Seit mehr als einem Jahr ist die Corona-Pandemie Alltag. Lockdown folgt auf Lockdown und Gewerbetreibende leiden unter staatlich angeordneten Geschäftsschließungen. Während ihnen die Einnahmen wegbrechen, laufen die Fixkosten, z.B. für die Gewerbemiete, weiter.
Mietminderung wegen Lockdown
Die Bundesregierung hat Ende 2020 für eine Entlastung der gewerblichen Mieter gesorgt. Sie stellte klar, dass die staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der Corona-Pandemie eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB darstellen und die Gewerbemiete deshalb ggf. gemindert werden kann.
Das Kammergericht Berlin hat diese Regelung nun konsequent umgesetzt. Es entschied, dass die Gewerbemiete aufgrund der staatlich angeordneten Geschäftsschließung um die Hälfte gemindert werden kann. Eine konkrete Existenzbedrohung des Mieters durch die Schließung muss nicht nachgewiesen werden, so das KG.
Spielhalle wegen Corona geschlossen
Im dem zu Grunde liegenden Fall musste der Mieter seine Spielhalle aufgrund staatlicher Anordnung wegen Corona schließen. Für die Monate April und Mai 2020 überwies er daher nur einen Teil der Miete. Der Vermieter verlangte die Zahlung der restlichen Gewerbemiete. Ohne Erfolg: Das KG Berlin entschied im Berufungsverfahren, dass der Mieter sich aufgrund der Schließungsanordnung des Landes Berlin auf die Störung des Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB berufen kann. Der vertragliche Mietzins ist deshalb um 50 Prozent zu reduzieren.
Mieter trägt Risiko nicht allein
Das KG Berlin begründete die Entscheidung damit, dass zur Geschäftsgrundlage auch die Vorstellung gehöre, dass es nicht zu angeordneten Schließungen zur Bekämpfung einer Pandemie und den damit verbundenen massiven wirtschaftlichen Folgen kommt. Der Mieter hat die angemieteten gewerblichen Räume durch die angeordnete Schließung überhaupt nicht – wie vertraglich vorgesehen – als Spielhalle nutzen können.
Es handelt sich dabei nicht um ein „normales“ Risiko zur Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Vielmehr ist das eine weitgehender staatlicher Eingriff in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der Geschäftsgrundlage ist.
Dieses Risiko kann nicht nur einer Vertragspartei zugewiesen werden. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls müssen die Nachteile solidarisch von beiden Vertragsparteien getragen werden, so dass die Miete bei vollständiger Betriebsuntersagung um die Hälfte zu reduzieren ist. Eine konkrete Existenzbedrohung für den Mieter muss nicht festgestellt werden, führte das KG Berlin weiter aus.
Auch das OLG Dresden hatte in einem ähnlichen Fall mit Urteil vom 24.02.2021 entschieden, dass die Kaltmiete einer Einzelhändlerin um 50 Prozent zu mindern ist (Az.: 5 U 1782/20). Es gibt allerdings auch anderslautende Gerichtsentscheidungen.
Für Gewerbetreibende ist es ein Lichtblick: Sie können mit den Urteilen des KG Berlin und des OLG Dresden argumentieren, dass bei einem Lockdown die Miete um die Hälfte zu reduzieren ist. Die Anpassung der Miete ist aber kein Automatismus, sondern immer eine Frage des Einzelfalls und der individuellen Vertragsgestaltung.