Attraktives Instrument für Recruiting und Mitarbeiterbindung
Wohnungsmangel und hohe Mieten führen dazu, dass Unternehmen seit einigen Jahren verstärkt Mitarbeiterwohnungen anbieten, um als attraktiver Arbeitgeber bei aktuellen und potentiellen Mitarbeiter*innen zu punkten. Das erspart Bewerbern nicht nur die teuere und zeitaufwendige Suche nach einem passenden Appartment, sondern begrenzt auch das Risiko, falls das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit endet. Oft müssen die Beschäftigten weniger als die ortsübliche Miete bezahlen, teilweise übernehmen Unternehmen diese sogar ganz. Vergeuden Arbeitnehmer keine Zeit für die Pendelei zur Arbeit, gewinnen sie mehr Freiraum für die Work-Life-Balance, was wiederum Motivation und Zufriedenheit steigert. Nicht nur große Unternehmen investieren in Mietimmobilien für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sondern auch Familienbetriebe, etwa für Saisonkräfte in Hotellerie und Gastronomie. Damit daraus ein Erfolgsmodell wird, müssen Arbeitgeber die rechtlichen und steuerlichen Stellschrauben passend ausrichten.
1. Werkmiet- oder Werkdienstwohnung?
Es gibt zwei Modelle mit unterschiedlichen rechtlichen Folgen in Miet- und Arbeitsvertrag.
- Die Werkmietwohnung wird laut § 576 BGB „mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisse vermietet“. Hier bestehen Arbeits- und Mietvertrag getrennt voneinander, was Flexibilität schafft: Der Fortbestand des Mietvertrags hängt nicht von der des Arbeitsverhältnisses ab. Beide Vereinbarungen lassen sich unabhängig voneinander kündigen, wobei für die Nutzung des Wohnraums die mietrechtlichen Vorschriften des BGB gelten. Sofern gewünscht, lässt sich die ordentliche Kündigung des Mietvertrags aber auch ausschließen, solange der Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt ist. Endet das Arbeitsverhältnis, kann der Vermieter gemäß § 576 Abs. 1 BGB mit verkürzten Fristen kündigen, wenn er die Wohnung für einen anderen Mitarbeiter braucht. Es ist unerheblich, ob der Arbeitgeber selbst oder in seinem Auftrag ein Dritter als Vermieter auftritt. Bei Zuweisung und Kündigung einer Werkmietwohnung besitzt der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Zuständig für Streitigkeiten, die eine Werkmietwohnung betreffen, sind die Amtsgerichte (BAG, Beschluss vom 02.11.1999, Az. 5 AZB 18/99).
- Die Werkdienstwohnung wird nach § 576 b BGB „im Rahmen eines Dienstverhältnisses“ überlassen. Die Vereinbarung zur Überlassung der Werkdienstwohnung wird unmittelbarer Bestandteil des Arbeitsvertrages. Das bedeutet: Überwiegend sind Vorschriften im Arbeitsrecht maßgeblich, weshalb bei Streit auch die Arbeitsgerichte anzurufen sind. Meist ist die Wohnung Teil der Vergütung und der Arbeitnehmer erhält sie, um seine Arbeitsleistung besser zu erfüllen. Beispiele sind Hausmeister, Pförtner, Sicherheitspersonal oder Arbeiter in der Landwirtschaft. Sobald das Arbeitsverhältnis endet, hat der Mitarbeiter kein Recht mehr, die Räume zu nutzen. Eine explizite Kündigung der Wohnung ist nicht notwendig und der Arbeitnehmer muss diese räumen. Allerdings gelten Ausnahmen, wenn er diese überwiegend selbst möbliert hat oder er dort zusammen mit seiner Familie wohnt. Nicht zu vergessen ist eine Regelung für den Renteneintritt des Arbeitnehmers.
Solange der Arbeitsvertrag fortbesteht, gilt für die Beendigung der Wohnraumnutzung das Arbeitsrecht: Der Arbeitgeber kann entweder im Arbeitsvertrag die Überlassung des Wohnraums auflösend bedingen oder zweckbefristen: Dadurch entfällt das Recht auf die Dienstwohnung, sobald er eine bestimmte Aufgabe nicht mehr wahrnimmt (LAG Hamm, Urteil vom 11.06.2012Az. 17 Sa 1100/11). Der Arbeitgeber kann sich im Vertrag einen Widerruf vorbehalten, der jedoch eines sachlichen Grundes bedarf und billigem Ermessen zu entsprechen hat. ( LAG Köln, Urteil vom 04.03.2008, Az. 11 Sa 582/07).
