemessen und verkehrserschwerend.
Weiter befasste sich das BAG dann mit der zeitlichen Länge des Konsultationsverfahrens. Das ist für die Praxis der Massenentlassung noch wichtiger als die jetzt zulässige Textform: Das Gericht verdeutlicht, dass es keinen Einigungszwang im Konsultationsverfahren gibt und auch keine Mindestdauer der Verhandlung mit dem Betriebsrat.
Empfehlungen für die Praxis:
Mit dieser Entscheidung sind die Formalien der Massenentlassungsanzeige weiter geklärt. Bislang mussten Unternehmen sicherheitshalber bei der Unterrichtung des Betriebsrats die strenge Schriftform des § 126 BGB einhalten. Erst vor wenigen Monaten hatte der 6. Senat des BAG die Frage, ob die Formvorgaben auch ohne die „strenge“ Schriftform eingehalten sind, noch offengelassen. Jetzt gleicht das BAG die formellen Anforderungen der Kommunikation mit dem Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens an die Anforderungen an, die für die Mitwirkung des Betriebsrats im BetrVG längst anerkannt sind, nämlich bei Einstellungen/Versetzungen (§ 99 BetrVG) und Kündigungen (§ 102 BetrVG). Unabhängig von diesem Formerfordernis ist es in der konkreten Verhandlungssituation im Konsultationsverfahren oft schwierig zu entscheiden, wie lange denn eigentlich mit dem Betriebsrat verhandelt werden muss. Verhandlungsstarke Betriebsräte streuen manchmal bewusst Unsicherheit und erwähnen dann gegenüber Arbeitgebervertretern bedeutungsschwer die katastrophalen Konsequenzen von Fehlern im Konsultationsverfahren (Unwirksamkeit aller Kündigungen). Hier liefert die neue BAG-Rechtsprechung jetzt Gegenargumente. Unternehmen haben nach dem Urteil einen Beurteilungsspielraum, wann der Beratungsanspruch des Betriebsrats erfüllt ist. Voraussetzung des Erfolgs bei Massenentlassung ist aber nach wie vor, dass alle nötigen Informationen an den Betriebsrat weitergegeben werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Vorsicht ist immer noch geboten: Die Vereinfachungen im Konsultationsverfahren ändern nichts daran, dass bei Fehlern die Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß ist und nachfolgend ausgesprochene Kündigungen unwirksam sind.