Corporate Sustainability Reporting Directive: Neue Berichtspflichten für viele Unternehmen.

 ESG und Arbeitsrecht (3): HR sollte sich für detailliertere Informationsbegehren wappnen.

Corporate Sustainability Reporting Directive: Neue Berichtspflichten für viele Unternehmen.

Der EU-Gesetzgeber hat Ende Juni die regulatorischen Inhalte der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) festgelegt. Wir schildern, warum HR Manager*innen die neuen Berichtspflichten auf dem Radar haben sollten.

Die Berichterstattung zu Aspekten der Nachhaltigkeit eines Unternehmens wird in den nächsten Jahren stark ausgeweitet. Auch viele Mittelständler müssen nach der geplanten Corporate Sustainability Reporting-Richtlinie künftig über nichtfinanzielle Risiken in den Bereichen Environment, Social und Governance (ESG) berichten. Immerhin sieht die Einigung zwischen Europäischem Rat und EU-Parlament vom 21. Juni gestaffelte Anwendungszeiträume vor. Das soll vor allem denjenigen Unternehmen Erleichterung verschaffen, die bislang keine Erfahrung mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung haben.

Wer ist betroffen?

  • Ab 1. Januar 2024 gelten die erweiterten Berichtspflichten für große und börsennotierte Unternehmen, die bereits der Non-Financial Reporting Directive unterfallen.
  • Ab 1. Januar 2025 sind große Unternehmen betroffen, die derzeit nicht über nichtfinanzielle Informationen berichten müssen und zwei der drei folgenden Größenkriterien erfüllen: Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlös von mindestens 40 Millionen Euro, mindestens 250 Beschäftigte.
  • Ab 1. Januar 2026 unterfallen auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) den neuen Vorschriften, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: Mehr als zehn Beschäftigte, mehr als 350.000 Euro Bilanzsumme oder ein Nettoumsatzerlös von über 700.000 Euro.
  • Bis 2028 können börsennotierte KMU eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen und sich von der Reportingpflicht befreien lassen.
  • Auch Nicht-EU-Firmen sind nach der CSRD berichtspflichtig: Sofern sie einen Nettoumsatzerlös von 150 Millionen Euro erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben, müssen sie über ökologische, soziale und Governance-Aspekte im Sinne der Richtlinie informieren.

Komplexe Fragen zu Umwelt, sozialen Rechten und Governance

Ziel der Neuregelung ist eine größere Transparenz für Investoren, Geschäftspartner und Konsumenten. Der Nachhhaltigkeitsbericht soll Teil des Lageberichts werden und von Wirtschaftsprüfern kontrolliert werden. Dabei sind Fragen zu beantworten wie: Wie stellt das Unternehmen sicher, dass sein Geschäftsmodellund und seine Strategie mit dem 1,5 Grad Celsius-Ziel des Übereinkommens von Paris vereinbar sind? Welche Ziele hat es sich im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten gesetzt? Und welche Fortschritte macht der Betrieb bei der Zielerreichung? Auch soziale Faktoren sind im Fokus: etwa Geschlechtergerechtigkeit, Lohngleichheit oder Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Hinzu kommen Governance-Aspekte, also gute Unternehmensführung mit Blick auf den Betrieb und seine Produkte selbst, aber auch seine Geschäftspartner und die Lieferkette. Für KMU gelten nach Artikel 19a Abs. 5 der Richtlinie einige Erleichterungen bei der Berichterstattung.

Relevanz für HR

Mit Blick auf die Sozialfaktoren, über die Unternehmen künftig berichten müssen, muss sich die Personalabteilung für neue Informationsbegehren wappnen. Über die genannten Aspekte hinaus zählen dazu bespielsweise

  • Ausbildung und Qualifizierung sowie Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderung,
  • Fragen der Diversity bis hin zur Unternehmensführung,
  • Arbeitssicherheit,
  • Beteiligung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen,
  • Wahrung der Menschenrechte sowie internationaler Standards – auch entlang der Lieferkette,
  • Kampf gegen Korruption und Bestechung,
  • Zielvorgaben zu sozialen Faktoren und Messmethoden.

Vor diesem Hintergrund sollten HR Manager*innen proaktiv handeln und gegebenfalls gemeinsam mit Legal frühzeitig prüfen: Inwieweit ist das Unternehmen von den neuen Berichtspflichten betroffen? Welche Datenlage ist seitens HR zu schaffen, um diese zu erfüllen? Welche digitale und organisatorische Infrastruktur ist dafür notwendig? Unternehmen sind gezwungen, zukunftsorientiert zu denken: Im Sinne der sogenannten doppelten Materialität ist über alle Sachverhalte zu informieren, die entweder für den Geschäftserfolg wesentlich sind oder nach ökologischen beziehungsweise sozialen Gesichtspunkten. So ist nach der Outside-In-Perspektive etwa zu analysieren: Wie wirkt sich mangelhafte Diversity im Management auf das Recruiting und somit möglicherweise auf den künftigen Unternehmenserfolg aus? Bei der Inside-Out-Perspektive geht es beispielsweise um Fragen wie: Welche Auswirkungen hat das unternehmerische Handeln auf Menschen und Gesellschaft?

Mitbestimmung beachten

Im Blick behalten müssen Personalverantwortliche dabei etwaige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, etwa was Daten über Diversity, gerechte Lohngestaltung oder die Einführung von sozialen Ethik- und Verhaltensstandards betrifft.

Mehr Reporting führt nicht zwingend zu mehr Klimaschutz oder Wahrung von Menschenrechten. Insbesondere der Mittelstand braucht wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für die grüne Transformation. Insofern ist zu befürchten, dass die geplante Corporate Sustainability Reporting Directive vor allem zu mehr Bürokratie führt, statt zu mehr Nachhaltigkeit. Statt eigener Regeln aus Brüssel können vor allem globale Standards mehr Transparenz für Investoren in Sachen Nachhaltigkeit schaffen. Nichtsdestotrotz sollten HR Manager*innen proaktiv handeln und etwaigen Handlungsbedarf durch die neuen Regeln analysieren. Um Doppelarbeit und Mehraufwand zu vermeiden, gilt es diese bei der Umsetzung des deutschen Lieferkettengesetzes genauso mitzudenken und abzugleichen wie die Pläne für das EU-Lieferkettengesetz. Als positiver Nebeneffekt ist zu verbuchen: Informationen wie die Frauenquote in Aufsichts- und Leitungsgremien, im Talentpool oder auf der Shortlist bei Beförderungsprozessen lassen sich auch nutzen, um im Recruiting als Arbeitgeber zu punkten. Zudem gewichten Unternehmenskäufer, Investoren, Ratingagenturen oder Banken immer stärker, ob eine People-Strategie ESG-Kriterien wie diskriminierungsfreie Vergütung, Diversity und Menschenrechte im Blick hat.