Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz betreffend einer Rettungsdienstvergabe wegen Unzuständigkeit abgelehnt (Beschl. v. 16.05.2019 – 6 B 46/19). Mit diesem Beschluss setzt sich das Verwaltungsgericht in offenen Widerspruch zur Rechtsansicht der Vergabekammer Niedersachsen in derselben Rechtssache (siehe Newsletter: Bereichsausnahme Rettungsdienst in Niedersachsen grundsätzlich anwendbar).
Sachverhalt
Der Auftraggeber führte ein offenes Kartellvergabeverfahren mit europaweiter Bekanntmachung durch. Das Vergabeverfahren hatte sowohl Leistungen der Notfallrettung als auch des qualifizierten Krankentransports zum Gegenstand. Aufgrund der Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Bereichsausnahme, und weil vor Ort auch ein privater Unternehmer als Beauftragter im Rettungsdienst tätig war, entschied sich der Auftraggeber gegen die Anwendung der Bereichsausnahme. Der Wettbewerb stand folglich allen interessierten Unternehmen offen und wurde nicht auf gemeinnützige Organisationen oder Hilfsorganisationen begrenzt.
Der vor Ort tätige private Unternehmer wurde nicht für den Zuschlag vorgesehen und setzte sich gegen diese Entscheidung vor der Vergabekammer Niedersachsen zur Wehr. Die Vergabekammer erklärte sich für unzuständig und wies den Nachprüfungsantrag zurück (siehe VK Lüneburg Beschl. v. 22.01.2019 – VgK-01/2019).
Nach Vertragsschluss wendete sich nun ein anderer Bieter gegen die Zuschlagsentscheidung und stellte parallel einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer sowie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht.
Das Verwaltungsgericht erklärte sich für unzuständig und wies den Antrag zurück.
Begründung
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts lagen die Voraussetzungen der Bereichsausnahme nicht vor. Das VG Lüneburg schloss sich der Rechtsansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dessen Entscheidung vom 26.04.2019 (Az.: 12 C 19.621) an und entschied, dass die Bereichsausnahme nur dann eingreifen könne, wenn der Wettbewerb durch den Auftraggeber auf gemeinnützige Organisationen beschränkt werde. Denn nur in diesem Fall sei die vom EuGH für die Bereichsausnahme in der Rechtssache Falck ./. Solingen (siehe Newsletter: Bereichsausnahme Rettungsdienst) aufgestellte Begründung erfüllt, dass auf den besonderen Charakter der gemeinnützigen Organisationen durch die Beschränkung des Wettbewerbs Rücksicht genommen werde. Da vorliegend weder durch das NRettDG noch durch die Ausschreibung selbst eine Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen vorgegeben worden sei, greife die Bereichsausnahme nicht und das Vergabeverfahren unterfiele dem 4. Teil des GWB. In der Folge sei der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen eröffnet.
Fazit
Ob in Niedersachsen die Bereichsausnahme greift, hängt nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts von der Entscheidung des Trägers ab.
Entscheidet sich der Träger dazu, den Wettbewerb auf gemeinnützige Organisationen zu beschränken, ist ein verwaltungsrechtliches Auswahlverfahren außerhalb des GWB durchzuführen, für dessen Überprüfung die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist.