Corporate Influencer: Stolperfallen und Best Practices für Arbeitgeber.

 Wichtige Regeln für Unternehmen, die Mitarbeiter als Markenbotschafter einsetzen.

Dr. Yuanyuan Yin

Corporate Influencer: Stolperfallen und Best Practices für Arbeitgeber.

Ob im Marketing, für die Mitarbeiterbindung oder das Employer Branding – Corporate Influencer können maßgeblich auf den Unternehmenserfolg einzahlen. Wir schildern, welche Fußangeln etwa im Arbeitsrecht und Datenschutz Arbeitgebende umgehen müssen.

Nicht nur Fashion-, Reise- und Foodblogger mit vielen Followern betätigen sich als Influencer, indem sie auf Plattformen wie Twitter, TikTok, Snapchat, Instagram oder Twitter über ihr Leben berichten und darüber, wie sie Produkte und Dienstleistungen wie Handtaschen, Kochgeräte, Hotels oder Restaurants nutzen und bewerten. Inzwischen haben sich auch Corporate Influencer oder Corporate Ambassadors in der Unternehmenskommunikation etabliert. Wenn sie glaubwürdig und authentisch über eine Vielzahl von Themen berichten, kann sich dies positiv auf die Reputation von Unternehmen und das Engagement ihrer Mitarbeiter auswirken.

Oft sind Corporate Influencer interne Mitarbeiter des Unternehmens und es besteht daher bereits ein Arbeitsverhätnis. Um die Tätigkeit von Mitarbeitern als Markenbotschafter zu ermöglichen und zu regeln, gibt es zwei Wege: Entweder im Arbeitsvertrag oder als Zusatzvereinbarung und zweites Rechtsverhältnis.

  1. Weisungsrecht stößt an Grenzen
    Zählt die Tätigkeit als Corporate Influencer zu den Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, steht Unternehmen das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO und § 611 Abs. 1 BGB zu und Letzterer kann Inhalt, Ort und Zeit der Beschäftigung bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht etwa durch eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
    Doch Vorsicht: Nicht selten haben Corporate Influencer bereits einen erfolgreichen Social Media Account mit vielen Followern und werben dann mit dem Image ihrer eigenen Person und ihren privat aufgebauten Beziehungen. Die Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers erreicht, wenn Anordnungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Corporate Influencers tangieren. So haben Unternehmen selbstverständlich keinen Einfluss darauf, wenn Beschäftigte sich rein privat beispielsweise als Fashionblogger betätigen. Dies darf dann allerdings nicht während der Arbeitszeit erfolgen und sich auch nicht nachteilig auf die Tätigkeit auswirken.
  2. Werkvertrag oder freier Dienstvertrag?
    In der Praxis sind Corporate Influencer häufig als Selbständige auf Grundlage von Werk– oder Dienstverträgen tätig. Gemäß § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB ist die Tätigkeit dann nicht weisungsgebunden, wenn der Mitarbeiter als Markenbotschafter seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Ein nicht-arbeitsrechtliches zweites Rechtsverhätlnis lässt das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich zu. Voraussetzung ist allerdings: Das Weisungsrecht, das dem Arbeitgebenden aufgrund des Arbeitsvertrags zusteht, gilt nicht für die Tätigkeit im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrags. Oft ist dies der Fall, wenn Beschäftigte bereits in ihrer Freizeit als Influencer tätig sind und schon privat einen erfolgreichen Influencer-Account aufgebaut haben, den sie dann für Unternehmenszwecke nutzen. Alternativ können Arbeitgeber und Corporate Influencer zusammen unter dem Namen des Unternehmens einen neuen Account oder eigenständigen Online-Auftritt nur für das Unternehmen aufbauen.
  3. Vorgaben für Arbeitsschutz und Arbeitszeit beachten
    Wichtig zu wissen: Unternehmen müssen sorgfältig abgrenzen, ob es sich bei Erstellung und Posten von Fotos, Stories oder Videos um eine Pflicht aus dem Arbeitsverhätnis handelt. Ist ein Corporate Influencer aufgrund Arbeitsvertrag tätig, sind die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Dazu zählen beispielsweise die tägliche Höchstarbeitszeit, eine Mindestruhezeit von elf Stunden oder Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis neun Stunden und 45 Minuten, wenn Mitarbeitende mehr als neun Stunden arbeiten. An Sonn- und Feiertagen sollen auch Corporate Influencer ruhen. Bei einem Verstoß drohen Geldbußen bis zu 30.000 Euro, schlimmstenfalls gar bis zu einem Jahr Gefängnis.
  4. Tücken im Datenschutz
    Beliebte Aktivitäten von Corporate Influencern wie das Einrichten einer Fanpage oder die Durchführung von Gewinnspielen sind als personenbezogene Datenverarbeitung einzustufen, so dass Transparenz- und Informationspflichten gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz zu beachten sind. Dazu zählen beispielsweise eine Datenschutzerklärung und Einwilligungstexte für die Verarbeitung der Nutzerdaten. Beim Online-Marketing für ein Produkt oder eine Dienstleistung des Unternehmens ist zudem das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) zu beachten und es bedarf gemäß Art. 12 bis 14 DSGVO sowie § 25 TTDSG näherer Informationen über Rechtsgrundlage, Interessenabwägung, Aufbewahrungsfrist für personenbezogene Daten sowie die Rechte der Seitenbesucher. Bei Verstößen drohen gemäß Art. 83 Abs. 5 DSGVO hohe Bußgelder. Unter Umständen kommen Schadensersatzansprüche Betroffener hinzu.
  5. Vorsicht Haftung!
    Verstoßen Arbeitnehmer*innen bei ihrer Tätigkeit als Corporate Influencer gegen Vorschriften im Datenschutz, Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrecht, haften nicht nur sie selbst, sondern auch der Arbeitgeber, etwa nach § 8 Abs. 2 UWG, § 99 UrhG oder § 14 Abs. 7 MarkenG. Beschäftigte können in diesem Fall nach den Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs Freistellung vom Arbeitgebenden verlangen. Ist der Corporate Influencer dagegen nicht aus Basis eines Arbeitsvertrags, sondern im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags tätig, kann das Unternehmen aufgrund entsprecheder vertraglicher Regeln in vollem Umfang auf den Mitarbeiter zurückgreifen.
  6. Dienst- oder Werkvertrag vereinfacht Kündigung
    Besteht kein Arbeitsverhältnis, gelten auch die arbeitsrechtlichen Anforderungen an eine Kündigung nicht. Für eine Befristung oder Beendigung von Dienst- oder Werkverträgen mit Influencern gibt es keine besondere Einschränkung.
  7. Betriebsrat bestimmt mit
    Laut Bundesarbeitsgericht kann auch eine vom Arbeitgeber betriebene Facebookseite eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sein, die sich zur Überwachung von Mitarbeitern eignet.

