Wer eigene Mitarbeiter anstellen kann, ist nicht Arbeitnehmer

 
Delegationsbefugnis auf eigene Mitarbeiter spricht gegen Arbeitnehmerstatus, urteilt das BAG

Symbolbild für Personalverantwortung: Bunte Menschenmenge aus Papierfiguren – in Bezug auf die Frage: „Arbeitnehmer“ oder „Selbstständiger“

Von der Einordnung „Arbeitnehmer“ oder „Selbstständiger“ hängt oft einiges ab. So verwundert es nicht, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) erneut einen solchen Fall entscheiden musste – den Fall eines Waschstraßenbetreibers mit angestellten Mitarbeitern (BAG, Urteil v. 12.11.2024, Az.: 9 AZR 205/23).

Arbeitnehmer oder nicht

Vom Arbeitnehmerstatus hängt einiges ab.

Das gilt einerseits für Rechte und Pflichten der Beteiligten: Arbeitsverhältnisse gewähren u. a. Ansprüche auf Bezahlung, Urlaub, Entgeltfortzahlung und bieten ggf. Kündigungsschutz. Dinge, die selbstständigen Unternehmern verwehrt bleiben.

Andererseits ist vom Arbeitnehmerstatus abhängig, ob und wer in einer Zusammenarbeit in welchem Umfang u. a. Sozialversicherungsbeiträge abführen muss. War ein Selbstständiger doch Arbeitnehmer – „scheinselbstständig“ –, kann das erhebliche finanzielle, steuerliche und strafrechtliche Folgen für den Arbeitgeber haben.

„Partner“ betreibt Waschanlage

Der Betreiber einer Waschstraße wollte wissen, ob er Arbeitnehmer ist oder nicht. Er führte diese seit einigen Jahren für ein Unternehmen, das Inhaber von deutschlandweit rund 300 Waschstraßen ist.

Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Partnervertrag“, in dem der Mann als Partner und selbstständiger Gewerbetreibender bezeichnet wurde. Der Partner durfte die Waschstraße gegen Entgelt für Rechnung des Inhabers betreiben und bezog eine Umsatzprovision.

Er durfte selbst unabgestimmt Mitarbeiter einstellen. Hingegen war er u. a. verpflichtet, ein Gewerbe anzumelden, Umsatzsteuer abzuführen und ein Betriebstagebuch zu führen. Die Produktpreise wurden dem Partner vorgegeben. Außerdem sollte die Waschstraße u. a. nach bestimmten Vorgaben instandgehalten werden. Öffnungszeiten wurden nicht vorgegeben, sondern einvernehmlich festgelegt.

Arbeitnehmer, nicht Unternehmer!

Nach mehr als zehn Jahren Zusammenarbeit war der „Partner“ der Auffassung, Arbeitnehmer des Inhabers der Waschstraße und nicht Unternehmer zu sein, obwohl er diese mit eigenen Mitarbeitern betrieb.

Er wollte gerichtlich festgestellt wissen, dass die Zusammenarbeit ein Arbeitsverhältnis sei, und verlangte die Bezahlung von Arbeitsentgelt. Vor allem die umfassenden Vorgaben für seine Arbeit hätten zu einer persönlichen Abhängigkeit geführt – ein Zeichen für seinen Arbeitnehmerstatus.

Delegationsbefugnis auf eigene Mitarbeiter spricht gegen Arbeitnehmerstatus

Doch weder das Arbeitsgericht Hamburg noch das Landesarbeitsgericht Hamburg oder das BAG sahen hinreichend Anhaltspunkte für ein Arbeitsverhältnis.

Alle Gerichte stuften den Waschstraßenbetreiber als freien Dienstnehmer und selbstständigen Unternehmer ein.
Maßgeblich für diese Einordnung waren § 611 a Abs. 1 BGB und die Einordnung der konkreten Umstände im Einzelfall. Diese sprachen überwiegend gegen eine für Arbeitsverhältnisse vorausgesetzte persönliche Abhängigkeit.

Schon im „Partnervertrag“ sahen die Gerichte – trotz der teils engen Vorgaben für den Waschstraßenbetreiber – keinen Anhaltspunkt für eine arbeitsvertragliche Weisungsgebundenheit des Mannes und damit keine Anhaltspunkte für ein Arbeitsverhältnis. Der Mann hätte seine Arbeit weitgehend selbstständig organisieren können und sei u. a. verpflichtet gewesen, ein eigenes Gewerbe anzumelden und Umsatzsteuer abzuführen.

Nicht zuletzt war vertraglich festgehalten, dass er eigenes Personal beschäftigen und seine Pflichten auf Mitarbeiter delegieren durfte – wovon er auch Gebrauch gemacht hatte. Für das BAG ein entscheidendes Kriterium, dass der „Partner“ kein Arbeitnehmer war.

Eine gewisse Weisungsgebundenheit in diesem Vertrag spreche nicht per se für einen Arbeitnehmerstatus:

Weisungsgebundenheit und damit korrelierende Weisungsrechte können auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gegeben sein“, so das BAG.

Weisungen gegenüber Selbstständigen seien sachbezogen und ergebnisorientiert, gegenüber Arbeitnehmern hingegen personenbezogen und ablauforientiert ausgestaltet.

Der Partnervertrag habe in erster Linie Rahmenbedingungen festgelegt, um ein bundesweit einheitliches Angebot für die Waschstraßen zu ermöglichen. Im Übrigen war der „Partner“ letztlich Herr über seine Arbeitsorganisation und nicht allein und höchstpersönlich zur Arbeit verpflichtet.

Was wir für Sie tun können

Sie haben Fragen zum Thema? Sprechen Sie uns gerne an!

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Maßgeblich für die Einordnung einer Zusammenarbeit als Arbeitsverhältnis bzw. Arbeitsvertrag ist § 611 a Abs. 1 BGB.
  • Weisungsbefugnisse in einer Zusammenarbeit sprechen per se noch nicht für ein Arbeitsverhältnis.
  • Wer vertraglich dazu befugt ist, eigene Vertragspflichten an Dritte zu delegieren, ist eher nicht Arbeitnehmer.