Betriebsratswahl aus dem Homeoffice? Kommt darauf an!

 Wann die unaufgeforderte Zusendung von Briefwahlunterlagen eine Betriebsratswahl unwirksam macht.

Person hält einen geöffneten Briefumschlag mit einem weißen Blatt Papier.

Es gibt rechtliche Vorgaben, wann der Wahlvorstand einer Betriebsratswahl unaufgefordert Briefwahlunterlagen an Wahlberechtigte im Homeoffice verschicken darf. Doch was passiert, wenn er die Unterlagen an bestimmte Personen nicht hätte verschicken dürfen?

Wahlverfahren bei der Betriebsratswahl

Im kommenden Jahr finden wieder die turnusmäßigen Betriebsratswahlen statt. Auch wenn hin und wieder gegenläufige Tendenzen erkennbar sind, ist und bleibt Homeoffice in vielen Betrieben ein Thema. Das hat auch Auswirkungen auf die Betriebsratswahl.

In normalen Wahlverfahren zur Wahl eines Betriebsrates können Wahlberechtigte ihre Stimme persönlich im Betrieb oder unter bestimmten Voraussetzungen per Briefwahl abgeben.

Gesetzlich vorgesehen ist, dass

  • Wahlberechtigte, die am Tag der Betriebsratswahl nicht vor Ort wählen können, (Geschäftsreise, Urlaub etc.) beim Wahlvorstand Briefwahlunterlagen beantragen können (§ 24 Abs. 1 WO),
  • Personen, die wegen ihrer Arbeitsweise (z. B. Außendienst) nicht vor Ort wählen können, Briefwahlunterlagen ohne Antrag zugeschickt werden müssen (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 WO) und
  • Personen, die aus anderen Gründen aller Voraussicht nach nicht für die Wahl im Betrieb sein werden (z. B. Erkrankung, Elternzeit, Sabbatical etc.), unaufgefordert Briefwahlunterlagen zugeschickt werden müssen (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 WO).

Aber ist es außerdem zulässig, Wahlberechtigten unaufgefordert Briefwahlunterlagen zuzusenden, wenn sie – trotz allgemeiner Homeoffice-Pflicht – zu Präsenzarbeit verpflichtet sind?

Briefwahl aus dem Homeoffice bei Präsenzpflicht?

Die Frage stellte sich im Fall einer Betriebsratswahl bei VW: Zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens und zum Wahltermin verpflichtete eine Homeoffice-Anordnung Verwaltungsmitarbeiter coronabedingt, im Homeoffice zu arbeiten. Eine Ausnahme galt für Mitarbeiter, deren Präsenz im Unternehmen zwingend notwendig war.

Im Vorfeld der Betriebsratswahl schickte der Wahlvorstand indessen auch allen Beschäftigten der Verwaltung unaufgefordert Briefwahlunterlagen zu.

Damit waren einige Wahlberechtigte nicht einverstanden. Die antragslose Zusendung der Unterlagen an alle Verwaltungsbeschäftigten – auch diejenigen, für die eine Präsenzpflicht galt – verletze die Wahlordnung. Die Betriebsratswahl sei deswegen unwirksam.

BAG: Nicht alle über einen Kamm scheren

Vor dem Arbeitsgericht teilte man die Auffassung, die Wahl sei wegen Verletzung der Wahlordnung unwirksam. Anders sah es das Landesarbeitsgericht Niedersachsen.

So musste sich nach einer Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 23.10.2024, Az.: 7 ABR 34/23) mit dem Fall befassen und kam zu folgendem Ergebnis:

Das Vorgehen des Wahlvorstands habe – zumindest in Teilen – gegen § 24 Abs. 2 Nr. 1 WO verstoßen. Laut dieser Vorschrift erhalten nur Wahlberechtigte ohne vorherigen Antrag Briefwahlunterlagen, „von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden“.

Dazu zählen nach Auffassung des Gerichts Mitarbeiter, die z. B. (vorübergehend) zur Arbeit im Homeoffice verpflichtet oder berechtigt sind. An Mitarbeiter unaufgefordert Briefwahlunterlagen zu versenden, die zum Wahlzeitpunkt sicher im Homeoffice arbeiten würden, sei nicht zu beanstanden.

Voraussetzung sei aber, dass beim Versenden der Briefwahlunterlagen feststehe, dass diese Mitarbeiter aller Voraussicht nach zum Wahltermin im Homeoffice arbeiten würden. Bei Beschäftigten, die trotz einer allgemeinen Anordnung zur Arbeit im Homeoffice in Präsenz arbeiten müssten, sei das nicht der Fall.

Ob dem Wahlvorstand bewusst war, dass einige Verwaltungsmitarbeiter zum Wahltermin wegen „Unabkömmlichkeit“ in Präsenz arbeiten mussten, konnte das BAG jedoch nicht abschließend klären. Das ist nun erneut Aufgabe des Landesarbeitsgerichts.

Falls dem Wahlvorstand dieser Umstand beim Versenden der Briefwahlunterlagen allerdings bekannt war, war die Wahl anfechtbar.

Wahlvorbereitungen im Auge behalten

Unternehmen haben regelmäßig ein Interesse daran, dass die Betriebsratswahl ordnungsgemäß abläuft. Eine Wahl kostet viel Geld und insbesondere die Mitglieder des Wahlvorstands stehen wegen der Organisation der Wahl nicht mit ihrer Arbeitskraft zur Verfügung.

Der Arbeitgeber sollte also im Vorfeld ein Auge auf die Wahl haben, um den Wahlvorstand ggf. auf drohende Fehler hinzuweisen.

Was wir für Sie tun können

Sie haben Fragen zum Thema Betriebsratswahl? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Die Wahlordnung enthält klare Regeln, an welche Wahlberechtigten der Wahlvorstand unaufgefordert Briefwahlunterlagen für eine Betriebsratswahl schicken darf.
  • Das unaufgeforderte Zusenden von Briefwahlunterlagen an Mitarbeiter, die zum Wahlzeitpunkt sicher im Homeoffice arbeiten, ist zulässig.
  • Werden Briefwahlunterlagen unaufgefordert an Wahlberechtigte versendet, die zum Wahlzeitpunkt sicher nicht im Homeoffice arbeiten, kann das die gesamte Betriebsratswahl anfechtbar machen.