Gasmangellage: Mögliche Folgen und Prävention.

 Der vollständige Lieferstopp von russischem Gas macht eine Gasmangellage wahrscheinlich. Doch was passiert, wenn das Gas nicht für alle reicht?

Gasmangellage: Mögliche Folgen und Prävention.

Hintergrund

Gas ist in Deutschland ein wichtiger Energieträger für Privathaushalte und Unternehmen. Das gilt besonders für die Industrie. In der Vergangenheit wurde viel des in Deutschland verwendeten Gases aus Russland geliefert. Nach mehreren Drosselungen seit Februar 2022 ist die Gaslieferung aus Russland jetzt vollständig unterbrochen.

Für den Fall eines Versorgungsmangels, der wegen des Komplettlieferstopps von russischem Gas droht, hält der aus dem Jahr 2019 stammende Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) bereit.

Der Notfallplan Gas sieht drei Krisenstufen vor. Im Juni diesen Jahres hat das BMWI bereits die zweite Krisenstufe, die sog. „Alarmstufe“, ausgerufen.

Nun droht die finale Krisenstufe, weil zu befürchten ist, dass wegen des vollständigen Lieferstopps, nicht sichergestellt ist, dass ausreichend Regelenergie verfügbar und kurzfristig beschaffbar ist. Vereinzelt wird der Eintritt einer Gasmangellage bereits für den Winter 2022 prognostiziert.

Was passiert, wenn nicht ausreichend Gas für alle Letztverbraucher vorhanden ist?

Wenn das BMWI die finale Krisenstufe, die sog. „Notfallstufe“ ausruft, schlüpft die Bundesnetzagentur in die Rolle des Lastverteilers. Sie muss entscheiden, wie die vorhandene Gasmenge unter den Letztverbrauchen aufgeteilt wird. Wer und nach welchen Kriterien das Gas bekommt, ist nicht verbindlich geregelt.

Klar ist, dass zuvörderst die Gasversorgung der besonders geschützten Kunden sicherzustellen ist. Das sind in Deutschland Haushaltskunden, soziale Dienste wie z.B. Krankenhäuser und Fernwärmeanlagen. Industriebetriebe werden nicht priorisiert.

Basis für Entscheidungen der Bundesnetzagentur nach Ausruf der Notfallstufe sollen neben Informationen zur Struktur der Gasnetze primär Daten zu den Letztverbrauchern bilden, die unmittelbar von den Entscheidungen betroffen sind.

Zu diesem Zweck hat die Bundesnetzagentur eine Datenabfrage bei zunächst allen Letztverbrauchern gestartet, die über mindestens eine Gasentnahmestelle mit einer technischen Anschlusskapazität von mehr als 10 MWh/h verfügen. Diese Voraussetzungen umfassen die 2.500 größten Gasverbraucher Deutschlands.

Nach Auskunft der Bundesnetzagentur soll sich aus dem Ergebnis der Datenabfrage keine feste Abschaltreihenfolge ableiten. Zudem soll der Schwellenwert keinen Hinweis auf die Bevorzugung oder Benachteiligung betroffener Unternehmen bieten. Trotzdem dürfte angesichts der schnellen und effizienten Reaktionsfähigkeit der Fokus zunächst auf einer Regulierung dieser Letztverbraucher liegen.

Wie können sich Unternehmen auf eine Gasmangellage vorbereiten?

Von einer Gasmangellage betroffen sein, können nur Unternehmen, die einen Gasbedarf haben. In erster Linie sollte daher die Möglichkeit eines Wechsels der Energiequelle geprüft werden.

Unternehmen mit einer Gasentnahmestelle mit einer technischen Anschlusskapazität von mehr als 10 MWh/h sollten die Anfrage der Bundesnetzagentur beantworten. Sie werden dann auf der Sicherheitsplattform Gas eingetragen.

Unternehmen mit einem niedrigeren Gasbedarf können sich schon jetzt an die Bundesnetzagentur wenden. Für den Fall, dass eine Gasrationierung wirtschaftliche Schäden zur Folge hätte, sollten die ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen einer Rationierung dort angezeigt werden.

Welche Angriffsmöglichkeiten bestünden gegen eine Rationierung?

Sollte es zu einer Gasmangellage kommen und sollte die Bundesnetzagentur Gaskapazitäten für einzelne Unternehmen begrenzen oder aussetzen, müssten betroffene Unternehmen die Rationierung nicht tatenlos hinnehmen. Sie hätten die Möglichkeit, sich gegen die Maßnahme gerichtlich zu Wehr zu setzen. Die Ausgestaltung wäre eine Frage des Einzelfalls. Wenn die Bundesnetzagentur Verfügungen auf Basis der Gassicherungsverordnung erlässt, ist das Oberlandesgericht Düsseldorf zuständig.

Betroffene Unternehmen müssten dort eine Beschwerde einlegen und beantragen, dass die belastende Verfügung aufgehoben wird. Weiterhin muss beantragt werden, angemessen an den vorhandenen Gaskapazitäten beteiligt zu werden.

Weiteres Instrument zur Schadensabwehr könnten Haftungs- oder Entschädigungsansprüche gegen den Staat sein. Die Gewährleistung einer sicheren Energieversorgung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein privatwirtschaftliches Projekt, sondern für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich.

Praxisempfehlung:

Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen, denen eine Rationierung von Gas drohen könnte, müssen sich darauf vorbereiten, hiergegen vorzugehen. Eventuell erforderliche Beschwerden gegen Rationierungen durch die Bundesnetzagentur sollten bereits jetzt vorbereitet werden, um sie erforderlichenfalls schnellstmöglich erheben zu können. Und so Schaden vom Unternehmen abwenden zu können.