Variable Vergütung & Zielvorgaben
Variable Lohnbestandteile sind in bestimmten Branchen bzw. Positionen ein gern gewähltes Mittel, um Leistungsanreize zu setzen: Wer besser performt, bekommt mehr Geld.
Dabei unterscheiden sich Zielvorgaben und Zielvereinbarungen dem Grunde nach, im Ergebnis aber kaum. Bei Zielvorgaben legt der Arbeitgeber das zu erreichende Ziel im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts einseitig fest. Bei einer Zielvereinbarung einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über das Ziel.
Die Auszahlung des variablen Teils der Vergütung hängt dann in beiden Fällen davon ab, ob bzw. zu wie viel Prozent das definierte Ziel vom Arbeitnehmer erreicht wurde.
Arbeitgeber sollten dabei im Blick behalten, dass die Ziele realistisch bleiben. Ist das nicht der Fall, kann der Arbeitnehmer bei unerreichbaren Zielen 100 % der variablen Vergütung verlangen, weil die Zielvorgaben bzw. -vereinbarungen unwirksam waren.
Arbeitgeber sollten außerdem im Blick behalten: Variable Lohnbestandteile sind auch im Zusammenhang mit Entgeltdiskriminierung relevant. Dazu unser Beitrag „Boni und variable Gehälter: Falle bei der Entgeltdiskriminierung?“.
Zielvorgaben – zu spät wird teuer
Im Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln ging es um den Zeitpunkt, zu dem ein Arbeitgeber eine Zielvorgabe konkret festlegte.
Zwischen dem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer mit Führungsverantwortung waren fester und variabler Lohn vereinbart. Immerhin 50 % der Summe des festen vereinbarten Lohns sollten bei Erreichen der Zielvorgabe „on top“ gezahlt werden.
In einer Betriebsvereinbarung war dazu für das maßgebliche Jahr 2019 definiert: Zielvorgaben sind bis zum 01. März festzulegen. Der Arbeitgeber ließ sich allerdings deutlich mehr Zeit und gab konkrete Zahlen und Gewichtungen der Zielvorgabe erst Mitte Oktober 2019 bekannt.
Als der Mitarbeiter das Unternehmen im November 2019 verließ, zahlte der Arbeitgeber nur etwa 50 % der variablen Vergütung aus – gemessen an den mitgeteilten, erreichten Vorgaben.
Nicht begeistert davon klagte der Mann und forderte 100 % der variablen Vergütung. Die Vorgabe der Unternehmensziele sei wegen der späten Mitteilung unwirksam. Deswegen wolle er 100 % der vereinbarten variablen Vergütung als Schadensersatz.
Kein Anreiz mehr – Schadensersatz
Das Arbeitsgericht Köln folgte diesen Argumenten des Ex-Mitarbeiters nicht. Die späte Mitteilung habe die Zielerreichung nicht unmöglich gemacht.
Anders sah es allerdings das LAG Köln und berief sich dabei auf die Rechtsprechung des BAG zum Thema Zielvereinbarung.
Das wesentliche Argument: Eine Zielvorgabe erfülle ihre Anreizfunktion nur, wenn der Arbeitnehmer die vorgegebenen Ziele fest vor Augen habe, wenn er seine Arbeit ausführe.
Durch die viel zu späte Mitteilung konkreter Ziele – Mitte Oktober statt Anfang März 2019! – sei in Hinblick auf das Erreichen der Ziele Unmöglichkeit eingetreten. Nach Verstreichen von ¾ des relevanten Jahres könne die Zielvorgabe ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen. Deswegen sei sie zu behandeln, als habe es sie nicht gegeben.
Die Folge: Der Mitarbeiter konnte 100 % der vereinbarten variablen Vergütung als Schadensersatz geltend machen.
Was wir für Sie tun können
Haben Sie Fragen zum Thema Zielvorgaben und variablem Lohn? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Zielvorgaben des Arbeitgebers sind eine geeignete Grundlage für die Zahlung variabler Lohnbestandteile.
- Werden Zielvorgaben durch den Arbeitgeber nicht rechtzeitig gemacht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung in Form vor Schadensersatz, als hätte er die Ziele zu 100 % erreicht.
- Laut LAG Köln können nach Verstreichen von ¾ des Jahres Zielvorgaben ihre Anreizfunktion nicht erfüllen. Ob das BAG das bestätigt, bleibt noch abzuwarten.