Mitarbeiter mit Schutzweste und Helm beobachtet Containerschiff im Hafen – Symbol für Exportkontrolle, Außenwirtschaftsrecht und internationale Defence-Transaktionen.

Was die AWV-Novelle und verschärfte Exportkontrollen für Transaktionen in der Rüstungs- und Sicherheitsbranche bedeuten. Der deutsche Defence-Sektor erlebt eine deutliche Konsolidierungswelle. Seit der Zeitenwende 2022 fließen Milliarden in Verteidigungs- und Dual-Use-Unternehmen. Gleichzeitig wächst die Komplexität der Regulierung: Das Außenwirtschaftsrecht entwickelt sich zunehmend zu einem strategischen Instrument der Sicherheitspolitik. Für M&A-Transaktionen bedeutet das: Investitionskontrolle, Exportkontrolle und Sanktionsrecht verschmelzen zu einem engmaschigen Regelwerk, das Corporate-Law-Praktiker zwingt, Compliance und Transaktionsstruktur von Anfang an zu verzahnen.

AWV-Novelle 2025: Meldepflichten als Prüfstein.

Zum 1. Januar 2025 trat eine grundlegende Reform der Außenwirtschaftsverordnung in Kraft. Sie modernisiert die Meldevorgaben für grenzüberschreitende Kapitalbewegungen und Beteiligungserwerbe. Unternehmen müssen Zahlungen, Direktinvestitionen und Forderungen gegenüber ausländischen Partnern künftig präziser erfassen. Für M&A-Transaktionen im Defence-Umfeld heißt das: Bestehende Treasury-Prozesse, Schwellenwerte und Meldeformate müssen überprüft werden. Die Deutsche Bundesbank hat bereits angekündigt, Verstöße stärker zu sanktionieren – ein Risiko, das bei Transaktionsplanungen frühzeitig berücksichtigt werden sollte.

Investitionskontrolle als Deal-Gatekeeper.

Die sektorspezifische Prüfung nach §§ 60–62 AWV erfasst Unternehmen, die Rüstungsgüter oder sicherheitsrelevante Technologien entwickeln oder produzieren. Bereits ab einer Beteiligung von 10 Prozent der Stimmrechte durch ausländische Investoren – auch aus EU- und EFTA-Staaten – ist eine Meldung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erforderlich. Seit der AWG-Reform 2020 reicht eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der öffentlichen Sicherheit für Eingriffe aus. Damit hat sich die Prüftiefe erheblich erhöht. Für Käufer bedeutet das: Frühzeitige Freigabeverfahren, realistische Closing-Timelines und klar definierte MAC-Klauseln sind Pflicht.

Exportkontrolle: Von Rüstung zu Hochtechnologie.

Die Exportkontrolle richtet ihren Fokus zunehmend auf zivile Hochtechnologien mit potenzieller militärischer Verwendung – etwa Künstliche Intelligenz, Halbleiter, Sensorik und Datenanalyse. Neben den gelisteten Rüstungsgütern greifen die Catch-all-Bestimmungen der EU-Dual-Use-Verordnung, sobald eine militärische Endverwendung nicht ausgeschlossen werden kann. Eine rein listenbasierte Prüfung reicht daher nicht mehr aus: Die Due Diligence muss um eine zweckbezogene Risikoanalyse erweitert werden, die End-Use, Geschäftspartner und Zielmärkte einschließt.

Sanktionsrecht und Strafverschärfung.

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2024/1226 verschärft Deutschland 2025 die Strafbarkeit außenwirtschaftsrechtlicher Verstöße. Zahlreiche Ordnungswidrigkeiten – etwa leichtfertige Ausfuhrverbote oder Umgehungshandlungen – werden zu Straftaten. Parallel entsteht beim Zollkriminalamt eine neue Koordinierungsstelle für Sanktionsdurchsetzung. Die Botschaft ist klar: Enforcement wird zur Priorität. Unternehmen müssen ihre Internal Compliance Programs (ICP) überprüfen, Genehmigungen dokumentieren und Transaktionsdaten revisionssicher erfassen.

Technologische Compliance-Tools.

Künstliche Intelligenz wird zum Standard für Screening und Risikoanalyse. KI-gestützte Systeme prüfen Lieferketten, End-User und Exportlisten in Echtzeit und reduzieren manuelle Fehler. Gleichzeitig müssen Zielunternehmen nachweisen, dass sie den Einsatz solcher Systeme sicher und datenschutzkonform gestalten.

Der Trend ist eindeutig: Wer Defence-Transaktionen strukturiert, muss das Außenwirtschaftsrecht nicht nur kennen, sondern strategisch in die Deal-Architektur integrieren.

TakeAway: Drei Handlungsfelder für rechtssichere Defence-M&A

Während der Due Diligence

  • Export- und Sanktions-Compliance priorisieren. Exportkontroll-, Sanktions- und Geheimschutzprüfungen gehören in den Kern der Legal Due Diligence. Frühzeitige Integration in den Bewertungsprozess ist entscheidend.
  • KI-gestützte Tools nutzen. Automatisiertes Screening von Geschäftspartnern, End-Use-Analysen und KYC-Prozesse erhöhen Effizienz und reduzieren Fehlerrisiken.
  • Technische DD durch cleared personnel. Bei sicherheitsrelevanten Zielunternehmen sollte die technische Due Diligence nur von sicherheitsüberprüften Experten durchgeführt werden.

In der Vertragsgestaltung

  • Regulatorische Risiken absichern. Material Adverse Change-Klauseln sollten explizit auf Genehmigungsversagungen, Sanktionsänderungen oder Lizenzverluste eingehen.
  • Compliance-Garantien verlängern. Gewährleistungsfristen für Export- und Sanktionsverstöße an gesetzliche Verjährungsfristen anpassen – besonders im Hinblick auf die Richtlinie (EU) 2024/1226.
  • Mehrschichtige Risikoallokation. Kombination aus Garantien, Freistellungen, Escrow-Mechanismen und W&I-Versicherung ermöglicht eine präzise Balance zwischen Käufer- und Verkäuferinteressen.

Post-Closing

  • Compliance-Systeme modernisieren. Internal-Compliance-Programme sollten nach Closing durch KI-gestützte Monitoring-Systeme ergänzt werden, um Genehmigungen, Verlängerungen und Exportdaten fortlaufend zu überwachen.

Fazit

Außenwirtschaftsrecht wird zum strategischen Faktor
M&A-Transaktionen im Defence-Sektor stehen 2025 unter neuen Rahmenbedingungen. Die Kombination aus AWV-Novelle, verschärfter Investitionskontrolle und ausgeweiteter Exportkontrolle macht das Außenwirtschaftsrecht zum strategischen Erfolgsfaktor jeder Transaktion.

Rechtssicherheit entsteht nur dort, wo wirtschaftliche Ziele und regulatorische Vorgaben konsequent miteinander verzahnt werden.

Das Wichtigste kurz zusammengefasst

  • Frühzeitige Behördenkommunikation mit BMWK und BAFA ist unverzichtbar, um Verzögerungen zu vermeiden.
  • Technologische Compliance wird zum Standard – KI-basierte Analyse- und Screeningtools beschleunigen Prüfprozesse und stärken Governance-Strukturen.
  • Präzise Vertragsarchitektur mit spezifischen Garantien, Freistellungen und klar definierten MAC-Klauseln reduziert Haftungsrisiken und schafft Planungssicherheit.