(Gesellschafter-)Geschäftsführer: Sozialversicherung, ja oder nein?

 Wann eine Sozialversicherungspflicht für GmbH-Geschäftsführer besteht, wann nicht.

(Gesellschafter-)Geschäftsführer: Sozialversicherung, ja oder nein?

Ob für einen (Gesellschafter-)Geschäftsführer eine Sozialversicherungspflicht besteht, ist für eine GmbH eine nicht unwichtige Frage: immerhin muss eine GmbH für Geschäftsführer Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und den Arbeitgeberanteil abführen, wenn für ihn eine Sozialversicherungspflicht besteht.

Entscheidend: weisungsabhängig oder nicht

Ob für einen GmbH-Geschäftsführer eine Sozialversicherungspflicht besteht oder nicht, ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Ganz allgemein findet sich in § 7 Abs. 1 SGB IV die Aussage: „Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“

Die Rechtsprechung geht auf dieser Grundlage davon aus, dass eine Sozialversicherungspflicht für einen GmbH-Geschäftsführer besteht, wenn dieser weisungsabhängig beschäftigt ist. Zu dieser Beurteilung hat das Bundessozialgericht abstrakte Kriterien aufgestellt.

Fremdgeschäftsführer: Sozialversicherungspflicht!

In vielen Fällen ist der Geschäftsführer nicht als Gesellschafter an der GmbH beteiligt, sondern allein auf Grundlage eines Dienstvertrags angestellt.

Auch wenn ein Teil seiner Vergütung dann gewinn- und verlustabhängig ist, sind diese Geschäftsführer als Fremdgeschäftsführer nach Auffassung der Rechtsprechung gegenüber der Gesellschafterversammlung weisungsunterworfen und damit „Beschäftigte“ im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Sie können für sie nachteilige Entscheidungen der Gesellschafter nicht verhindern.

Das gilt auch, wenn

  • der Geschäftsführer aufgrund der gelebten Praxis weitgehend weisungsfrei arbeitet oder nur ein eingeschränktes Direktionsrecht der Gesellschafter ausgeübt wird,
  • außerhalb der Satzung eine Einschränkung des Weisungsrechts geregelt ist,
  • der Geschäftsführer aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag allein vertretungsberechtigt ist bzw. berechtigt ist, einen solchen Geschäftsführer zu benennen, oder nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann (BSG, Urteil v. 01.02.2022, Az.: B 12 KR 37/19 R),
  • dem Geschäftsführer im Familienunternehmen aus familiärer Verbundenheit keine Weisungen erteilt werden.

Gesellschafter-Geschäftsführer: Sozialversicherung? Es kommt darauf an!

Anders kann die Rechtslage bei Gesellschafter-Geschäftsführern sein.

Weil diese Geschäftsführer teilweise über

  • eigene Gesellschaftsanteile an der GmbH oder
  • Regelungen im Gesellschaftsvertrag

erheblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH haben, kann der Gesellschafter-Geschäftsführer in einer solchen Konstellation als weisungsunabhängig und damit selbstständig gelten. Eine Sozialversicherungspflicht besteht dann nicht.

Geht es darum, diesen Punkt zu beurteilen, spielt im konkreten Fall jeweils v.a. der Umfang der Kapitalbeteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers eine Rolle:

Geschäftsführer = Mehrheitsgesellschafter

Hält der Geschäftsführer 50 % oder mehr Gesellschaftsanteile der GmbH, kann er die Entscheidungen der GmbH maßgeblich beeinflussen. Denn Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Ohne seine Stimme sind Beschlüsse nicht möglich.

Der tatsächliche rechtliche Einfluss des Geschäftsführers als Mehrheitsgesellschafter führt hier dazu, dass für den Gesellschafter-Geschäftsführer keine Sozialversicherungspflicht besteht.

Geschäftsführer = Minderheitsgesellschafter

Deshalb sind Gesellschafter-Geschäftsführer, die weniger als 50 % der GmbH-Anteile halten, regelmäßig sozialversicherungspflichtig. Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz.

Verfügt ein Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter über eine gesellschaftsvertraglich geregelte Sperrminorität, kann er – unabhängig von seinen (Stimm-)Anteilen – mit seiner Sperrminorität Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern. Die Sperrminorität verleiht ihm eine ähnliche Rechtsmacht, die er auch als Mehrheitsgesellschafter innehätte.

Deshalb besteht für einen Gesellschafter-Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter mit einer umfassenden Sperrminorität ebenfalls keine Sozialversicherungspflicht.

Im Umkehrschluss gilt deswegen: ohne umfassende Sperrminorität gilt ein Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter als weisungsgebunden und „unselbstständig“ – für ihn besteht eine Sozialversicherungspflicht.

Konstellation im Einzelfall entscheidend

Ob für einen GmbH-Geschäftsführer eine Sozialversicherungspflicht besteht, hängt damit von recht objektiven Faktoren ab.

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern steht und fällt die Sozialversicherungspflicht regelmäßig mit ihrem Anteil an der GmbH und ggf. mit gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu Sperrminoritäten.

Gesellschaftsvertrag aktiv gestalten & Status klären

Letztlich gibt nur ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rechtssicherheit im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer Sozialversicherungspflicht. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer ist das Statusfeststellungsverfahren zu Beginn seiner Tätigkeit ohnehin obligatorisch und wird von der Einzugsstelle bei Anmeldung zur Sozialversicherung eingeleitet.

Aufgrund der klaren (wenngleich nicht überzeugenden) Kriterien zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Geschäftsführers ist es aber weit wichtiger, schon bei der Gründung einer GmbH dieses Thema zu bedenken und entsprechend der individuellen Wünsche und Anforderungen im Gesellschaftsvertrag umzusetzen. Dabei sollte aber nicht nur die Sozialversicherungspflicht Maßstab sein. Es gilt eine Balance der Interessen zu finden. Das schützt die GmbH – aber auch den Geschäftsführer, der für die (seine!) Anmeldung zur Sozialversicherung verantwortlich ist – im Zweifel vor erheblichen Nachforderungen der Sozialversicherung gegenüber der GmbH und Schadenersatzansprüchen der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer.