Faktisches Aufteilungsverbot in Berlin und anderen Ballungsgebieten mit „aufgeheiztem Wohnungsmarkt“?

 Referentenentwurf sieht Verabschiedung des Gesetzes nach der Sommerpause vor.

Faktisches Aufteilungsverbot in Berlin und anderen Ballungsgebieten mit „aufgeheiztem Wohnungsmarkt“?

In seinem Streben, das Bauplanungsrecht weiter zu verbessern, hat das Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat zwischenzeitlich einen Referentenentwurf vorgelegt. Der Entwurf baut auf den Empfehlungen der Kommission für „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ auf. Sollte er so umgesetzt werden, wie aktuell vorgeschlagen, dürfte das erhebliche Auswirkungen auf alle gewerblich tätigen Immobiliengesellschaften sowie den hiesigen Immobilienmarkt im Allgemeinen haben.

Mit dem geplanten „Baulandmobilisierungsgesetz“ wird unter anderem ein neuer Paragraf im Baugesetzbuch (BauGB) geschaffen, der es den Gemeinden ermöglicht – ähnlich wie bei der „Mietpreisbremse“ und dem Milieuschutz – Gebiete zu bestimmen, in denen eine Aufteilung von Bestandsgebäuden nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) unter einen gesetzlichen verankerten Genehmigungsvorbehalt gestellt wird.

Die aktuelle Fassung der geplanten Vorschrift finden Sie hier:

„§ 250 BauGB-E Bildung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten

(1) Sofern die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind, bedarf bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes der Genehmigung. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Gebiete nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von [jeweils] höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

(2) Zuständig für die Genehmigung ist die von der Landesregierung bestimmte Stelle.

(3) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

  • das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienan gehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
  • auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder
  • ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist.
  • Die Genehmigung nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 darf erst erteilt werden, wenn abgesehen von der Eintragung in das Grundbuch alle Voraussetzungen für die beabsichtigte Rechtsänderung gemäß Absatz 6 Satz 1 unwiderruflich erfüllt sind.

(4) Im Übrigen darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen erforderlich ist. Unter der Voraussetzung von Satz 1 kann die Genehmigung mit einer Auflage erteilt werden.

(5) Bei einem Grundstück, das im Geltungsbereich einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 2 liegt, darf das Grundbuchamt die Eintragungen in das Grundbuch nur vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid beim Grundbuchamt eingegangen ist. Ist dennoch eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen worden, kann die für die Genehmigung zuständige Stelle das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs ersuchen; § 53 Absatz 1 der Grundbuchordnung bleibt unberührt. Der Widerspruch ist zu löschen, wenn die für die Genehmigung zuständige Stelle darum ersucht oder die Genehmigung erteilt ist.

(6) Der Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf ferner

  • die Begründung der in den §§ 30 und 31 des Wohnungseigentumsgesetzes bezeichneten Rechte,
  • die Begründung von Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden, wenn zugleich nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Grundbuch als Belastung eingetragen werden soll, dass Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, sowie
  • bei bestehendem Bruchteilseigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Grundstücken mit Wohngebäuden eine im Grundbuch als Belastung einzutragende Regelung nach § 1010 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist.

Die Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 gelten sinngemäß.“]

 


Faktisch
führt dies – zumindest in Berlin und anderen Ballungszentren mit aufgeheiztem Wohnungsmarkt – dazu, dass mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes und dem wohl erwartbaren Mitwirken zumindest der Berliner Politik fast keine Aufteilungen nach dem WEG mehr vorgenommen werden können, erst recht nicht gewerbliche Aufteilungen.

Zwar sieht die geplante Vorschrift vor, dass unter sehr engen Voraussetzungen die Genehmigung für die Aufteilung zu erteilen ist (sogenannte „Ermessensreduzierung auf Null“, z. B. bei Erbengemeinschaften), jedoch dürften diese Voraussetzungen für die gewerblichen Aufteiler nach der gegenwärtig gelebten Praxis nahezu unmöglich zu bewirken sein.

Was sind die Folgen?

