Alle Jahre wieder: Die Weihnachtsfeier im Betrieb durch die Brille des Arbeitsrechts.

 10 Fragen und teils überraschende Antworten zur Weihnachtsparty – virtuell oder real.

Alle Jahre wieder: Die Weihnachtsfeier im Betrieb durch die Brille des Arbeitsrechts.

Die nicht enden wollende Coronapandemie, Inflation und Gasknappheit - aktuell droht sowohl Arbeitgebern als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Partylaune zu vergehen. Doch gerade jetzt kann eine Weihnachtsfeier umso wertvoller sein für Motivation und Betriebsklima – gegebenenfalls mit kleinerem Budget und corona-konform. Deshalb lohnt auch in diesem Jahr ein Blick auf die arbeitsrechtlichen Aspekte.

Vor Weihnachtsfeiern wie in Vor-Corona-Zeiten werden viele Unternehmerinnen und Unternehmer angesichts wieder steigender Fallzahlen erneut zurückschrecken. Zwar finden sich im Arbeitsrecht keine Angaben zu Größe und Umfang, Nähe und Distanz auf Christmas-Partys– aber klare Antworten auf zehn häufige Fragen:

1. Ist die Weihnachtsparty Pflicht?
Grundsätzlich entscheiden Arbeitgeber jedes Jahr frei, ob sie eine betriebliche Weihnachtsfeier ausrichten wollen. Doch es gibt Ausnahmen: Etwa aufgrund einer entsprechenden Betriebsvereinbarung oder einer sogenannten betrieblichen Übung, wenn beispielsweise aufgrund der Feiern in den letzten drei Jahren in gleichem Umfang bei Arbeitnehmer*innen der Eindruck entstanden ist, es werde auch in den nächsten Jahren eine solche geben. Infolge der Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren mit der Corona-Pandemie lässt sich eine betriebliche Übung dieses Jahr allerdings kaum als Argument anführen.

2. Was gilt für Weihnachtsmuffel?
Nicht alle Kollegen freuen sich auf betriebliche Events. Ob virtuell oder real, ob Sommerfest oder Weihnachtsfeier: Eine Pflicht zur Teilnahme besteht nicht. Schließlich findet die Veranstaltung meist in der Freizeit statt. Ist der Termin während der Arbeitszeit, müssen Mitarbeiter*innen zwar nicht teilnehmen, aber währenddessen arbeiten oder frei nehmen – es sei denn der Arbeitgeber genehmigt ihnen ausdrücklich, nach Hause zu gehen. Partymuffel sollten aber bedenken, welche Botschaft sie damit an Kollegen und Vorgesetzte senden.

3. Überstunden durch Feiern?
Startet die Party nach Arbeitsende, können sich Beschäftigte keine Überstunden anrechnen lassen. Feiert der Betrieb dagegen in der Arbeitszeit, muss diese Zeit nur nachgearbeitet werden, wenn der Arbeitgeber dies vorher angeordnet hat. In diesem Fall ist der Betriebsrat zu beteiligen.

4. Teilnahmerecht für alle?
Arbeitgebende müssen nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz alle Beschäftigten gleich behandeln und dürfen niemand benachteiligen. Somit sind alle Mitarbeiter*innen einzuladen. Es sei denn, es gibt einen sachlichen Grund, um die Teilnahme zu untersagen (ArbG Köln, Urteil vom 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16): Beispielsweise wenn ein Klinikarzt während der Weihnachtsfeier Bereitschaftsdienst hat, oder die Produktion weiterlaufen muss. Genauere Vorgaben für den Kreis der Teilnehmer lassen sich auch in einer Betriebsvereinbarung regeln.

5. Wer fernbleibt, geht bei der Bescherung leer aus?
Laut Arbeitsgericht Köln haben abwesende Mitarbeiter*innen keinen Anspruch auf Geschenke – und zwar selbst dann, wenn der Beschäftigte wegen eines Arbeitsunfalls krankgeschrieben war. Im konkreten Fall hatte eine Arbeitgeberin jedem Teilnehmer der Weihnachtsfeier ein iPad mini im Wert von 429,00 € als Lockprämie geschenkt, um die Attraktivität ihrer Betriebsfeiern zu steigern (ArbG Köln, Urteil vom 09.10.2013 – 3 Ca 1819/13).

Nicht zu vergessen ist: Weihnachtsgeschenke sieht der Fiskus als zu versteuerndes Einkommen an und es können Sozialversicherungsbeiträge fällig werden. Auch Geschenke können zu einer betrieblichen Übung werden. Überreicht der Chef jedes Jahr ein Geschenk, lässt sich daraus ein Anspruch für die Zukunft ableiten.

6. Feiern ohne Grenzen?
Auch wenn die Feier in der Freizeit stattfindet – auf ihre guten Manieren sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter achten. Wer Kollegen oder Vorgesetzte beleidigt, sexuell belästigt oder handgreiflich wird, riskiert eine Abmahnung oder schlimmstenfalls die fristlose Kündigung (u.a. LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2004 – 18 Sa 836/04).

7. Der Morgen danach
Die Arbeit beginnt auch am Morgen nach der Feier zur üblichen Zeit. Ausnahmen sind mit dem Arbeitgebenden im Voraus abzusprechen.

8. Fotos nicht ohne Erlaubnis posten
Bilder von Kollegen oder Vorgesetzten dürfen ohne deren ausdrückliches Einverständnis nicht veröffentlicht werden – weder in sozialen Netzwerken noch in sonstiger Weise. Anderenfalls haben die Betroffenen Anspruch auf Unterlassung sowie Löschung. Zudem drohen Schadensersatzforderungen und arbeitsrechtliche Konsequenzen.

9. Kann der Betriebsrat mitbestimmen?
Über das Ob und Wie einer Weihnachtsfeier steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zu. Doch die Betriebsparteien können damit verbundene Fragen in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung regeln. Ob der Arbeitgeber Weihnachtsgeschenke verteilt, entscheidet er allein. Über das „wie“ bestimmen die Arbeitnehmervertreter*innen aber gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mit.

10. Ist ein Unfall auf der Weihnachtsfeier versichert?
Grundsätzlich steht die gesetzliche Unfallversicherung auch für Unglücksfälle wie einen Bänderriss beim Schwingen des Tanzbeins auf der Weihnachtsfeier ein, weil es sich um eine betriebliche Veranstaltung handelt. Allerdings: Sobald der Chef die Feier offiziell beendet oder ein großer Teil der Kollegen geht, endet auch der Versicherungsschutz. Bei Beamten gilt beispielsweise auch als Dienstunfall, wenn eine Polizeibeamtin sich beim Weihnachtsessen an einer Schrotkugel im Hirschgulasch die Zähne verletzt und dadurch Behandlungskosten entstehen. Das entschied der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München.

In Zeiten vieler Krisen und großer Unsicherheit, sind Feiern oft ein Ventil. Sie helfen, die Gemeinschaft zu stärken und Belastungen des Alltags zu meistern. Damit die Freude an der Feier nicht jäh endet und nachhaltig ist, gilt einmal mehr: Ein Blick ins Arbeitsrecht hilft weiter!