Veröffentlichung sensibler Daten über Kollegen rechtfertigt fristlose Kündigung.

 LAG Baden-Württemberg bestätigt Kündigung eines Betriebsrates wegen Datenschutzverstoß.

Veröffentlichung sensibler Daten über Kollegen rechtfertigt fristlose Kündigung.

Nicht nur Aufsichtsbehörden, sondern auch die Arbeitsgerichte gewichten den Datenschutz hoch. Veröffentlicht ein Betriebsrat sensible Daten über die Gesundheit von Kollegen, kann der Arbeitgeber fristlos kündigen. So entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.03.2022 (Az.: 7 Sa 63/21).

Im konkreten Fall hatte ein langjähriger Mitarbeiter und Betriebsrat einen Link zu einer Dropbox verschickt. Dort waren Schriftsätze mit Gesundheitsdaten von Kollegen hinterlegt. Daraufhin hatte der Arbeitgeber fristlos gekündigt – nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu Recht. Der gekündigte Betriebsrat ging in Berufung vor dem Landesarbeitgericht Baden-Württemberg, blieb aber ohne Erfolg.

Veröffentlichung von Prozessakten aus Kündigungsschutzverfahren

Hintergrund war ein langjähriger Streit über die Kündigung des Entwicklungsingenieurs, der seit 1997 im Unternehmen beschäftigt war. Seit 2006 war er Mitglied des Betriebsrats und ab 2014 in dieser Funktion freigestellt. Im Jahr 2018 war ihm außerordentlich gekündigt worden, wogegen er sich erfolgreich in einem Kündigungsschutzverfahren wehrte. Schriftsätze aus diesem Verfahren vor dem Arbeitsgericht veröffentlichte der Kläger dann in der Dropbox.

Größerer Verteilerkreis hatte über Dropbox Zugriff

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber ihn erneut fristlos. Die Begründung: Mit der Veröffentlichung von Prozessakten aus dem vorherigen Kündigungsschutzverfahren habe der Kläger gegen den Datenschutz verstoßen. Das gelte insbesondere hinsichtlich Schriftsätzen des Arbeitgebers, die auch personenbezogene Daten über die Gesundheit anderer Mitarbeiter enthielten, und zwar unter voller Namensnennung. Mit Hilfe des Zugriffs auf die Dropbox habe der Kläger diese einem größeren Verteilerkreis offenbart.

Fehlende Geheimhaltungsvorschrift ist keine Rechtfertigung

Demgegenüber berief sich der gekündigte Betriebsrat darauf, dass es keine Vorschrift für die Geheimhaltung von Prozessakten gebe. Deshalb sei die Kündigung unwirksam. Ein Verstoß gegen den Datenschutz liege ebenfalls nicht vor: Er habe nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO ausschließlich im Rahmen „persönlicher und familiärer Tätigkeiten“ gehandelt. Die Vorwürfe hätten ihn als Familienvater und Betriebsrat zutiefst belastet. So habe er im berechtigten Eigeninteresse gehandelt, denn ihm stehe das Recht zu, zu dem Fall Stellung zu nehmen und zu informieren.

Berufung bleibt erfolglos

Wie schon das Arbeitsgericht zuvor entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zugunsten des beklagten Arbeitgebers. Der Kläger habe der Betriebsöffentlichkeit mittels des Dropbox-Links zu den Schriftsätzen Gesundheitsdaten von Mitarbeitern offengelegt und dadurch auch die Weiterverarbeitung ermöglicht. Damit habe er die Persönlichkeitsrechte der genannten Personen verletzt, ohne einen rechtfertigenden Grund zu haben.

Standpunkt in Berufung darlegen

Eine Wahrnehmung berechtigter Interessen lag nicht vor, so die Richter. Schließlich habe dem Kläger die Möglichkeit offengestanden, in Berufung zu gehen, um in diesem Verfahren seinen Standpunkt darzulegen.

Verstöße gegen den Datenschutz können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt auch für Betriebsräte. Einmal mehr zeigt das Urteil, welch hohe Sorgfalt sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmervertreter*innen beim Umgang mit personenbezogenen Daten walten lassen müssen. Bei sensiblen Daten über die Gesundheit von Beschäftigten liegt die Messlatte sehr hoch. Doch meist eröffnen sich praxistaugliche Lösungen durch Anonymisierung und Pseudonymisierung.