Stellenanzeigen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verändert die Personalarbeit in Unternehmen seit 2006 massiv. Seitdem müssen Personalverantwortliche u. a. bei der Gestaltung von Stellenanzeigen vorsichtig sein: Auch Stellenanzeigen müssen frei von jeglicher Diskriminierung sein. Diskriminierungen u. a. wegen Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung oder sexueller Identität sind unzulässig, es sei denn, das Gesetz lässt Ausnahmen zu, z. B. nach §§ 5, 8–10 AGG.
In der Praxis gilt es, vor allem Vorsicht walten zu lassen, wenn es um das Alter geht. Denn gerade hier können ungenaue Formulierungen passieren – auch ohne Absicht. Und das kann teuer werden: Etliche Betroffene können in solchen Fällen z. B. gemäß § 15 Abs. 2 AGG Ansprüche auf Schadensersatz für Bewerbungskosten etc. oder eine Entschädigung in Höhe von bis zu drei Monatsgehältern fordern, in bestimmten Fällen sogar einen darüber hinausgehenden Betrag.
„Digital Native“: Diskriminierung wegen des Alters?
Um eine mögliche Diskriminierung wegen Alters ging es auch in einem Fall vor dem Arbeitsgericht Heilbronn (Urteil v. 18.01.2024, Az.: 8 Ca 191/23).
Ein Unternehmen suchte mit folgendem Text nach einer Neubesetzung für eine Social-Media-Stelle:
„Als Digital Native fühlst du Dich in der Welt der Social Media … zu Hause.“
Altersdiskriminierung! Das vermutete zumindest ein Bewerber 50+ und klagte gegen das Unternehmen, nachdem seine Bewerbung auf diese Stelle gescheitert war.
Der Mann bekam Recht. Das Arbeitsgericht Heilbronn urteilte, dass die Formulierung „Digital Natives“ in der Stellenanzeige einen 51-jährigen Bewerber wegen Alters diskriminiert – eine Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäß § 7 AGG.
Entscheidend war nach Ansicht des Gerichts die generationenbezogene Konnotation des Begriffs „Digital Natives“. Mit der Formulierung habe das Unternehmen klargemacht, dass es ihm nicht nur auf bestimmte Fachkompetenz im Umfeld der Social Media ankomme. Denn Digital Natives sind im allgemeinen Sprachgebrauch Personen, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind und damit ein gewisses Alter nicht überschreiten. Allgemein geht man davon aus, dass Digital Natives nach 1980 geboren sind.
Der Kläger – im Jahr 2023 immerhin 51 Jahre alt – ist damit jedenfalls kein Digital Native. Gleichzeitig konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass das Alter des Mannes nicht ausschlaggebend für die Absage an ihn war.
Kein überraschendes Urteil
Gerade weil „Digital Natives“ Personen sind, die relativ eindeutig bestimmten Geburtsjahrgängen zuzuordnen sind, überrascht das Urteil nicht. Dass das Gericht eine Entschädigung zusprach, überraschte damit ebenfalls nicht, auch wenn die Entschädigung mit 1,5 Monatsgehältern deutlich unter den drei geforderten Monatsgehältern blieb.
Was wir für Sie tun können
Sie benötigen Unterstützung zum Thema AGG – in Stellenanzeigen oder aber wenn es darum geht, wie man diskriminierungsfrei Bewerbungsgespräche durchführt etc.? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Das AGG verbietet Diskriminierungen aufgrund von Alter, Geschlecht, Behinderung etc., wenn keine gesetzliche Grundlage die Ungleichbehandlung gestattet – auch in Stellenanzeigen.
- Kommt es in einer Stellenanzeige zu einer (Alters-)Diskriminierung, können Betroffene u. a. Entschädigungen in nicht unerheblicher Höhe verlangen.
- Für eine Stelle ausdrücklich einen „Digital Native“ zu suchen, ist eine Altersdiskriminierung – Entschädigungsansprüche älterer Personen, die sich erfolglos auf eine solche Stelle bewerben, sind die logische Konsequenz.