Kündigung Schwerbehinderter auch in der Probezeit nicht ganz ohne.

 Präventionsverfahren können bei der Kündigung Schwerbehinderter zum Stolperstein werden.

Kündigung Schwerbehinderter auch in der Probezeit nicht ganz ohne.

Droht in einem Arbeitsverhältnis mit einem Schwerbehinderten eine Kündigung, sollten Arbeitgeber im Zweifel Präventionsmaßnahmen ergreifen. Das ist gilt auch in der Probezeit, urteilte das Arbeitsgericht (ArbG) Köln.

Beschäftigung Schwerbehinderter

Die Beschäftigung Schwerbehinderter ist für Arbeitgeber mit etlichen Pflichten und Rechten der Schwerbehinderten verbunden. Werden Schwerbehinderte beschäftigt, legt § 164 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) u. a. fest, dass Schwerbehinderte

  • nicht wegen ihrer Behinderung diskriminiert werden dürfen (Absatz 2) und
  • unterschiedliche Ansprüche gegen den Arbeitgeber haben, um ihre Aufgaben erfüllen zu können (Absatz 4).

Vor allem auch, wenn es um die Kündigung des Arbeitsverhältnisses geht, genießen Schwerbehinderte besonderen Schutz: So sind bei der Kündigung Schwerbehinderter frühzeitig Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung und meist auch das Integrationsamt zu beteiligen. Das gilt allerdings für die Probezeit nicht.

Präventionsmaßnahmen bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis

Und doch können bei der Kündigung Schwerbehinderter in der Probezeit Fehler passieren, die die Kündigung unwirksam machen.

So kann § 167 Abs. 1 SGB IX „Prävention“ zum rechtlichen Stolperstein werden. Die Vorschrift besagt, dass Arbeitgeber Präventionsmaßnahmen ergreifen müssen, wenn sich im Arbeitsverhältnis Schwierigkeiten zeigen, die das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gefährden. So sollen möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt eingeschaltet werden, um die Schwierigkeiten zu beseitigen.

Zwar sind Präventionsverfahren keine formelle Notwendigkeit für eine wirksame Kündigung. Im Einzelfall kann ihr Fehlen die Kündigung allerdings wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot (§ 164 Abs 2 SGB IX) unwirksam machen.

Schwierigkeiten während der Probezeit führten zur Kündigung

Vor dem Arbeitsgericht Köln ging es um die Kündigung eines zu 80 % schwerbehinderten Mitarbeiters in der Probezeit.

Bereits in der Probezeit erkannte der Arbeitgeber, dass die Zusammenarbeit nicht fruchten würde. Fristgerecht kündigte er deswegen dem schwerbehinderten Mitarbeiter. Personalrat, Schwerbehindertenvertretung und der Gleichstellungsbeauftragte hatten keine Einwände.

Mit der Kündigung war der Mitarbeiter allerdings nicht einverstanden und klagte: Die Kündigung verstoße gegen das Diskriminierungsverbot nach § 164 Abs. 2 SGB IX und sei deswegen unwirksam.

Keine Präventionsmaßnahmen – Diskriminierung?

Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln bestätigte die Argumentation des Mitarbeiters. Das Auslassen des Präventionsverfahrens in der Probezeit sei eine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung des Mannes – die Kündigung deswegen gemäß § 134 BGB i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unwirksam.

§ 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verbiete Arbeitgebern jede Benachteiligung schwerbehinderter Mitarbeiter wegen ihrer Behinderung. Eine solche Benachteiligung sei es auch, wenn keine Präventionsmaßnahmen eingeleitet würden. Denn eben dieses Verfahren diene dazu, spezifische Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Schwerbehinderten zu lösen, damit das Arbeitsverhältnis fortbestehen könne.

Aber gilt diese Argumentation auch für die Probezeit bzw. gesetzliche Wartezeit? Ja, urteilte das Arbeitsgericht Köln. Das gelte bei europarechtskonformer Auslegung der Norm auch in der Probezeit.

Die Kündigung in der Probezeit war aus diesem Grund unwirksam. Denn widerlegen konnte der Arbeitgeber die Diskriminierung nicht.

Was wir für Sie tun können?

Haben Sie Fragen zur Beschäftigung, aber auch zur Kündigung Schwerbehinderter?

Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst:

  • Arbeitgeber dürfen Schwerbehinderte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen – es gilt das Diskriminierungsverbot nach § 164 Abs. 2 SGB IX.
  • Bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit Schwerbehinderten, die das Arbeitsverhältnis gefährden, sollten Arbeitgeber Präventionsmaßnahmen einleiten, um das Arbeitsverhältnis zu „retten“, § 167 SGB IX.
  • Unterlässt ein Arbeitgeber vor der Kündigung eines Schwerbehinderten Präventionsmaßnahmen, kann das die Kündigung wegen Diskriminierung nach § 164 Abs. 2 SGB IX unwirksam machen – auch in der Probezeit.