Bundesverfassungsgericht kippt den “Berliner Mietendeckel”.

 Eine kurze Atempause für den Berliner Immobilienmarkt?

Bundesverfassungsgericht kippt den “Berliner Mietendeckel”.

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung vom 23.02.2020 ist per Beschluss des Bundesverfassungsgerichts am 15.04.2021 für nichtig erklärt worden. Der Berliner Mietendeckel verstößt gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes.

Die heißeste Frage in Berlin, die so gut wie uns alle, Mieter und Vermieter, seit mehr als einem Jahr bewegt hat: Bleibt der Mietendeckel oder wird er aufgehoben? Es wurde diskutiert, spekuliert und gewettet, nun haben die Richter in Karlsruhe entschieden: Das Gesetz ist verfassungswidrig. Im Ergebnis heißt das: Das Gesetz wird aus der Rechtsordnung eliminiert und darf nicht mehr angewendet werden. Dazu bedarf es keiner neuen gesetzlichen Regelung, da die Entscheidung des BVerfG Gesetzescharakter hat.

Was ist passiert?

Seit Februar 2020 waren die Mieten für rund 1,5 Millionen vor 2014 fertiggestellte Wohnungen auf dem Stand von Juni 2019 aufgrund einer landesrechtlichen Regelung eingefroren. Auch bei einer Neuvermietung mussten sich die Vermieter an die Obergrenzen halten. Diese wurden wiederum anhand Alter, Ausstattung, Lage und der zuletzt verlangten Miete definiert. War die daran gemessene Miete überhöht, zahlten die Mieter eine geminderte Miete. Für Verstöße sah der Mietendeckel Geldbußen von bis zu 500.000 Euro vor. Neun von zehn Mietwohnungen waren davon betroffen. Im Mai 2020 hatten FDP und CDU/CSU in Karlsruhe einen Normenkontrollantrag eingereicht. Die insgesamt 284 Abgeordneten meinten, dass das Land Berlin seine Befugnisse überschritten hat – Mietrecht sei Sache des Bundesgesetzgebers.

Was sind die Kernaussagen der Entscheidung?

Das Bundesverfassungsgericht hat auf den Deckel gehauen: Das Gesetz zur Mietenbegrenzung ist nichtig, weil das Land Berlin nicht zuständig ist. Regelungen zur Miethöhe fallen in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Das bedeutet, dass die Länder nur zur Gesetzgebung befugt sind, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat. (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Miet(preis)recht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts für die Gesetzgebungsbefugnis des Landes Berlin kein Raum. Spätestens in 2015 wurden die Vorschriften zur Mietpreisbremse ins BGB aufgenommen. Die Kommunen konnten damit die Preise in angespannten Lagen bei Neuvermietungen auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzen. Der Mietendeckel regelt im Wesentlichen denselben Sachverhalt wie die Mietpreisbremse, greift aber nochmals stärker als die Regelungen des Bundes in die Vertragsfreiheit von Mieter und Vermieter ein.

Welche Fragen stellen sich für die Zukunft?

Grundsätzlich können die Vermieter den durch den Mietendeckel reduzierten Teil der Miete zurückfordern. Werden die Berliner Mieter die eingesparte Miete aber wirklich nachzahlen? Haben sie es angespart, wie es vom Senat und von Mietverbänden angeraten wurde? Einige große Immobilienkonzerne kündigten an, auf die Nachzahlungen verzichten zu wollen (z.B. Vonovia). Weitere Kündigungen und gerichtliche Mietstreitigkeiten sind damit vorprogrammiert. Eine Sache ist sicher: Vermietete Wohnungen werden für Geldanleger wieder interessanter.

Die Entscheidung überrascht wenig. An Kritik über Politik und Recht hat es von Anfang an nicht gefehlt. Der Mietendeckel hat zum Investitionsstau geführt. Die Angebote am Wohnungsmarkt gingen zurück. Es war besser gar nicht zu vermieten als zu billig zu vermieten. Dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt hat der Mietendeckel überhaupt nicht geholfen. Eines gilt jedoch zu beachten, das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel “nur” für nichtig erklärt, aber weder Korrekturmöglichkeiten noch andere denkbare Ansätze aufgezeigt. Es ist auch nicht eindeutig, ob das Gesetz rückwirkend abgewickelt werden soll. Viele Vermieter haben sich das vertraglich vorbehalten. Bleibt der Berliner Mietendeckel nur ein Running Gag, ein gescheiterter Versuch bezahlbares Wohnen in den Metropolen zu schaffen? Oder wird die neue Regierung das Thema des Mietendeckels aufgreifen und hierzu Ermächtigungen für die Länder schaffen? Es bleibt spannend.