Nutzung der Bereichsausnahme für Hamburg durch Vergabekammer bestätigt!

Bereichsausnahme Rettungsdienst in Niedersachen grundsätzlich anwendbar, Insight von Daniel Bens, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Mit Beschluss vom 12.02.2020 (Az.: VgK FB 1/20) hat die Vergabekammer Hamburg die Nutzung der Bereichsausnahme nach dem Hamburgischen Rettungsdienstgesetz (HmbRDG) für zulässig erachtet.

Rechtslage und Ausgangsachverhalt

Nach dem neu geschaffenen § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbRDG kann der Träger des Rettungsdienstes den Kreis der Leistungserbringer bei der Beauftragung mit Rettungsdienstleistungen auf gemeinnützige Organisationen im Sinne von § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, die darüber hinaus über eine Anerkennung im hamburgischen Katastrophenschutz verfügen, beschränken.

Von dieser Möglichkeit hatte die zuständige Behörde Gebrauch gemacht. In der Folge führte sie ein nationales verwaltungsrechtliches Auswahlverfahren durch. Als geeignet kamen für den Zuschlag von vornherein nur solche Bieter in Betracht, die zum einen den Nachweis erbringen konnten, dass sie die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit im Sinne von § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB (in europarechtskonformer Auslegung) vorlegen konnten. Zum anderen mussten die Bieter einen Nachweis darüber bringen, dass ihre Mitwirkung im Katastrophenschutz der Freien und Hansestadt Hamburg nach dem Hamburgischen Katastrophenschutzgesetz anerkannt ist.

Nachprüfungsantrag

Eine Bieterin machte vor der Vergabekammer geltend, dass die Nutzung der Bereichsausnahme und auch die Forderung nach einer Anerkennung im hamburgischen Katastrophenschutz rechtswidrig seien.

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurück. Die Zuständigkeit der Vergabekammer sei nicht gegeben, weil die Voraussetzungen der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfüllt seien. Eine Überprüfung der landesgesetzlichen Norm des § 14 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG auf Verfassungskonformität sei durch die Vergabekammer nicht angezeigt.

Nach Ansicht der Vergabekammer sieht § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbRDG ausdrücklich die Wahlmöglichkeit für den Auftraggeber vor, den Wettbewerb auf gemeinnützige Organisationen im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu beschränken. In der Folge unterscheide sich die hamburgische Rechtslage vollständig von der in Niedersachsen oder Bayern, wonach eine Gleichrangigkeit von privaten und gemeinnützigen Anbietern normiert sei.

Bemerkenswerterweise führt die Vergabekammer weiter aus, dass es auf die Frage, ob landesrechtliche Regelungen die Anwendbarkeit von bundesrechtlichen Bereichsausnahmen zulassen, zudem gar nicht ankomme. Es dürfe vielmehr umgekehrt verfassungswidrig sein, wenn die Länder die Bereichsausnahme dadurch unterlaufen, dass sie die Gleichrangigkeit gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter vorschreiben.

Im Übrigen läge auch kein Verstoß gegen das europäische Primärrecht oder die Grundrechte vor. Denn mit der Wertungsentscheidung des Richtliniengebers, gemeinnützigen Organisationen einen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass sie sich dem Wettbewerb gerade nicht stellen müssen, läge ein klar artikuliertes Ziel vor, das es zu akzeptieren gelte und welches nicht durch die Anwendung des Primärrechts in sein Gegenteil verkehrt werden dürfe.

Die Durchführung einer verfassungsrechtlichen Prüfung von § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbRDG lehnte die Vergabekammer zwar ab, weist jedoch abschließend darauf hin, dass sie in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit von § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB keine Zweifel habe.

Fazit

Mit der Entscheidung der Vergabekammer Hamburg besteht somit die Möglichkeit, dass die Bereichsausnahme für den Rettungsdienst durch die Träger angewendet werden kann.

Voraussetzung dürfte nach der Vergabekammer Hamburg insoweit „nur“ sein, dass das Landesrecht den Trägern die Nutzung der Bereichsausnahme ermöglicht. Somit sind letztlich die Landesgesetzgeber gefragt, die Gesetzgebung – soweit erforderlich – anzupassen und pro oder contra Bereichsausnahme zu gestalten.

Wie es weiter geht, bleibt in jedem Fall spannend. Das Verfahren dürfte auf jeden Fall in die zweite Runde vor dem OLG gehen. Denkbar ist auch, dass parallel der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten beschritten wird.

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