Vorstandsmitglieder wollten sich zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH bestellen
Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) kam ein Fall zur Verhandlung, in dem die drei Vorstandsmitglieder einer AG als Geschäftsführer einer 100%-igen Tochter-GmbH der AG bestellt werden sollten.
Jeweils zwei der drei Vorstandsmitglieder waren gemeinsam zur Vertretung der AG berechtigt. Gemeinsam bevollmächtigten zwei von ihnen einen Rechtsanwalt, die AG bei der Gründung einer oder mehrerer GmbHs und der Bestellung der GmbH-Geschäftsführer zu vertreten.
Von der Vollmacht machte der Anwalt Gebrauch: Er gründete im Namen der AG eine Tochter-GmbH und bestellte die drei Vorstandsmitglieder zu deren Geschäftsführern.
Das Registergericht hatte allerdings Zweifel an der rechtmäßigen Bestellung der zwei Geschäftsführer, die zuvor den Anwalt im Namen der AG bevollmächtigt hatten.
In einer Zwischenverfügung wurde deshalb die Eintragung der Gesellschaft davon abhängig gemacht, dass der Aufsichtsrat der AG den Bestellungsbeschluss für diese beiden Geschäftsführer genehmigt.
Außerdem verlangte das Registergericht die Vorlage einer Befreiung dieser beiden Vorstandsmitglieder vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 Alt. 1 BGB für ihre Bestellung zu Geschäftsführern der GmbH.
Mit diesen Anforderungen zeigte sich die Vor-GmbH nicht einverstanden und zog vor Gericht. Dort sollte geklärt werden, ob die Selbstbestellung zu Geschäftsführern der Tochter-GmbH unter das Selbstkontrahierungsverbot fällt und wer ggf. für die Genehmigung des Rechtsgeschäfts zuständig sei.
§181 Alt. 1 BGB – auch bei Handeln durch Bevollmächtigten
Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass das Selbstkontrahierungsverbot auch im Falle der Beschlussfassung über die Selbstbestellung zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft greift.
Damit bestätigte der BGH die Vorinstanz und stärkt die überwiegend zu diesem Thema vertretene Meinung. Demnach wäre eine Befreiung der beiden betroffenen Vorstandsmitglieder von der Beschränkung des § 181 Alt. 1 BGB notwendig gewesen.
Denkbar wäre eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot z.B. durch eine
- Regelung in der Satzung der AG,
- entsprechende Beschlussfassung des Aufsichtsrats oder
- Erklärung der Vorstandsmitglieder, die im konkreten Einzelfall vom Selbstkontrahierungsverbot nicht betroffen sind.
Wie eine solche Befreiung erfolgen muss, hatte der BGH in diesem Fall jedoch nicht zu entscheiden und daher offengelassen.
BGH bestätigt seine Rechtsprechung
Im Hinblick auf die für die Geschäftsführerbestellung erteilte Vollmacht bestätigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung: Es mache für die Anwendung von § 181 Alt. 1 BGB keinen Unterschied, ob die in der Vertretungsmacht beschränkten Personen sich unmittelbar selbst bestellen oder die Bestellung durch einen Bevollmächtigten erfolgt.
Damit hätte auch der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 Alt. 1 BGB befreit werden müssen.
Letztlich war im konkreten Fall der Bestellungsbeschluss des Vorstands schwebend unwirksam.
Wer kann unwirksamen Beschluss genehmigen?
Schließlich hatte das Gericht zu entscheiden, wer in dieser Konstellation den schwebend unwirksamen Beschluss genehmigen kann.
Gibt es neben den von § 181 Alt. 1 BGB betroffenen Vorstandsmitgliedern andere vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder, liege die Zuständigkeit bei diesen Vorstandsmitgliedern, nicht beim Aufsichtsrat. § 112 Satz 1 AktG sei auf die Bestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft nicht anwendbar.
Im Fall vor dem BGH war das dritte Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen zur Vertretung der AG berechtigt. Außerdem war dieses dritte Vorstandsmitglied weder an der Bevollmächtigung des Vertreters noch an der Beschlussfassung über die Bestellung beteiligt. Deshalb kam der BGH zum Ergebnis, dass das dritte Vorstandsmitglied hier den Bestellungsbeschluss gemeinsam mit einem Prokuristen genehmigen konnte.
Ob der Aufsichtsrat für die Genehmigung zuständig ist, wenn keine weiteren Vorstandsmitglieder vorhanden sind, konnte der BGH hier offenlassen.
Sofern innerhalb eines Konzerns Vorstandsmitglieder einer AG an ihrer eigenen Bestellung zu Geschäftsführern in Tochtergesellschaften mitwirken sollen, ist es zur Vermeidung von Unwirksamkeitsrisiken sinnvoll, die Maßnahme im Vorfeld rechtlich gründlich prüfen zu lassen. Ebenso sollten Unternehmen prüfen, ob bereits erfolgte Selbstbestellungen mit den Vorgaben des BGH im Einklang stehen und ggf. eine nachträgliche Genehmigung in Erwägung ziehen.