Feststellung des Jahresabschlusses = Entlastung des Geschäftsführers?

 Nein, urteilt das OLG Brandenburg – jedenfalls nicht immer und automatisch.

Feststellung des Jahresabschlusses = Entlastung des Geschäftsführers?

Rund um die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung des Geschäftsführers kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Auf eine Frage in diesem Kontext hat das OLG Brandenburg eine Antwort gegeben: Ist die Feststellung des Jahresabschlusses automatisch eine Entlastung des Geschäftsführers? (OLG Brandenburg, Urt. v. 29.06.2022, Az.: 7 U 133/21)

Die Entlastung

Nach § 46 Nr. 5 GmbHG kann dem Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung Entlastung erteilt werden. Für Geschäftsführer ist das von enormer Bedeutung, weil die Entlastung in aller Regel ihre persönliche Haftung gegenüber der Gesellschaft für bestimmte Zeiträume ausschließt.

Das gilt allerdings nur für Vorgänge, die für Gesellschafter z. B. anhand des Jahresabschlusses und der verbundenen Berichterstattung etc. nachvollziehbar sind. Verschleiert ein Geschäftsführer bestimmte Sachverhalte „in den Büchern“, bezieht sich der Entlastungsbeschluss auf diese Sachverhalte allerdings nicht. Dann kann die Gesellschaft gegen den Geschäftsführer Schadensersatzforderungen erheben – auch bei einem an sich wirksamen Entlastungsbeschluss.

Ist ein Fehlverhalten des Geschäftsführers für die Gesellschafter aber nachvollziehbar bzw. erkennbar und durch Nachforschungen aufklärbar gewesen, gilt das allerdings nicht: Kümmern sich Gesellschafter um Ungereimtheiten z. B. im Jahresabschluss, wirkt ein Entlastungsbeschluss trotz eines Fehlverhaltens des Geschäftsführers für ihn – Schadensersatzforderungen: ausgeschlossen.

Erteilen Gesellschafter also etwas zu „leichtfertig“ einen Entlastungsbeschluss, obwohl sie ein Fehlverhalten hätten erkennen können, schließt das Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen einen Geschäftsführer für den jeweiligen Zeitraum aus.

Geschäftsführergehalt: Darf‘s ein bisschen mehr sein?

Ein Streit rund um Entlastungsbeschlüsse, Jahresabschlüsse und Schadensersatzforderungen beschäftigte auch das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Hier kam es zum Streit zwischen einer GmbH und ihrem inzwischen abberufenen Gesellschafter-Geschäftsführer.

Der Geschäftsführer hatte sich ohne die notwendige Abstimmung mit den Gesellschaftern eine Gehaltserhöhung gegönnt. Das war in den entsprechenden Bilanzen auch erkennbar. Trotz der ungewöhnlich hohen Zahl in der Bilanz wurde der Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung für zwei Geschäftsjahre entlastet. Für andere Jahre lag allerdings nur die Feststellung des Jahresabschlusses vor, kein expliziter Entlastungsbeschluss.

Irgendwann fiel den Gesellschaftern auf, dass der Geschäftsführer sich ohne ihre Zustimmung mehr Gehalt gegönnt hatte. Deswegen verlangte die GmbH von ihrem Ex-Geschäftsführer Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem erhöhten Geschäftsführergehalt.

Festgestellter Jahresabschluss ist keine Entlastung

Die Schadensersatzklage war allerdings nur teilweise erfolgreich.

Für die Jahre, für die ein Entlastungsbeschluss vorlag, scheiterte die Schadensersatzklage der GmbH. Hier hätten die Gesellschafter in den Bilanzen die „Überzahlungen“ erkennen können und nachforschen müssen, was es mit diesen ungewöhnlich hohen Gehaltszahlungen auf sich hat.

Anders hingegen bei den Geschäftsjahren, in denen nur der Jahresabschluss festgestellt worden war. Hier sprach das OLG der Gesellschaft Schadensersatz in Höhe der Überbezahlung für diese Zeiträume zu: Die Feststellung des Jahresabschlusses sei keine Entlastung des Geschäftsführers. Sie sei grundsätzlich nur die Feststellung bestimmter Ausgaben ohne Erklärung darüber, ob die Vorgänge rechtmäßig seien. Die Feststellung des Jahresabschlusses könne deswegen nur dann entlastend wirken, wenn die Beschlussfassung ansatzweise erkennen lasse, dass auch die Entlastung des Geschäftsführers gewollt sei (z. B. wenn im Abstimmungskontext ausdrücklich auch über die Entlastung gesprochen wurde).

Einen Automatismus, dass ein Geschäftsführer entlastet ist, wenn der Jahresabschluss festgestellt wurde, gibt es nach Auffassung des Gerichts nicht.

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Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Der Entlastungsbeschluss der Gesellschafterversammlung schützt Geschäftsführer für bestimmte Zeiträume vor Haftungsansprüchen der Gesellschaft. Ausnahmen sind aber möglich.
  • Die Feststellung des Jahresabschlusses ist nicht automatisch auch eine Entlastung des Geschäftsführers.
  • Nur wenn die Feststellung des Jahresabschlusses auch erkennbar den Geschäftsführer entlasten soll, kann die Feststellung ausnahmsweise als Entlastung gelten.