Das Gesetz soll nicht zurückwirken. Sollte es nach der Sommerpause verabschiedet werden, also nach dem August 2020, ist zu erwarten, dass es in den nächsten Wochen noch hektischer am Immobilienmarkt in den deutschen Ballungszentren zugehen wird. Kurzfristige Investitionen in Bestandsgebäude zur Erweiterung des eigenen Portfolios scheinen denkbar und unter bestimmten Bedingungen nachvollziehbar.

Jedem gewerblichen Aufteiler muss jedoch klar sein, dass der reine Erwerb der Immobilie wirtschaftlich unter Umständen sogar nach hinten losgehen kann, sofern nicht sichergestellt ist, dass die Aufteilung nach WEG vor Inkrafttreten des Gesetzes beurkundet und der Antrag auf Teilung beim zuständigen Grundbuchamt gestellt ist. Nur so hat man die Chance, dass das neue Gesetz nicht greift, auch wenn die eigentliche Eintragung der Teilung im Grundbuch unter Umständen wesentlich später erfolgt. Entsprechend hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in der Vergangenheit bei ähnlichen Fällen zum Milieuschutz entschieden. Die rechtlichen Bewertungsmaßstäbe sind voraussichtlich ähnlich. Besonderheiten für die Bestimmung des Stichtages gibt es möglicherweise in bereits ausgewiesenen Milieuschutzgebieten. Dort ist eine Genehmigung nach § 172 BauGB bereits heute erforderlich. Wie sich das auf die Fristenkette auswirkt, wissen wir noch nicht.

Alles, was nach Inkrafttreten des Gesetzes folgt, lässt sich bestenfalls als „das ungewisse Dunkel“ bezeichnen. Vor allem in Bezug auf die Frage, ob durch diese Maßnahme die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum maßgeblich gefördert wird, ist vieles unklar. Zumindest darf die Frage gestellt werden, ob hierdurch bezahlbarer Wohnraum „geschaffen“ wird (und zwar im wörtlichen Sinn). 

Was also ist zu tun?

Aufgrund dieser unklaren Aussichten ist zu empfehlen, im Portfolio befindliche Bestandsgebäude, auch wenn sie vielleicht noch gar nicht für den Vertrieb vorgesehen sind, noch schnellstmöglich grundbuchlich aufzuteilen. So hat man zumindest auch in Zukunft die Flexibilität, aus diesen Bestandsgebäuden einzelne Eigentumswohnungen verkaufen zu können. Nach Inkrafttreten des Gesetzes dürfte genau dieser Vorgang erheblich erschwert werden.

Unsere Experten im multilingualen Berliner Notariat von BUSE beraten und unterstützen Sie bei der – ggfs. auch sehr kurzfristigen – Erstellung von zukunfts- und rechtsicheren Teilungserklärungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz und deren Eintragung im Grundbuch. Sprechen Sie uns an.

Anhand des vorgelegten Referentenentwurfs lässt sich unschwer der politische Wandel erkennen, den der Gesetzgeber in den letzten Jahren vollzogen hat. Als das WEG im Jahr 1951 neu geschaffen wurde war die Ausgangslage – zumindest aus subjektiver Sicht seinerzeit – vergleichbar mit der heutigen Situation am Wohnungsmarkt:

Es fehlte nach dem Krieg an bezahlbarem Wohnraum für die breite Schicht der Bevölkerung. Damals wollte der Gesetzgeber das Problem damit lösen, möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, Eigentum zu bilden, um langfristig niedrige Wohnkosten zu gewährleisten. Die Folge war die Einführung des Wohnungseigentumsgesetzes (Budesdrucksache). Es war ein Finanzierungsinstrument, um Wohnraum zu schaffen.

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf macht der Gesetzgeber offenbar eine Kehrtwende und verfolgt einen gänzlich gegenteiligen Ansatz. Wohnungseigentum für Privathaushalte zu schaffen wird wieder erschwert. Berlin hat mit 17,4 % im deutschlandweiten Vergleich die niedrigste Eigentümerquote (Stand Statistik aus 2018).