1. 24 Tage gesetzlicher Mindesturlaub – wie viele Wochen frei bedeutet das?
Der Mindesturlaub beträgt nach § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) mindestens 24 Tage. Allerdings geht diese Regelung von einer Sechs-Tage-Woche aus. Übertragen auf die gängige Fünf-Tage-Woche ergeben sich 20 Tage Mindesturlaub und damit nur vier Arbeitswochen. Selbstverständlich können Arbeitgeber hier noch übergesetzlichen Sonderurlaub gewähren. Für diesen müssen die gesetzlichen Vorgaben nicht gelten und Arbeitnehmer sollten genau auf die entsprechenden Vereinbarungen achten.
2. Dürfen Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen am Stück frei nehmen?
Der Urlaub ist grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren, das regelt § 7 Abs. 2 BurlG. Einmal im Jahr sollen Beschäftigte deshalb mindestens 12 Tage (bzw. 10 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche) hintereinander frei nehmen können. Ausnahmen sind möglich aus „dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen“. In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen lassen sich davon ebenfalls abweichende Regelungen treffen.
3. Haben auch Mitarbeiter in der Probezeit und Ferienjobber Anspruch auf Urlaub?
Urlaubsansprüche haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer, also auch Werkstudenten, Praktikanten im Rahmen von freiwilligen Praktika und Ferienjobber. Erst sechs Monate nach Start im neuen Job haben Arbeitnehmer*innen laut § 4 BUrlG Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub. Diese Frist ist auch noch nicht am letzten Tag der Wartezeit erreicht. Vielmehr müssen die sechs Monate ganz abgelaufen sein, um den vollen Urlaubsanspruch erstmalig entstehen zu lassen. Doch laut § 5 BUrlG besteht schon vorher ein anteiliger Anspruch auf freie Tage in Höhe von einem Zwölftel des Jahresurlaubs. Das gilt auch für Ferienjobber. Darüber hinaus gibt es eine Kürzungsregelung bei unterjährigem Ausscheiden.
4. Verfällt Urlaub nur nach Mitwirkung des Arbeitgebers?
Arbeitnehmer*innen müssen bis zum Jahresende ihren Urlaub nehmen, ansonsten droht laut Bundesurlaubsgesetz der Verfall der freien Tage. In machen Arbeitsverhältnissen wurde der Verfall auch vereinbarungsgemäß auf Ende März des Folgejahres verschoben. Dennoch ist der Verfall kein Selbstläufer: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfällt der Urlaub nicht automatisch, sondern Arbeitgeber*innen müssen darauf hinweisen, dass dies droht (C-619/16 und C-684/16). Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Auffassung in einem Grundsatzurteil angeschlossen. Demzufolge muss den Mitarbeiter*innen rechtzeitig vor Jahreswechsel der konkrete Umfang ihres Jahresurlaubs mitgeteilt werden. Zu empfehlen ist dies mindestens drei Monate im Voraus. Ebenfalls notwendig: Der Hinweis, dass die freien Tage Ende des Kalenderjahres verfallen, wenn Arbeitnehmer*innen in der Lage waren, Urlaub zu nehmen, diesen aber nicht beantragt haben.
Vor dem Hintergrund derzeit noch ungeklärter Rechtsfragen diesbezüglich ist sogar zu empfehlen, noch weiter zu gehen: Chef*innen sollten auch darauf hinweisen, was mit Urlaub geschieht, der aufgrund dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe nicht zum Jahresende verfällt. Einen Formulierungsvorschlag finden Sie hier zum Download. Im Streitfall obliegt dem Arbeitgeber die Beweislast für die entsprechenden Hinweise.
5. Kein Urlaubsverfall bei Krankheit, etwa wegen einer Corona-Infektion?
Urlaub dient der Erholung von der Arbeit, doch wer krank ist, ruht sich nicht aus. Deshalb können Mitarbeiter*innen, die im Urlaub erkranken, diesen nach § 9 BurlG später nachholen. Voraussetzung ist aber: Sie müssen dem Arbeitgeber die Krankheit melden und ein ärztliches Attest vorlegen.
Grundsätzlich muss der Mitarbeiter den ausgefallenen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen – außer es ist anderes vereinbart. Doch wenn er kurz vor Jahresende in seinen Ferien krank wird, kann er die ausgefallenen freien Tage ins Folgejahr übertragen. Gemäß § 7 BUrlG sind diese dann aber innerhalb des ersten Quartals zu nehmen. Ansonsten verfallen sie. Auch hier tritt der Verfall allerdings nur ein, wenn wie oben beschrieben ein schriftlicher Hinweis darauf erfolgt, dass nicht genommener Urlaub grundsätzlich am Ende der Übertragungsperiode Ende März des Folgejahres verfällt. Das gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitnehmer die freien Tage erneut nicht bis zum Ende der Übertragungsperiode nehmen kann, etwa aufgrund von Krankheit oder dringenden betrieblichen Gründen.