Best Practices für Unternehmen

Die folgenden Regelungen und Gestaltungen haben sich in der Praxis bewährt:

  1. Social Media Guidelines
    Um Haftungsrisiken zu minimieren, sollten Arbeitgeber Social Media Guidelines formulieren, die Umfang der Nutzung und Einsatz der sozialen Medien am Arbeitsplatz regeln. Diese sollten durch Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung implementiert werden. Das Direktionsrecht lässt es zu, diese Richtlinien für alle Mitarbeiter einseitig vorzugeben. Auch die Pflichten von Corporate Influencern etwa mit Blick auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Datenschutz sowie Urheberrecht lassen sich so konkretisieren und Regeln für den rechtmäßigen Umgang mit Kollegen, Kunden und Wettbewerbern aufstellen. Und im Falle einer Pflichtverletzung können Mitarbeiter entsprechend sanktioniert werden. Da es sich um Verhaltensregeln handelt, hat der Betriebsrat ein Mitspracherecht.
  2. Regelmäßiges Training zu rechtlichen Risiken
    Damit Beschäftigte die rechtlichen Risiken beim Umgang mit sozialen Netzwerken erkennen und einschätzen können, sind regelmäßige Schulungen als Präventionsmaßnahme ratsam – für alle Mitarbeiter einschließlich der Corporate Influencer. Nicht zu vergessen ist dabei: Der Betriebsrat bestimmt mit bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung gemäß § 98 Abs. 1 BetrVG.
  3. Scheinselbständigkeit vermeiden
    Werden Influencer-Tätigkeiten neben der arbeitsvertraglichen Tätigkeit auf Basis eines seperaten Dienst- oder Werkvertrags ausgeführt, kommt es häufig vor, dass die Online-Aktivitäten der Corporate Influencer nicht klar getrennt werden können von den weisungsgebundenen Tätigkeiten für das Unternehmen. Das kann zu einem Verdacht auf Scheinselbständigkeit führen. Unternehmen müssen deshalb wie oben beschrieben strikt darauf achten, dass die Influencer-Tätigkeiten nicht einem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht unterliegen. Fehlt eine klare Abgrenzung zu den Aufgaben laut Arbeitsvertrag, müssen Arbeitgebende mit Nachzahlungsforderungen der Sozialversicherung rechnen. Unter Umständen machen sie sich sogar strafbar nach § 266a StGB.
  4. Eigenen Account einrichten
    Für Online-Marketing und sonstige Aktivitäten von Corporate Influencern ist ein reiner Business Account empfehlenswert, der klar abgetrennt ist von der privaten Nutzung. So lässt sich auch die oben erläuterte, schwierige Abgrenzung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Arbeitnehmer*innen bei der Influencer-Tätigkeit umgehen.
  5. Impressumspflicht für Corporate Influencer
    Für Corporate Influencer besteht genauso eine Impressumspflicht wie für den Onlineauftritt des Unternehmens. Die Best Practice-Empfehlung lautet, das Unternehmensimpressum auch im Online-Profil von Mitarbeitern als Markenbotschafter anzugeben. Für Verstöße drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

Insbesondere große Unternehmen setzen Mitarbeiter als Markenbotschafter ein und profitieren davon in puncto Mitarbeiterbindung, Employer Branding und Stärkung der Marke sowie im Marketing für neue Produkte bei jüngeren Zielgruppen. Damit der Erfolg nachhaltig ist, bedarf es klarer Richtlinien, welche die rechtlichen Risiken minimieren. Besonderes Augenmerk gilt der Vermeidung von Scheinselbständigkeit und der Abgrenzung von Pflichten aus dem Arbeitsvertrag von der Tätigkeit als Corporate Influencer.