Wer schwänzt, fliegt!

 Wenn Betriebsräte Schulungen „schwänzen“ und Arbeitszeit falsch dokumentieren.

Drei Personen, die mit einem Kaffee in der Hand zusammen anstoßen

Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf spezifische Fortbildung und genießen besonderen Kündigungsschutz. Aber ist die Kündigung eines Betriebsrates möglich, wenn ein Betriebsrat eine gebuchte Fortbildung „schwänzt“ und privat genutzte Zeit als Arbeitszeit erfasst?

Betriebsräte: Schulungen und besonderer Kündigungsschutz

Betriebsräte haben eine besondere (rechtliche) Position im Unternehmen – verbunden mit besonderen Rechten und Pflichten.

So haben Betriebsräte gem. § 37 Abs. 6 BetrVG einen Schulungsanspruch, wenn eine Schulung im konkreten Fall erforderlich ist. Damit sie in der Lage sind, ihre Amtspflichten zu erfüllen, sind sie laut Bundesarbeitsgericht (BAG) außerdem grundsätzlich dazu verpflichtet, spezifische Schulungen zu besuchen. Eine erforderliche Schulung zu verweigern, kann eine grobe Amtspflichtverletzung sein.

Und doch ist es nicht so einfach, einen Betriebsrat wegen einer groben Pflichtverletzung in diesem Kontext zu kündigen: Möglich ist nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund und auch nur mit Zustimmung des Betriebsrates – § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Verweigert der Betriebsrat unzulässigerweise seine Zustimmung, ist es für Arbeitgeber allerdings möglich, die Zustimmung gerichtlich ersetzen zu lassen und dann wirksam außerordentlich kündigen zu können (sog. Zustimmungsersetzungsverfahren).

Angemeldet, aber „geschwänzt“

Fragt sich: Welche Handhabe haben Arbeitgeber, wenn eine Fortbildung für einen Betriebsrat gebucht ist, der Betriebsrat nur teilweise an der Veranstaltung teilnimmt, die Zeit privat nutzt, sie aber vollständig als Arbeitszeit vermerkt?

Mit einem solchen Fall befasste sich das LAG Niedersachsen (Urteil v. 28.02.2024, Az.: 13 TaBV 40/23) im Fall eines Betriebsratsvorsitzenden: Er war zu einer mehrtägigen Fortbildung angemeldet und nahm am ersten Tag an der Fortbildung teil. Einen Großteil der in der Arbeitszeitdokumentation vermerkten Zeit verbrachte er dann allerdings im Café und nutze die Zeit, um sich u. a. mit seiner Ex-Frau zu treffen.

Das gab der Mann unumwunden zu, argumentierte aber: Im Café habe er mobil Betriebsratsarbeit erledigt. Als freigestelltes Betriebsratsmitglied sei ihm das möglich.

Der Arbeitgeber glaubte das nicht, vermutete Arbeitszeitbetrug und wollte dem Mann fristlos kündigen. Das Betriebsratsgremium stimmte der Kündigung des eigenen Vorsitzenden allerdings nicht – wie notwendig – zu. Die Folge: Der Arbeitgeber leitete beim zuständigen Arbeitsgericht in Lüneburg ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein.

Einschätzung des LAG

Und der Arbeitgeber bekam Recht: Zunächst ersetzte das Arbeitsgericht (ArbG) Lüneburg, im anschließenden Beschwerdeverfahren auch das LAG Niedersachsen die notwendige Betriebsratszustimmung.

Das Verhalten des Mannes stelle eine schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dar, der Verdacht des Arbeitszeitbetruges sei nicht unbegründet.

Denn die Erklärung des Mannes, er habe im Café mobil Betriebsratsarbeit erledigt, sei unglaubwürdig. Das Gericht begründete seine Auffassung dazu u. a. damit, dass der Mann sich dazu im Vorfeld gegenüber anderen Betriebsratsmitgliedern, die auch an der Fortbildung teilgenommen hatten, anders geäußert habe.

Kündigung von Betriebsräten: schwierig, aber nicht unmöglich

Ein Betriebsratsmitglied zu kündigen, ist – das zeigt dieser Fall – nicht unmöglich, auch und gerade in Fällen von Arbeitszeitbetrug. Denn auch freigestellte Betriebsräte sind verpflichtet, ihre Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Wird privat genutzte Zeit als Arbeitszeit dokumentiert, ist das als Arbeitszeitbetrug eine schwerwiegende Pflichtverletzung und ein hinreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung.

Was wir für Sie tun können

Sie haben Fragen zur Kündigung von Betriebsräten? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Betriebsratsmitgliedern kann man nur (außerordentlich) kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Betriebsrat zustimmt.
  • Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung unrechtmäßig, kann der Arbeitgeber die Zustimmung vom Arbeitsgericht ersetzen lassen (Zustimmungsersetzungsverfahren).
  • Arbeitszeitbetrug ist ein ausreichender Grund für die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds.