Das OLG hat im Ergebnis den Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Hamburg verwiesen.
Das OLG hat sich in seinen Entscheidungsgründen im Wesentlichen an den Ausführungen der Vergabekammer orientiert:
107 Abs. 1 Nr. 4 GWB europarechtskonform auslegbar
So hält das OLG die Bereichsausnahmenregelung in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB für europarechtskonform auslegbar. Zwar habe der EuGH den letzten Halbsatz der Vorschrift für unvereinbar mit der Richtlinie 2014/24/EU erklärt, es aber ausdrücklich den nationalen Gerichten überlassen, „ob der als richtlinienwidrig beurteilte Verweis auf die bloße Anerkennung als Zivil- oder Katastrophenschutzorganisation im Einklang mit der Richtlinie ausgelegt werden könne“. Nach Ansicht des OLG bestehen gegen die Anwendung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GWB keine Bedenken, da sich dieser in der wörtlichen Wiederholung des Richtlinienwortlauts erschöpft.
Keine Verpflichtung aus dem europäischen Primärrecht
Weiter besteht nach dem OLG auch keine Verpflichtung zur Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens durch das europäische Primärrecht. Das OLG begründet dies damit, dass sich der Entscheidung des EuGH zur Frage der Vereinbarkeit der Bereichsausnahme zum Europarecht (Urteil v. 21.03.2019 – C-465/17) nichts dahingehend entnehmen ließe, dass der EUGH „die Durchführung eines richtlinienkonformen Vergabeverfahrens in jedem Fall auch schon aufgrund des europäischen Primärrechts für geboten hielte“.
Wahlrecht zwischen Bereichsausnahme und Kartellvergabeverfahren rechtmäßig
Das OLG bestätigt zudem auch die Zulässigkeit des nach Landesrecht eingeräumten Wahlrechts zwischen der Nutzung der Bereichsausnahme und einem Kartellvergabeverfahren.
Ausdrücklich offen lässt das OLG hier allerdings die von der Vergabekammer aufgeworfene Frage, ob der Landesgesetzgeber in Ansehung der bundesgesetzlichen Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB überhaupt dazu in der Lage sei, die Bereichsausnahme dadurch zu unterlaufen, dass die dort genannten Dienstleistungen von vornherein nicht auf gemeinnützige Organisationen beschränkt werden. Hierauf kam es in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht an, da das Landesrecht sowohl die Nutzung der Bereichsausnahme als auch die Durchführung eines Vergabeverfahrens nach dem 4. Teil des GWB zulasse.
Gegen diese landesrechtliche Regelung bestünden – auch im Hinblick auf die Richtlinie 2014/24/EU – keine durchgreifenden Bedenken.
Konkurrierende Bewerber außerhalb des Kreises der in § 14 Abs. 1 S. 2 HmbRDG genannten potentiellen Leistungserbringer seien zudem auch nicht rechtlos gestellt, da diese bzgl. der Überprüfung der Ausübung des dem Träger durch das Wahlrecht eingeräumten Ermessens die Verwaltungsgerichte anrufen könnten.
Wie geht es weiter?
Vor diesem Hintergrund hat das OLG den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Hamburg verwiesen. Es bleibt abzuwarten, ob letztlich im Verwaltungsrechtsweg die noch offenen Fragen zur angeblichen Verfassungswidrigkeit der Bereichsausnahmenregelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. des § 14 Abs. 1 HmbRDG abschließend geklärt werden.