Regeln für die Entgeltabrechnung bzw. Entgeltbescheinigung
Welches Entgelt Mitarbeiter vom Arbeitgeber für geleistete Arbeit erhalten, legt der Arbeitsvertrag fest. Nicht selten ergänzen Tarifverträge etc. die arbeitsvertraglichen Entgeltregeln.
Und doch müssen Arbeitgeber Mitarbeitern nach § 108 GewO und nach Entgeltbescheinigungsvorordnung (EBV) in Textform eine genaue Aufstellung darüber geben, wie sich das Entgelt am Monatsende zusammensetzt.
Aber was genau genügt der gesetzlichen Anforderung an die Textform?
Rein mündlich reicht nicht, schriftlich in Papierform ist aber auch nicht mehr notwendig. „Digital“ reicht – grundsätzlich.
Wichtig ist nur, dass der Arbeitgeber im Nachhinein, gerade bei digitalen Dokumenten, nichts mehr an der Abrechnung verändern kann – weder zu seinem Vorteil noch zu seinem Nachteil –, sobald die Abrechnung dem Mitarbeiter zugegangen ist.
Der Zweck der Vorschrift leuchtet ein: Mitarbeiter sollen im Detail nachvollziehen können, wofür sie in welcher Höhe bezahlt werden und es soll mit der Zustellung Klarheit für alle Beteiligten herrschen.
Reicht der Abruf über ein cloudbasiertes Online-Mitarbeiter-Portal?
Wenn eine digitale Entgeltabrechnung der Textform-Erfordernis also genügen kann, ist es dann auch möglich, Mitarbeitern die persönliche Abrechnung über ein cloudbasiertes Mitarbeiterportal zur Verfügung zu stellen? Denn unterschiedliche HR-Tools, in denen Mitarbeiter auch andere Dinge wie z. B. Urlaubsanträge etc. erledigen können, geben diese Lösung her.
Das Problem: Arbeitgeber könne solche Portale ohne Weiteres nutzen, um Anträge, wie eben Urlaubsanträge von Arbeitnehmern, entgegenzunehmen. Aber Arbeitnehmern rechtswirksam Dinge über einen bloßen Abruf im Portal zustellen? Schwierig. Denn wann geht hier eine Erklärung wie die Entgeltabrechnung im rechtlichen Sinne des § 130 BGB zu?
Zustimmung zur Zustellung im Onlineportal notwendig?
In einem Fall vor dem LAG Niedersachsen ging es eben um die Frage: Ist es grundsätzlich möglich, dass eine Entgeltabrechnung dem Mitarbeiter zugestellt wird, wenn sie in einem personalisierten Bereich eines Online-Mitarbeiterbereichs hochgeladen wird und zum Abruf bereitsteht? Ist der Anspruch auf Entgeltabrechnung damit erfüllt?
Nein, entschied das LAG Niedersachsen im Einklang mit der Rechtsprechung des LAG Hamm aus dem Jahr 2021. Nur wenn der Mitarbeiter dieser Form der „Zustellung“ der Entgeltabrechnung ausdrücklich zugestimmt hat, können Arbeitgeber über solche Online-Portale die Entgeltabrechnung wirksam zustellen. Allein: Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass die Zustimmung auch nachweisbar ist …
Außerdem hält das Gericht ausdrücklich fest, dass eine Betriebsvereinbarung, die eine solche Zustellung der Abrechnung als rechtmäßig definiere, eine individuelle Zustimmung nicht ersetzen könne. Der Grund: Die Entgeltabrechnung unterliege schlichtweg nicht der Mitbestimmung.
Revision beim BAG anhängig
Das Urteil des LAG Niedersachsen ist allerdings zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags noch nicht rechtskräftig.
Die Revision ist aktuell noch beim Bundesarbeitsgericht (BAG) anhängig. Es bleibt also noch abzuwarten, ob sich das BAG für oder gegen eine Erleichterung der Entgeltabrechnung in digitalen Zeiten ausspricht oder weiter auf Papier abgerechnet werden muss.
Was wir für Sie tun können
Haben Sie Fragen zur digitalen Entgeltabrechnung und Gestaltungsmöglichkeiten, die nicht nur der Textform-Erfordernis, sondern auch Datenschutzanforderungen genügen? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Die Entgeltabrechnung vom Arbeitgeber an seine Mitarbeiter ist gesetzliche Pflicht.
- Für die Entgeltabrechnung ist die Textform vorgeschrieben, was eine digitale Abrechnung grundsätzlich möglich macht.
- Die „Zustellung“ der Entgeltabrechnung via Online-Mitarbeiterportal über einen passwortgeschützten, individuellen Zugang zum Portal ist nur möglich, wenn der konkrete Mitarbeiter dieser Form der Zustellung zugestimmt hat.