OVG Lüneburg bestätigt Verwaltungsgericht und äußert sich zur Bereichsausnahme.

OVG Lüneburg bestätigt Verwaltungsgericht und äußert sich zur Bereichsausnahme, Insight Daniel Bens, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Die Bereichsausnahme Rettungsdienst ist jedenfalls nur bei Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen einschlägig. Das OVG äußert aber auch Zweifel an der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Bereichsausnahme in Niedersachsen, obwohl es die Entscheidung vorerst offen lässt.

Mit seiner Entscheidung vom 12.06.2019 bestätigt das OVG Niedersachsen den erstinstanzlichen Beschluss des VG Lüneburg vom 16.05.2019 (Bereichsausnahme nur bei Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen) und erklärt den Verwaltungsgerichtsweg für nicht eröffnet, wenn der Auftraggeber sich gegen die Anwendung der Bereichsausnahme entschließt (OVG Niedersachen, Beschl. v. 12.06.2019 – 13 ME 164/19).

Bestätigung des Verwaltungsgerichtes

Nach Ansicht des OVG Niedersachsen ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben, da der Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht auf gemeinnützige Organisationen beschränkt hat. In der Folge greife die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht, sodass die Vergabe dem 4. Teil des GWB und damit der Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen unterfiele.

Dass der Auftraggeber den Wettbewerb nicht auf Hilfsorganisationen bzw. gemeinnützige Organisationen beschränkt hat, steht nach Auffassung des OVG Niedersachsen auch im Einklang mit den Vorschriften des NRettDG.

Denn nach § 5 Abs. 1 NRettDG könne der Träger des Rettungsdienstes ganz allgemein Dritte mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragen. Als Beauftragte kommen demnach sowohl Hilfsorganisationen wie auch sonstige Krankentransportunternehmer in Betracht. Das NRettDG sehe weder eine Rangfolge für die Beauftragung noch eine konkrete Privilegierung von Hilfsorganisationen vor. Eine Privilegierung könnte allenfalls faktisch durch Rückgriff auf die Kriterien des § 5 Abs. 1 Satz 3 NRettDG, mithin die Bereitschaft zur Mitwirkung am Katastrophenschutz sowie zur Bewältigung von Großschadenslagen, möglich sein.

Von dieser Möglichkeit hat der Auftraggeber keinen Gebrauch gemacht, da er den Wettbewerb unterschiedslos für alle interessierten Unternehmen geöffnet hatte. Warum er sich zu diesem Vorgehen entschieden hat, sei nicht von Belang.

Bereichsausnahme in Niedersachsen

Bemerkenswert ist, dass sich das OVG Niedersachsen dann auch noch kurz mit der Frage auseinandersetzt, ob die Bereichsausnahme in Niedersachsen grundsätzlich überhaupt Anwendung finden kann.

Das OVG hat in diesem Zusammenhang Bedenken, da das NRettDG von der Gleichrangigkeit gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter ausgeht. Kommen diese Anbieter somit gleichrangig als Beauftragte für Rettungsdienstleistungen in Betracht, dann ist für die Anwendung der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB und die damit einhergehende Bevorzugung von gemeinnützigen Organisationen in Niedersachsen kein Raum:

„Damit ist die Anwendung der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB auf Ausschreibungen nach niedersächsischer Rechtslage grundsätzlich ausgeschlossen.“

Zur weiteren Begründung verweist das OVG Niedersachsen auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH) vom 26.04.2019 (Az.: 12 C 19.621), die sich ebenfalls mit der Frage des Rechtswegs bei nicht auf gemeinnützige Organisationen beschränkte Rettungsdienstvergaben auseinandersetzte. In der vom OVG Niedersachsen zitierten Randnummer weist der BayVerfGH darauf hin, dass die Prüfungskompetenz der Vergabekammern auch im Hinblick auf Art. 3 GG und Art. 13 BayRDG gegeben sei.

In dem Verweis auf diese konkrete Fundstelle könnte man somit einen Hinweis dahingehend sehen, dass auch das OVG Niedersachsen die Beschränkung des Wettbewerbs auf gemeinnützige Organisationen als unzulässige Diskriminierung der ausgeschlossenen privaten Unternehmer und damit als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bewertet.

Ob damit die ausdrückliche Beschränkung von Rettungsdienstvergaben auf gemeinnützige Organisationen überhaupt zulässig ist, hat das OVG Niedersachsen dann allerdings ausdrücklich offen gelassen, da es im vorliegenden Fall nicht darauf ankam. Schließlich hatte der Auftraggeber von der Bereichsausnahme ja gerade keinen Gebrauch gemacht.

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