Kürzung des Mindesturlaubsanspruchs während der Kurzarbeit.

 Mindesturlaubsanspruch verringert sich automatisch zeitanteilig, so ein aktuelles Urteil des EuGH.

Kürzung des Mindesturlaubsanspruchs während der Kurzarbeit

Wird in einem Betrieb Kurzarbeit eingeführt, verringert sich der Mindesturlaubsanspruch automatisch zeitanteilig, so ein aktuelles Urteil des EuGH.

Rechtsprechung des EuGH

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind Kurzarbeiter „vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer“. Ihre Situation ist faktisch mit der von Teilzeitbeschäftigten vergleichbar (EuGH, Urteil vom 08.11.2012 – C-229/11 und C-230/11 (Heimann und Toltschin)).

Daraus folgt, dass ein Arbeitnehmer, der sich in Kurzarbeit befindet, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nur für die Zeiträume erwerben kann, in denen er tatsächlich gearbeitet hat. Für Kurzarbeitszeiten, in denen er nicht gearbeitet hat, entsteht demnach kein Urlaubsanspruch (EuGH, Urteil vom 13.12.2018 – C-385/17 (Hein)). 

Praxisbeispiel

Hat ein Arbeitnehmer zum Beispiel etwa bei einer 6-Tage-Woche normalerweise einen Urlaubsanspruch von 24 Tagen im Kalenderjahr, hat er nach einem Monat Kurzarbeit Null nur noch einen Urlaubsanspruch von 22 Tagen. Dies setzt jedoch voraus, dass er nicht schon vorher 24 Tage Urlaub genommen hat. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Mehrurlaub, gilt das für den Mehrurlaub grundsätzlich ebenso, wenn von den Arbeitsvertragsparteien nicht zwischen Mindest und Mehrurlaub differenziert wurde.

Auswirkung auf das deutsche Arbeitsrecht

Ob die automatische Kürzung in Deutschland uneingeschränkt gilt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zum Beispiel tendiert in diese Richtung (LAG Hamm, Urteil vom 30.08.2017 – 5 Sa 626/17). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diesen Fall jedoch noch nicht entschieden. Es kann also nach wie vor sein, dass eine Kürzung des Mindesturlaubs bei Kurzarbeit vom BAG nicht akzeptiert wird. Hintergrund dafür könnte sein, dass das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) als für den Arbeitnehmer günstiger angesehen werden könnte. Denn in Deutschland gilt, dass für das Entstehen des Mindesturlaubsanspruches nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung ist. Die Richtlinie 2003/88 lässt das Recht der Mitgliedstaaten, für den Schutz der Arbeitnehmer günstigere nationale Vorschriften anzuwenden, unberührt.

Es ist allerdings zu erwarten, dass das BAG die automatische Kürzung des Mindesturlaubsanspruchs anerkennen wird.

Eine größere Rechtssicherheit kann dabei durch eine individualvertragliche oder kollektive Regelung nicht erreicht werden. Denn §§ 1, 3 BUrlG, die die Entstehung des Urlaubsanspruchs beinhalten, sind gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG selbst durch Tarifverträge nicht abdingbar. Sollte das BAG die Kürzung wider Erwarten doch ablehnen, hätte demnach auch eine anderslautende Vereinbarung keinen Bestand.