Betriebsratswahlen 2022: Ermittlung der gewählten Kandidaten.

 Jeder Kandidat muss gleiche Zugangschancen haben.

Das Wahlverfahren bei Betriebsratswahlen ist fehleranfällig. Welche Maßstäbe legt das Bundesarbeitsgericht an?

Jeder Kandidat für die Wahl des Betriebsrats muss gleiche Zugangschancen haben. Jede abgegebene Stimme muss das gleiche Gewicht haben. Findet die Betriebsratswahl aufgrund mehrerer Vorschlagslisten als Verhältniswahl statt, sieht die Wahlordnung für die Ermittlung der Sitzverteilung das d’Hondtsche Höchstzahlenverfahren vor. Dieses hat sich in der Praxis bewährt. Es berücksichtigt den Grundsatz der Gleichheit der Wahl und die Koalitionsfreiheit (BAG, Beschl. v. 22.11.2017 – 7 ABR 35/16).

Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlenverfahrens

Um den gewählten Wahlbewerber nach Auszählung der abgegebenen Stimmen nach dem d’Hondtschen Höchstzahlenverfahren zu ermitteln, werden die Stimmzahlen, die auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallen, der Reihe nach durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Auf diese Weise ergeben sich Höchstzahlen (sog. Teilzahlen), aus denen sich die Mandate ergeben. Die Bewerber sind gemäß der Liste in der vorgegebenen Reihenfolge zu berücksichtigen.

Die Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlenverfahrens veranschaulicht das folgende Beispiel: Im Betrieb (201 bis 400 Arbeitnehmer) ist ein neun-köpfiger Betriebsrat zu wählen. Es wurden drei Vorschlagslisten eingereicht. Es entfallen auf Liste A 210 Stimmen, auf Liste B 120 Stimmen und auf Liste C 38 Stimmen. Das d’Hondtsche Höchstzahlenverfahren führt zu folgender Verteilung der neun Sitze im Betriebsrat, wobei die Zahlen in den Klammern die Zuweisung des Sitzes bedeuten:

Liste AListe BListe Cgeteilt durch:
210 (1)120 (2)38 (9)1
105 (3)60 (5)192
70 (4)40 (8)12,673
52,5 (6)309,54
42 (7)247,65

 

Im Ergebnis sind von der
–Liste A die ersten 5 Kandidaten
–Liste B die ersten 3 Kandidaten
–Liste C der erste Kandidat
gewählt.

Enthält eine Vorschlagsliste weniger Bewerber, als ihr nach dem d’Hondtschen Höchstzahlenverfahren Sitze im Betriebsrat zustehen, gehen die überschüssigen Mitgliedersitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Vorschlagslisten über.
Dieses Verfahren der Sitzermittlung erfährt aber eine Unterbrechung, da das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, Anspruch auf mindestens so viele Sitze im Betriebsrat hat, wie es seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betrieb entspricht, § 15 Abs. 2 BetrVG.
Hierfür tritt an die Stelle der auf der Vorschlagsliste mit der niedrigsten Höchstzahl benannten Person, die nicht dem Geschlecht in der Minderheit angehört, die in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihr benannte, nicht berücksichtigte Person des Minderheitsgeschlechts. Enthält diese Vorschlagsliste keine Person des Geschlechts in der Minderheit, so geht dieser Sitz auf die Vorschlagsliste mit der folgenden, noch nicht berücksichtigten Höchstzahl und mit Angehörigen des Geschlechts in der Minderheit über. Dieses in § 15 Abs. 5 der Wahlordnung geregelte Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis der Mindestanteil der Sitze des Geschlechts in der Minderheit erreicht ist.

Das Wahlverfahren ist kompliziert und fehleranfällig. Das d’Hondtschen Höchstzahlenverfahren hilft dabei, rechtssicher die Betriebsratssitze zu bestimmen.