Wenn der Geschäftsführer nichts kann.

 Über persönliche Haftung von Geschäftsführern für eigenes Unvermögen und Überwachungsverschulden.

Wenn der Geschäftsführer nichts kann.

Jeder kennt es: Nicht immer ist man allen Aufgaben des eigenen Jobs zu 100 % gewachsen. Für überforderte Geschäftsführer, die das nicht erkennen und sich nicht entsprechend verhalten, kann das aber rechtliche Folgen haben.

Geschäftsführer und ihre persönliche Haftung

Geschäftsführer einer GmbH genießen eine komfortable Position: Sie haften grundsätzlich nicht persönlich für Fehlentscheidungen, auch wenn sie damit ggf. finanzielle Schäden bei der Gesellschaft verursachen.

Allerdings regelt § 43 GmbHG, dass Geschäftsführer „in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden“ haben.

Verletzt ein Geschäftsführer diese Sorgfaltspflicht, haftet er der Gesellschaft persönlich auf Schadensersatz.

Sorgfaltspflicht und eigenes Unvermögen

Solange ein Geschäftsführer rationale, nachvollziehbare Entscheidungen im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht trifft, riskiert er keine persönliche Haftung.

Was hat es aber nun mit dem Unvermögen und der persönlichen Geschäftsführerhaftung auf sich?

Genau genommen ist es ein Aspekt der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes, sich selbst und seine eigenen (Kompetenz-)Grenzen zu kennen und danach zu handeln. Wer als Geschäftsführer sein eigenes Unvermögen – z. B. in bestimmten Aspekten der eigenen Arbeit – kennt, muss zumindest dafür sorgen, dass diese Aufgaben von anderen zuverlässig und ordnungsgemäß erledigt werden.

Das bedeutet: Auch wenn ein Geschäftsführer Aufgaben delegiert, die er nicht beherrscht, bleibt er immer für die ordentliche Erfüllung der Aufgaben verantwortlich.

BFH zur Haftung wegen Unvermögen eines Geschäftsführers

In einem Fall vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ging es um eine solche Konstellation (BFH, Beschluss v. 15.11.2022, Az.: VII R 23/19). Der Geschäftsführer einer GmbH überließ seinem Sohn faktisch die Geschäftsführung, obwohl der „nur“ als Prokurist der GmbH angestellt war. Er vertraute ihm damit auch die steuerlichen Belange der GmbH an. Der Sohn verkürzte allerdings über Jahre Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Als die Finanzbehörden die Steuerschulden vom Geschäftsführer persönlich beglichen wissen wollten, wollte der nicht zahlen: Sein Sohn habe die Geschäfte alleine geführt, der sei verantwortlich. Außerdem habe er wegen seines fortgeschrittenen Alters und fehlender PC-Kenntnisse nicht nachvollziehen können, ob sein Sohn die Steuerpflichten der GmbH ordentlich erfüllt habe.

Überwachungsverschulden: persönliche Haftung

Für den BFH kein Argument. Der Geschäftsführer musste für die Steuerschulden der GmbH geradestehen.

Er habe seine Pflichten als Geschäftsführer wenigstens grob fahrlässig verletzt. Denn auch wenn er nicht all seine Aufgaben selbst erfüllen könne, müsse er zumindest überwachen (können), dass die Aufgaben von anderen ordnungsgemäß erfüllt würden. Das gelte auch für die Abgabe von Steuererklärungen etc. Andernfalls treffe den Geschäftsführer das sog. Überwachungsverschulden.

Urteil nur für Steuerthemen relevant?

In diesem Fall vor dem BFH ging es um ein Steuerverfahren. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Grundsätze zur Haftung wegen Unvermögens und zum Überwachungsverschulden nicht auf andere Konstellationen übertragbar wären.

Geschäftsführer sind also immer gut beraten, ihre eigenen (Kompetenz-)Grenzen zu erkennen, zu akzeptieren und arbeitsteilige Arbeitsabläufe sachgerecht zu organisieren. Gelingt das nicht, ist es ratsam, das Amt ggf. niederzulegen, um persönlichen Haftungsrisiken wegen eigenen Unvermögens zu entgehen.

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Geschäftsführer, die ihre Aufgaben nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes erledigen, riskieren eine persönliche Haftung auf Schadenersatz.
  • Wer als Geschäftsführer nicht alle Aufgaben selbst wahrnimmt, muss ausführende Personen zumindest sachgerecht überwachen (können).
  • Gelingt das nicht, ist im Ernstfall das Überwachungsverschulden Grundlage für eine persönliche Haftung.