Seit Wochen das gleiche traurige Bild: Die Fußgängerzonen sind verwaist, die Geschäfte, Bars, Cafés und Restaurants wegen Corona geschlossen. Der zweite Lockdown wegen der Pandemie trifft viele Gewerbetreibende extrem hart. Ihre Einnahmen bleiben aus, die Kosten aber, z.B. für die Miete, laufen weiter.
In Bezug auf die Mietkosten hat sich allerdings etwas geändert. War man im ersten Lockdown noch überwiegend davon ausgegangen, dass eine Corona-bedingte Schließung kein Grund für eine Mietminderung darstellt, sieht die Situation jetzt anders aus. Am 31.12.2020 ist die Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gewerbemiet- und Pachtrecht in Kraft getreten (Artikel 240 § 7 EGBGB). Hiernach gilt: Sind vermietete (oder verpachtete) Gewerberäume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand i.S.d. § 313 Abs.1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB
Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt nach § 313 BGB vor, wenn die Umstände, die Grundlage des Vertrags waren, sich nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung hätten voraussehen können. Eine Anpassung des Vertrags kann dann verlangt werden, wenn einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.
Bisher haben die Gerichte das Risiko einer Schließung aufgrund einer Pandemie überwiegend bei den Mietern gesehen und in dem Corona-Lockdown keinen Grund für eine Mietminderung gesehen.
Bei der nun in Kraft getretenen Regelung handelt es sich um eine gesetzliche Vermutung, dass aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie der Anwendungsbereich des § 313 BGG zur Störung der Geschäftsgrundlage eröffnet ist. Ein Automatismus wird damit jedoch nicht in Gang gesetzt, es kommt immer auf die Interessenabwägung im Einzelfall am.
Anpassung des Mietvertrags
Die Verhandlungsposition der Mieter hat sich nun deutlich verbessert. Einen Freifahrtschein für eine einseitige Mietanpassung haben sie allerdings nicht.
Nach § 313 Abs.1 BGB kann bei einer Störung der Geschäftsgrundlage die Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nach § 313 Abs.3 BGB kann der benachteiligte Teil nur dann den jeweiligen Vertrag kündigen, wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist.
Daher sind beide Vertragsparteien nach der Neuregelung aufgefordert, eine für beide Seiten tragbare verbindliche, vertragliche Regelung für ihr Mietverhältnis zu finden, die den aktuellen Umständen gerecht wird.
So haben Gerichte bislang vereinzelt eine Störung der Geschäftsgrundlage mit einem Anspruch auf Mietanpassung angenommen, wenn der Gewerbemieter ohne Anpassung in existenzielle Nöte geraten würde. Diese muss er nachweisen (galt nicht für eine internationale Modekette).
Die Corona-bedingte Geschäftsschließung kann eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB und damit Grund für Verhandlungen mit dem Ziel einer Mietanpassung sein. Es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an. Vermieter und Mieter sind aufgerufen, Verträge ggf. anzupassen und eine für beide Seiten tragfähige Regelung zu finden.