Im Falle einer Langzeiterkrankung, wenn Arbeitnehmer*innen mehrere Monate oder sogar jahrelang krank geschrieben sind, verfällt der Urlaub sogar erst am 31.03. des übernächsten Jahres, entschied das Bundesarbeitsgericht. Bezüglich der Frage, ob für den Verfall dabei ebenfalls ein entsprechender Hinweis des Arbeitgebers erforderlich ist, hat das Bundesarbeitsgericht den Europäischen Gerichtshof aktuell um Klarstellung gebeten.
6. Gibt es Ausnahmen für die Auszahlung von Urlaub?
Da Urlaub der Erholung und nicht dem Kontostand dienen soll, sieht das Bundesurlaubsgesetz keine Auszahlung vor. Allerdings gibt es eine Ausnahme laut § 7 Abs. 4 BUrlG, wenn wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Urlaub mehr gewährt werden kann: etwa weil die verbliebenen Arbeitstage dafür nicht ausreichen oder dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Die Höhe des Auszahlungsanspruchs berechnet sich nach § 11 BUrlG: Ausschlaggebend ist das Durchschnittsgehalt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Der Bruttolohn für 13 Wochen ist mit der Zahl des Resturlaubs zu multiplizieren und das Ergebnis wird durch die Gesamtzahl der Arbeitstage in diesen drei Wochen geteilt. Die Bezahlung für Überstunden fließt nicht mit ein.
7. Kann eine Urlaubssperre erfolgen?
Der Betrieb steht kurz vor der Insolvenz, Personalmangel infolge einer Grippewelle, das Vorweihnachtsgeschäft lässt sich nur mit kompletter Mannschaft bewältigen, der Jahresabschluss steht an, oder eine Maschine geht kaputt, die nur der Mitarbeiter reparieren kann, der frei nehmen will – alles Gründe, die im Sinne von § 7 BUrlG eine Urlaubssperre rechtfertigen können. Ansonsten dürfen Angestellte den Zeitraum ihres Urlaubs selbst bestimmen. Fehltage infolge Krankheit eines Mitarbeiters zählen nicht als dringender betrieblicher Grund, um Urlaubswünsche abzuschlagen.
8. Müssen Mitarbeiter im Urlaub nicht ständig erreichbar sein?
Wer ständig mit dem Anruf des Chefs rechnen muss, kann sich schlecht erholen. Das sieht auch das Bundesarbeitsgericht so: Nur bei zwingenden Angelegenheiten, die keinen anderen Ausweg zulassen, darf der Arbeitgeber anrufen (BAG, Urteil vom 20.06.00, Az.: 9 AZR – 405/99).
9. Gibt es einen Anspruch auf unbezahlten Urlaub und Sabbatical?
Die Tagesmutter fällt aus, der Großvater kommt nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht wieder allein zurecht oder einfach eine Woche an den Jahresurlaub dranhängen – kann ein Arbeitnehmer in diesen Fällen unabhängig von einer bezahlten Freistellungsmöglichkeit nach § 616 BGB unbezahlten Urlaub nehmen, wenn sein Jahresurlaub aufgebraucht ist? Muss der Chef das genehmigen? Unbezahlter Urlaub ist gesetzlich nicht geregelt. Teilweise enthalten Tarif- und Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen entsprechende Klauseln. Wenn nicht, besteht kein Anspruch auf unbezahlten Urlaub. Ob ja oder nein hängt also vom Unternehmen ab. Ausnahmen können mit Blick auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gelten, etwa wenn Angehörige pflegebedürftig sind, ein Kind unter zwölf krank ist oder die Wohnung nach Hochwasser überflutet. Grundsätzlich gilt auch hier: Einvernehmliche Lösungen sind immer vorzuziehen – nicht zuletzt mit Blick auf die Motivation des Mitarbeiters. Das gilt auch für den Wunsch nach einem Sabbatical. Was das Vorhaben einer Weiterbildung angeht, sind die Pläne der neuen Ampelregierung spannend, die eine Bildungs(teil)zeit nach österreichischem Vorbild vorsehen, um einen Berufsabschluss nachzuholen oder sich neu zu orientieren. Jedenfalls gilt: Urlaubsansprüche können für Zeiten unbezahlter Sonderurlaube entsprechend gekürzt werden.
Das Bundesurlaubsgesetz regelt die Mindestansprüche der Beschäftigten. Alles, was darüber hinausgeht, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder die Tarifvertragsparteien frei vereinbaren, etwa zusätzliche Urlaubstage oder die Übertragung von nicht genommenen freien Tagen über das erste Quartal hinaus. Auch wenn es nicht immer einfach ist, die Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse wie Schulferien, Kita-Schließzeiten, bevorzugte Jahreszeiten und Wetterverhältnisse mit betrieblichen Anforderungen wie Jahresabschluss oder Saisongeschäft in Einklang zu bringen. Es lohnt sich, hier zu investieren. Langfristig motiviert ist nur, wer die arbeitsfreie Zeit des Jahres weitgehend nach seinen Vorstellungen planen kann und während des Urlaubs nicht für den Chef erreichbar sein muss. Last but not least muss die Vertretungsregelung sichertellen, dass beim Start in den Alltag die Erholung nicht umgehend wieder verfliegt.