Bei Überlassung einer Werkdienstwohnung steht dem Betriebsrat grundsätzlich kein Mitbestimmungsrecht zu. Das gilt gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG jedoch nicht hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung für die Werkdienstwohnung. Zuständig für Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Werkdienstwohnung sind ausschließlich die Arbeitsgerichte.
2. Entscheidend für Arbeitgeber: Möglichkeit zur Kündigung der Wohnung
Ob Werkmiet- oder Werkdienstwohnung – beide Modelle eignen sich, um die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Wichtig ist die Unterschiedung vor allem mit Blick auf die Möglichkeiten, das Mietverhältnis zu beenden. In der Regel wollen Unternehmen vor allem sicherstellen, dass die Wohnung von aktuellen und nicht von früheren Mitarbeiter*innen genutzt wird.
Falls Arbeitgeber das Modell der Werkmietwohnung bevorzugen, aber den Arbeitnehmer dennoch zur Nutzung verpflichten wollen, ist auch das nach § 576 Abs. 1 Nr. 2 BGB möglich: Danach lässt sich eine Funktionsbindung vereinbaren, wenn die Tätigkeit es erfordert, dass der Arbeitnehmer nah am Betrieb wohnt.
3. Auf die Handhabung kommt es an
Maßgebliches Kriterium für die Unterscheidung zwischen Werkmiet- oder Werkdienstwohnung ist nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern die tatsächliche Handhabung der Arbeitsvertragsparteien.
Für eine Werkdienstwohnung spricht, wenn Arbeitsverhältnis und Überlassung des Wohnraums funktional verknüpft sind. Als Indiz hierfür gilt insbesondere: Der Arbeitnehmer bezahlt kein oder nur ein geringes Entgelt für die Nutzung. Oder er ist vertraglich verpflichtet, die Wohnung zu beziehen.
Bei einer Werkmietwohnung werden Miet- und Arbeitsverhältnis in zwei getrennten Verträgen geregelt.
4. Seit 2020 winken Steuervorteile – Bestandsverträge prüfen!
In steuerlicher Hinsicht hat das Jahressteuergesetz 2020 deutliche Verbesserungen gebracht: Während vergünstigte Werkswohnungen zuvor meist als geldwerter Vorteil zu versteuern und Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen waren, gibt es jetzt finanzielle Erleichterungen unter zwei Voraussetzungen:
- Der Arbeitgeber verlangt mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete und
- der Quadratmeterpreis liegt nicht über 25 Euro.
5. Ganzheitlicher Ansatz inklusive rechtlicher und steuerlicher Aspekte
Doch Vorsicht: Die Höhe der Miete spielt auch eine Rolle, wenn der Arbeitgeber Anschaffungskosten für eine Mitarbeiterwohnung steuerlich geltend machen will. Das Angebot von Mitarbeiterwohnungen bedarf also eines ganzheitlichen, rechtlichen und steuerlichen Konzepts, in dem unter anderem Fragen zu beantworten sind wie: Ist es vorteilhafter, die Wonungen durch das Unternehmen oder in das Privateigentum des Arbeitgebers zu übernehmen? Können sich im Rahmen der Unternehmensnachfolge oder im Falle der Insolvenz Probleme ergeben?
Angesichts der Wohnungsnot steigern Mitarbeiterwohnungen zweifellos die Attraktivität als Arbeitgeber, zumal sich die steuerlichen Konditionen verbessert haben. Allerdings sollte der Arbeitgeber Mietverträge über Mitarbeiterwohnungen einem regelmäßigen Checkup unterziehen: Liegen die Voraussetzungen für die Steuervorteile mit Blick auf die ortsübliche Miete noch vor? Bei Neuverträgen ist darauf zu achten, dass die überlassene Werkmiet- oder Werkdienstwohnung bei Ausscheiden eines Mitarbeiters kurzfristig kündbar ist.