Derzeit auch keine Bereichsausnahme in NRW?

Derzeit auch keine Bereichsausnahme in NRW?, Insight von Rechtsanwalt Daniel Bens

Bereits seit längerem wird die Frage diskutiert, ob die Anwendung der „Bereichsausnahme Rettungsdienst“ gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung voraussetzt, welche die Beschränkung des Wettbewerbs auf gemeinnützige Organisationen erlaubt.

Für Bayern hatte die Vergabekammer Südbayern bereits am 14.02.2017 entschieden (Az. Z3-3-3194-1-54-12/16), dass die Regelung über die Einbindung Dritter in den öffentlichen Rettungsdienst des Art. 13 Abs. 1 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) es nicht zulasse, nur einen Wettbewerb unter den Hilfsorganisationen zu organisieren. Art. 13 Abs. 1 BayRDG eröffne den Wettbewerb auch für rein private Anbieter, so dass die Anwendung der Bereichsausnahme in Bayern nicht in Betracht komme. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsansicht obergerichtlich bestätigt (Beschl. v. 26.04.2019 – 12 C 19.621).

Im Juni letzten Jahres hatte sich dann auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in einem sogenannten obiter dictum dahingehend geäußert, dass in Niedersachsen das dortige Niedersächsische Rettungsdienstgesetz (NRettDG) von einer Gleichrangigkeit gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter ausginge (vgl. unseren Newsletter vom 24.06.2019). In der Folge könne wohl auch in Niedersachsen nicht von einer Anwendbarkeit der Bereichsausnahme ausgegangen werden.

Nun hat auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem laufenden Verfahren (Az. 29 K 8013/16) am 09.01.2020 einen Hinweis an die Beteiligten erteilt, nachdem das Gericht derzeit davon ausgehe, dass auch in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich kein Raum für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme bestehe. Nach § 13 Abs. 1 Rettungsgesetz (RettG NRW) kann der Träger die Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer übertragen, so dass auch in NRW grundsätzlich Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer gleichrangig nebeneinanderstünden. Die Bereichsausnahme setze aber eine alleinige Erbringung der Leistung durch gemeinnützige Organisationen voraus.

Hiermit weicht die nun befasste 29. Kammer des VG Düsseldorf von der bislang vertretenen Rechtsansicht der 7. Kammer ab. Diese hatte in einem Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit und damit auch die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme in NRW bejaht (Beschl. v. 15.09.2016 – 7 L 2411/16). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtslage hierzu weiterentwickelt.

Die Tendenz der Gerichte, dass es einer eindeutigen gesetzlichen Privilegierungsregelung in den Landesrettungsdienstgesetzen bedarf, scheint jedoch derzeit ungebrochen. Bislang haben die Bundesländer in Sachsen-Anhalt, Hessen, Brandenburg und Hamburg entsprechende Regelungen, nach denen gemeinnützige Organisationen entweder grundsätzlich beauftragt werden oder im Rahmen eines Wahlrechtes eine Bevorzugungsmöglichkeit besteht.

Ob sich diese Privilegierungsregelungen letztlich dann auch mit dem Verfassungsrecht vereinbaren lassen, wird letztlich durch ein Verfassungsgericht geklärt werden müssen.